34 Erster Abschnitt. Die Erklärungen der Wirtschaftskrisen. schaft, in welcher sich unvermeidlich ein Kreislauf von Prosperität und Depression vollziehen müsse. Erst die Verwandlung der Pro dukte in Waren bewirkt die Abhängigkeit des Produzenten vom Markte, die Trennung der Produktion von der Konsumtion und schafft damit jenen anarchischen Zustand, der ein so wesentliches Merk mal der kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist. In ihr ist die Pro duktion nicht mehr wie auf früheren Stufen des Wirtschaftslebens abhängig von der Konsumtion, von der Größe des Bedarfes, sondern von den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals. Die Produktion dient nicht mehr der Bedarfsdeckung, sondern steht im Dienste dieses Verwertungsbedürfnisses. In sehr lesenswerten Darlegungen sucht Hilferding diese Zusammenhänge im einzelnen nachzuweisen. Auch die scharfsinnige Konjunkturtheorie des schwedischen Nationalökonomen Gustav Cassel sei hier noch kurz berührt. Cassels Darlegungen zeichnen sich besonders dadurch aus, daß er eingehend die Merkmale und Symptome des Konjunkturwandels untersucht und seine Wirkungen auf die verschiedensten Seiten des wirtschaftlichen und sozialen Lebens festsetzt. Es sind dies Zu sammenhänge, welche in den folgenden Abschnitten ebenfalls eine eingehende Behandlung finden werden. Eine der wichtigsten Ursachen des Konjunkturwandels ist für Cassel die Änderung in der Höhe des Kapitalzinses. Die Krise ent steht für ihn aus einem akuten Mangel an Kapital, und von dieser Auffassung ausgehend, wendet er sich folgerichtig gegen die von den Sozialisten vertretene Auffassung, daß mit einer Beseitigung des kapitalistischen Unternehmertums diese Konjunkturschwankungen fortfallen müssen. , Denn, da nach der Meinung Cassels diese Schwankungen, und Störungen damit Zusammenhängen, daß das vor handene Kapital nicht ausreicht, die materiellen Fortschritte zur Durchführung zu bringen, so liegt kein Grund vor, anzunehmen, warum dieser Widerstreit nicht auch in einer Wirtschaftsordnung eintreten kann, in welcher die Produktionsmittel im Besitze der Ge samtheit sind. Denn auch in einer solchen Wirtschaftsordnung ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß die Seite des reproduktiven Konsums einen zu starken Ausbau erfährt, und wo dies der Fall ist, muß sich immer von einem bestimmten Punkte ab als Folge eines eintretenden Kapitalmangels eine Umbiegung der Konjunktur nach unten ergeben. Es besteht für Cassel eine enge Wechselwirkung zwischen Zins fuß und Konjunkturbewegung. Ein hoher Zinsfuß muß den Wert des festen Kapitals vermindern und Verluste bringen. Damit wird die Möglichkeit, weiterhin festes Kapital zu produzieren, erheblich