72 Anfangsgründe der Volkswirtschaftslehre. heißt Lohn, und wer ihn erhält, heißt Lohnarbeiter. Der Zahlende, der Eigentümer, heißt in dieser neuen Rolle „Arbeit geber". Der Arbeitslohn. Nun birgt diese Verwendung des Kapitals, die Arbeitsmiete heißt, furchtbare Folgen in sich, viel mehr als irgendeine andere der schon dargelegten Ver wendungsweisen. Sie erscheint durchaus, ganz wie die vorher genannten, für beide Parteien sehr vorteilhaft. Zunächst für den Eigentümer; denn sie erlaubt ihm, ein Gut auszunutzen, das er sonst in die Hand eines andern durch Veräußerung oder leihweise hätte übergeben müssen, indem er gewissermaßen seinen Abschied genommen hätte. Es ist für den vorteilhaft, dessen Dienste er fordert, für den Lohnarbeiter, denn dieser findet in dem Tage- oder Wochenlohn ein festes Einkommen, ohne daß er die Initiative des Schaffens zu ergreifen braucht, ohne daß er die Mühe des Leitens oder die mit jedem Unter nehmen verbundenen Sorgen auf sich zu nehmen hat. Wie kommt es nun aber, daß eine scheinbar so unschuldige, sogar ursprünglich so brüderliche Verwendungsart den Sozi alismus erzeugt hat, den Klassenkampf, die soziale Revolution und so die Pandorabüchse allen sozialen Geißeln geöffnet hat? Zum dritten Mal sehen wir eine wirtschaftliche Institution, die in ihren Ursprüngen wie eine wohltätige aussieht, zu einem Gährungsstoff der Zwietracht in der Gesellschaft werden. Man sollte wahrhaftig meinen, es sei irgend ein Teufelsgeist, der darauf aus ist, wie im Paradies diese Fragen in Giftfrüchte zu verwandeln gleich denen, die auf dem Baume der Erkennt nis wuchsen. Die Erklärung dafür ist, daß der Arbeitsvertrag zwischen einem Kapitalisten und einem Arbeiter niemals in der idyl lischen Gestalt wechselseitiger Hilfe verwirklicht worden ist. Wie ist es in der Tat gewesen? Vor Bildung des Privat eigentums, solange die Menschen unter dem System der Haus wirtschaft gelebt haben, von der ich schon gesprochen habe, z. B. in der patriarchalischen Familie, vor dieser Zeit existierte das Lohnwesen noch nicht; es war nicht nötig, denn das Familienhaupt ließ sein Land und seine Herden durch die Arbeit der Seinen Nutz und Frucht bringen. Zunächst durch die seiner Frau, die zwar nicht seine erste Lohnarbeiterin, doch aber seine erste Arbeiterin gewesen ist, dann durch seine Kinder. Aber mit dem Tage, an dem diese Familienwirtschaft verschwand und durch die Arbeitsteilung und das Privat