-- — 62 betrieb oder manche Abteilung eines Riesenbetriebes in die entfernteren Vororte Berlins verlegt. So wandern d^e Borsigschen Werkstätten von Moabit nach Tegel, so Teile der Siemensschen Werke nach Westend, Betriebe der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft nach Oberschöneweide, und andere Werke, wie unter anderem große Abteilungen der Schwarh- kopffschen Maschinenfabrik, ziehen noch weiter ins Land hinaus. Teils lassen die steigenden Bodenpreise es als vorteilhaft erscheinen, das alte Fabrikterrain zu parzellieren und die Fabrik nach außen zu verlegen, teils nötigt die Unmöglichkeit, angrenzende Grundstücke für die nötig gewordene Betriebs erweiterung zu erwerben, zur Verlegung von Betrieben, teils schreiben sonstige technische oder Verkehrsbedingungen die Wanderung vor. Trotzdem aber haben bis in die neueste Zeit auch in Berlin mit Vororten die Groß betriebe an Zahl und Amfang zugenommen. In Berlin vermehrten sich die stehenden und beweglichen Dampfmaschinen zusammen bis 1905 auf 1576 mit 123 028 Pferdekräften. In den Vororten vollzog sich in der gleichen Zeit eine Vermehrung auf 911 bewegliche und unbewegliche Dampfmaschinen mit zusammen 72 415 Pserdekräften. Zahlen, die denen der größten Industrie orte Deutschlands gleichkommen. Alles in allem gibt indes die Statistik der Fabriken und fabrikmäßigen Betriebe nicht nur ein sehr farbloses und trockenes, sondern auch ein sehr un vollständiges Bild von der gewerblichen Entwickelung Berlins und seiner Bevölkerung. Außer seinen großen und weltbekannten Fabriken in den ver schiedenen Zweigen der Metallverarbeitung, insbesondere des Maschinenbaues und der Instrumentenfabrikation, den großartigen Etablissements der Lolz-, Leder- und Textilstoffverarbeitung, der Masse bedeutender chemischer, optischer, graphischer usw. Fabriken, beherbergt Berlin unzählige kleine und mittlere Werkstätten, die der Fabrikinspektion nicht unterstehen, sowie ganze Armeen von Leimarbeitern, darunter namentlich solche der hier zu ganz besonderer Bedeutung gelangten Kleider- und Wäschekonfektion. Die Zahl der Arbeiter und Angestellten all dieser Gewerbe ist erheblich größer als die der Fabriken und fabrikmäßigen Betriebe. Wie sich die Arbeiterzahl Berlins in ihrer Gesamtheit in der Zeitperiode vermehrt hat, die dieses Buch behandelt, läßt sich unter anderem an der Entwickelung der Krankenkassen Berlins ver folgen, die auf Grund des Krankenversicherungsgesetzes eingerichtet oder ihm angepaßt sind. Freilich sind diese Kassen in bezug auf die in ihnen Versicherten nicht örtlich so abgegrenzt, daß eine gesonderte Betrachtung Berlins und anderer Orte möglich wäre, aus denen sich Groß-Berlin zusammensetzt. Denn da in der Regel der Ott der Beschäftigung und nicht der Wohnort für die Bestimmung der Versicherungsstelle maßgebend ist, haben wir in Berlin versicherte Arbeiter in Vororten, und je nachdem in Berlin wohnhafte Arbeiter in Kassen der Vororte zu suchen. Für unsre Betrachtung ist das aber kaum ein Nachteil. Bungen doch unter diesen Amständen die Zahlen der Krankenkassen Berlins nur um so stärker das Fluten des gewerblichen Lebens zur Anschauung. Die Krankenversicherung umfaßt, neben den eigentlichen Lohnarbeitern und den schlechter bezahlten Schichten der Angestellten in Gewerbe und Landel, auch einen großen Teil der sogenannten Lausgewerbetreibenden, und wie sehr die Zahlen der Versicherten sich denZahlen der von der Berufszählung ermittelten Personen annähem, zeigt ein Blick auf die beiderseitigen Ergebnisse der Statistik von Ende 1890.