30 Die russischen Genossenschaften eilen auch den not- leidenden deutschen Kleinbauern zu Hilfe! Auf der am 23. und 24, November 1924 in Weimar tagenden Reichskonferenz der deutschen Kleinbauern verbände war ein Telegramm von den russischen landwirt schaftlichen Genossenschaften aus Moskau eingegangen, worin eine großzügige Hilfsaktion für die von der Mißernte betroffenen Kleinbauern Deutschlands angekündigt war. Wir können die kolos sale Wirkung auf die Bauerndelegierten nicht besser schildern, als indem wir ihre Dankkundgebung hier im Wortlaut folgen lassen: Berufskollegen! Bundesfreunde! Die schwere Not, die uns betroffen hat, ist durch Vermittlung des Inter nationalen Bauern-Rats auch der russischen Bauernschaft zu Ohren gekommen. In zahllosen Versammlungen haben unsere russischen Berufs kollegen zu der Mißernte in Deutschland und der Notlage des deutschen Kleinbauern Stellung genommen. Trotzdem auch in Rußland eine teilweise Mißernte besteht, haben sie beschlossen, der arbeitenden deutschen Bauern schaft einen handfesten Beweis ihrer brüderlichen Solidarität und Teilnahme zu geben. Die große Organisation der russischen Bauernschaft, der Verband der land wirtschaftlichen Genossenschaften Rußlands, „Selskosojus“, wurde beauftragt, Produkte der russischen Landwirtschaft, insbesondere die dem deutschen Kleinbauern so notwendigen Futtermittel, zu ermäßigten Preisen und gegen langfristigen Kredit der Arbeitsgemeinschaft der schaffenden Landwirte, Pächter und Siedler zur Verfügung zu stellen. Wie uns jetzt der „Selskosojus“ mitteilt, hat dieser als erste Hilfe in der Not 160 000 Kilogramm Futtermittel und Getreide bereitgestellt. Die Arbeits gemeinschaft wird imstande sein, diese Futtermittel rund 15 Prozent unter den Marktpreisen an die kleinbäuerlichen Genossenschaften abzugeben. Ein Teil dieser Futtermittel ist bereits in Deutschland eingetroffen. Die russische Arbeiter- und Bauern-Regierung hat ihrerseits beschlossen, diesen Sendungen besondere Fracht- und Zollermäßigung zu gewähren. Berufskollegen! Bundesfreunde! In unserer furchtbaren Not haben wir uns wiederholt an die Parteien der Landtage und des Reichtages sowie an die Regierungen der Länder und die Reichsregierung gewandt. Keine der bürger lichen Parteien, auch nicht die Sozialdemokratie, hat sich unsere Forderungen zu eigen gemacht. Man hat uns mit leeren Versprechungen abgespeist, man hat die Kredite nicht uns, sondern den Großbauern und Großgrundbesitzern gegeben, man hat uns weiter mit Steuern ausgesogen und durch Pfändungen ruiniert. Unsere Tagungen und Versammlungen sind sogar verboten und gesprengt worden, ein Teil der Wortführer ist heute noch verfolgt. Mit leeren Händen, mit quälenden Sorgen, bedroht von dem Ruin, steht der deutsche kleine Bauer vor dem Winter. Der Landbund, die christ lichen Bauernvereine, die Bauernbünde kümmern sich alle nur um das Schicksal der zahlungsfähigen Großbauern. Niemand von ihnen kümmert sich um uns, niemand gibt uns Hilfe. In dieser Not sind es die fernen russischen Bauern von den Ufern der Wolga, von der Grenze Sibiriens, die uns zu Hilfe eilen, die uns einen Beweis ihrer brüderlichen Sympathie geben. Die russischen Bauern sind selber in einer schweren Lage infolge des Krieges, jahrelanger Bürgerkämpfe und wiederholter katastrophaler Mißernten. Aber die russischen Bauern befinden sich dennoch im Auf