Kapitel i. Die Entwicklung des Gedankens einer Fabrikinspektion in Preußen. Die Fabrikgesetzgebung aller Länder beginnt mit dem Schutz der jugendlichen Arbeiter. Wie man weiß, vollzog sich gegen Ende des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts ein bedeutsamer Umschwung in der Güterproduktion. Hervorgerufen wurde er durch mehrere große technische Erfindungen, vor allem diejenige der Spinnmaschine und des mechanischen Webstuhles und durch die Ausgestaltung und allgemeinere Einführung der Dampfmaschine. Diese Faktoren waren die Ursache, daß die Gütererzeugung, welche bis dahin ein handwerksmäßiges Gepräge getragen hatte, allmählich einen fabrikmäßigen Charakter annahm, denn der mecha nische Antrieb der Arbeitsmaschinen bedingte die Aufstellung einer größeren Anzahl derselben in besonderen Gebäuden, wozu meist ein beträchtliches Kapital notwendig war. Zur Aufrecht erhaltung des Betriebes bedurfte jede Fabrik einer Menge von Arbeitern, die ihrerseits besitzlos sein konnten und es tatsächlich waren, und deren einziges Kapital in ihrer Arbeitskraft bestand. Diese stellten sie dem Fabrikherrn, dem Unternehmer, gegen Ent gelt zur Verfügung. Die Natur des Fabrikbetriebes forderte es geradezu heraus, daß neben den Erwachsenen auch Personen jugendlichen Alters in diesen Fabriken beschäftigt wurden, denn durch die mit der Einführung von Maschinen notwendig ver bundene Arbeitszerlegung entstanden eine Menge von Teilverrich tungen im Arbeitsprozeß, zu deren Ausführung es nur geringer körperlicher Kraft bedurfte, so daß hierfür Kinder bereits in sehr jugendlichem Alter verwendbar waren. Den Fabrikanten war die Arbeit der Kinder willkommen, weil sie viel billiger war als die der Erwachsenen, den Eltern der Kinder dagegen, weil sie den Arbeitslohn ihrer Kinder zur Vergrößerung ihres eigenen ohnehin geringen Arbeitsverdienstes verwenden konnten. Die Ausbeutung der Kinderarbeit war in den Anfängen des Kapitalismus um so lukrativer, als sie durch keine gesetzliche Schranke eingeengt war, Abhandlungen d. staatsw. Seminars z. Jena, Bd. X, Heft 1. 1 Poerschke, Die Entwickl. der Gewerbeaufsicht in Deutschi.