438 angesetzten Zeit dicht besetzt, und zwei Stunden währte es, bis alle die Kranzträger die von Einzelnen und Körperschaften gestifteten, meist mit tiefroten Schleifen versehenen Blumenspenden auf dem Grabe niedergelegt hatten. Draußen aber wogte die ganze Zeit über eine viele Zehntausende zählende Menge, die durch ihr ernstes Verhalten den tiefen Eindruck der Kundgebung noch steigerte. In gleicher Weise wären noch viele bemerkenswerte Leichenbegängnisse aufzuzählen. Die Bestattung des Veteranen Theodor Metzner und die des jugendlich hoffnungsvollen Dichters und Kämpfers Emil Rosenow, die des in gefährdeter Situation stets tatbereiten August Iacobey und die des vielverfolgten knorrigen Gustav Keßler, sowie noch vieler Tapferer, die sich in der einen oder anderen Weise ausgezeichnet hatten. Es scheint indes angemessen, von den wenigen Vorgenannten abgesehen, in bezug auf die Toten keine Ausnahme zu machen, sondern auch diesem Leere gegenüber die demokratische Gleichheit obwalten zu lassen, denn sie verbürgt die größere Gerechtigkeit. Llnsere Bewegung ist groß durch die Arbeit der Ungenannten. Ja, es ist eine große Bewegung. Das zeigt die Bilanz der Ergebnisse ihrer Arbeit. Wohin wir blicken, zeigt sie gegen den Anfang gewaltigen Aufstieg. Kaum zehn Prozent der beschäftigten männlichen Arbeiter Berlins sind am Anfang unserer Epoche gewerkschaftlich organisiert, am Ende ist der Prozentsatz der Organisierten, trotz der Schwierigkeiten, die gerade die Weltstadt der Organisationsarbeit entgegensetzt, auf gegen 30 Prozent gestiegen, hat sich das Leer in absoluter Zahl mehr als verfünffacht. In fast gleicher Weise ist die Armee der politisch organisierten Arbeiter Berlins gestiegen. Sie belief sich zu Anfang auf kaum zehntausend und zählte am Abschluß 41 700 Mitglieder bei bedeutend durchgearbeiteter Gliederung und Zusammenfassung der Kräfte. Nicht minder groß ist die Zunahme der Beteiligung der weiblichen Arbeiterschaft an der Bewegung. Für die politische Bewegung läßt sich das nicht ziffernmäßig feststellen, weil in den Wahlvereinen die Frauen noch nicht Mitglieder sein durften, in der Gewerkschaftsbewegung aber ist die Zahl der organisierten Arbeiterinnen von kaum 1 500 auf über 15 000 gestiegen, hat sie sich mehr als verzehnfacht. Lind wir haben gesehen, wie sich in entsprechender Weise in den öffentlichen Körperschaften die Vertretung der Arbeiterklasse gehoben hat. Wie von den acht Reichstagsmandaten Groß-Berlins zu Anfang nur zwei, am Abschluß aber sieben Besitz der Sozialdemokratie waren, wie in Berlins Kommunalverkretung die Sozialdemokratie im Jahre 1891 erst ein Viertel, Ende 1905 aber zwei Drittel der Mandate der dritten Wählerabteilung erobert hatte und in den meisten Vororten ein gleiches, in einigen aber ein noch günstigeres Verhältnis obwaltet. In den Gewerbegerichten Groß- Berlins sind die Arbeitcrbeisitzer durchgängig Angehörige der sozialistischen Arbeiterbewegung, im Berliner Kaufmannsgericht hat der auf dem Boden der Arbeiterbewegung kämpfende Verband der Landlungsgehilfen eine starke Vertretung. Wie das alles auf die ökonomisch-soziale Lage der Arbeiter zurückgewirkt hat, soll zahlenmäßig nicht vorgeführt werden, weil das ökonomische Leben durch Momente mit beeinflußt wird, die sich die Arbeiter bewegung nur zum Teil auf Rechnung sehen kann. Soviel aber ist sicher: wenn der durchschnittliche Satz der Arbeitslöhne in allen Industrien und Gewerben Berlins um bis zu 25 Prozent und darüber gestiegen ist, wenn