■ I m 388 Forderungen der Berliner Krankenkassen an die Charite. A. Betreffs der Baulichkeiten: 1. Außerdienststellling der hygienisch unbrauchbaren Krankenräumr. 2. Beschaffung genügender Räumlichkeiten durch Reuerrichtung von Pavil- lons und Baracken. 3. Einrichtung von Nebenräumlichkeitrn in allen Kranken-Abtheilungen für Wasch, und Bade- Einrichtung. KlosetS. intermistische Leichen- Aufbewahrung re. 4. Verbesserung der Ventilation?- und Heiz. Vorrichtungen ,n einer der Neuzeit entsprechenden Weise. 6. Freundliche Ausstattung der Krankensäle und Schaffung von Räumlich' keilen für die nichtbeitlägerigen Kranken. 3. Betreffs der Kranken-Behandlung: 1. Unterstellung der Verwaltung und des gesaininten Wärterpersonals unter die Oberleitung der Aerzte. 2. Rekrutiruiig des ärztlichen Assistenten- und Unter-Assistenten-Personals durch wissenschaftlichen Wettbewerb. Zn diesem Wettbewerb sind auch Militärärzte zuzulassen. 3. Anstellung eines ausreichenden und durchgebildeten Wärter-Personals. 4. Freundliche und liebevolle Behandlung der Patienten von der Aufnahme bis zur Entlasfuntz; Fortfall der militärischen Disziplin und des Kasernentones. з. Beschaffung besserer, das heißt genügender, schmackhafter und abwechse lungsreicher Kost. v. Schnelle Ausführung der ärztlichen Verordnungen in bezug auf Arzneien. Extradiät rc. 1. Völlige Freiheit der Kranken in bezug auf Verwendung-» Untezrichts- und Demonstrationszivecke». 6. Völlige Freihcrt der Kranken in der Wahl ihrer Lektüre, Fortfall dex religiösen und politischen Beeinflussung. и. Rechtzeitige Benachrichtigung vom Ableben eines Kranken an An- verwandte und Kassenvorstände. IO- Unbeschränkter Zutritt zu -den Krankenhaus-Räumen für Kassen-Vor- stände und die Arbeiter-Kontrollkommission. 0 Sprzial-Forderungen für die Neue Charite: 1. Wegfall aller gefängnisiartigen Einrichtungen und Maßregeln. Wegfall aller Disziplinarstrafen, Gleichstellung der Geschlechtskranken mit allen anderen Kranken in bezug auf Einpfang von Besnch"n, Ansgehrzeit, Korrespondenz rc. 2. Schonung des Schamgefühls der Patienten und Behandlung derselben lediglich als-Kranker und nicht als Zuhälter. 3. Absonderung der polizeilich eingelieferten Verbrecher, -Zuhälter und Prostituirten von den übrigen Kranken. * 4. Ausführung der Operationen unter allen Kautelen ,nvder»er Operation?- technik und damit Benutzung der der Wissenschaft zu Gebote stehenden schmerzstillenden Mittel. Me Kommission der Krankm-Kasse» für den Noykott der Lharit«. 185. Forderungen der Berliner Krankenkassen an die Charite körpern und Amtsstuben für eine wirksame Volkshygiene kämpften. Das aber hat sie eine ganze Reihe von Jahren mit Eifer und, wie wir gesehen haben, nicht erfolg los getan. Es lag in der Natur der Sache, daß eine solche freiwillige, im Hin blick auf ganz bestimmte Vorkommnisse ins Leben getretene Körperschaft den Anlaß ihrer Geburt nicht ewig überleben konnte. Kind der freien Ini tiative und auf freiwillige Beiträge angewiesen, hat die Arbeiter-Sanitätskom mission mit sehr bescheide nen Geldmitteln gewirt- schaftet. Nur im ersten Jahre flössen die Einnahmen reichlich. Sie bestanden zum größten Teil aus einmaligen Geschenken von einzelnen und Arbeitervereinen, Ge werkschaften, Krankenkassen und geselligen Vereinen. Der größte Teil derArbeiten aber ward unentgeltlich ge leistet. So konnte die Kom mission am Schlüsse des ersten Jahres, trotzdem sie in diesem die Wohnungs erhebung in der Sorauerstraße vorgenommen und die Denkschrift dar über herausgegeben hatte, von einer Gesamteinnahme von 1006 Mk. noch 350 Mk. vortragen. In der Liste der Kontrolleure und freiwilligen Hilfsarbeiter finden wir neben gewerblichen Arbeitern auch eine nennens- werte Anzahl von Kaufleuten und Angehörigen der akademischen Berufe, unter den Ärzten, die für sie tätig waren, fehlt kaum einer der damals oder später in der politischen Bewegung hervorgetretenen Mediziner. So gehörten auch die zu früh verstorbenen Genossen Dr. Kurt Freuden berg und Dr. Schönweiler ihrem Aerztekollegium an. In dem Maße als die Choleragefahr abnahm, erlahmte das Interesse an der Kommission. Bis zum Jahre 1896 erscheinen ihre Berichte im „Vorwärts" ziemlich regelmäßig, dann werden sie seltener, und schließlich tauchen sie nur von Zeit zu Zeit noch auf. Eine formelle Auflösung der Kommission ist nicht erfolgt, ihr letzter Bericht erschien im „Vorwärts" vom 15. März 1903.