76 Anfangsgründe der Volkswirtschaftslehre. drohenden Streiks mächtig auf das Lohnniveau eingewirkt haben — wie man sich auch dazu stellen mag — sondern auch, und das darf man erfreulicherweise feststellen, weil man in den großen Industrieländern gelernt hat, daß man mit schlecht bezahlten Arbeitern keinen großen Ertrag erzielen kann, und daß der der Arbeit in Gestalt von Lohn zugestandene Anteil am Rohprodukt sich mehr und mehr erhöhen könne, ohne daß übrigens der vom Besitzer als Gewinn veranschlagte Anteil sich minderte; ganz im Gegenteil hielt er sich sozusagen an der Menge der Erzeugnisse schadlos. Der Gewinn. Wenn es leicht ist, den Lohn zu erklären, so ist es anderseits etwas schwieriger, dasselbe für den Gewinn zu tun. Was ist in der Tat der Gewinn? Der kleinste Krämer wird einem antworten: „der Überschuß vom Verkaufspreis über dem Einkaufspreis". Trotz dieser öffensichtlichen Einfachheit ist aber die genaue Definition des Gewinnes eines der schwierigsten Probleme der Wirtschaftswissenschaft. Um ihn zu rechtfertigen, sagen die Volkswirtschaftler, er sei zugleich die Belohnung für die leitende Arbeit, der Zins für das in vestierte Kapital, die Sicherheitsprämie gegen die Gefahren des Verlusts. Aber wir behaupten, daß keines dieser drei Elemente den Gewinn bildet, da sie in einer guten Rechnungs führung alle drei im Gestehungspreis stecken müssen. Ist das nicht bei allen Aktiengesellschaften der Fall? Rechnet man nicht zu den Unkosten: 1. das Gehalt des Direktors; 2. die Kapitalszinsen (nicht nur die der Schuldverschreibungen, sondern auch die der Aktien); 3. die Rücklage für den Reserve fonds, der Risiken vorbeugen soll? Sicherlich! Und nun die Dividende, die erst nach Deckung all dieser Unkosten verteilt wird — was ist die nun? Sie ist der Gewinn im reinen Zustand, ganz unabhängig von den eben aufgeführten soge nannten Faktoren, und wenn sie zufällig ausbleibt, wird man gewiß mit Recht sagen, daß das Unternehmen keinen Gewinn abgeworfen hat, und man wird das betreffende Jahr mit einem schwarzen Kreuz anzeichnen. Läßt sich aber nun der Gewinn nicht mit einem der drei Posten — Leitung, Zinsen, Risiken — erklären, wie dann sonst? Wie entsteht er? Die einen, die Sozialisten sagen: Der Gewinn ist ganz einfach vom Arbeitsprodukt des Arbeiters vorweggenommen, von dem Lohnempfänger, dem der Inhaber nicht seinen gerechten Lohn gezahlt hat; die anderen, die An hänger der Kooperation, behaupten: der Gewinn wird auf