16 I. Teil. England. Die gerichtliche Verfügung kann aber auch anordnen, daß das Vermögen liquidiert wird.. Das geschieht dann, wenn das Gericht ein Urteil erläßt, das dahin lautet, daß aus dem betreffenden Vermögen die von ihm bezeichneten Schulden dieses Feindes bezahlt werden müssen. Ende Juli 1916 sind auf Veranlassung der englischen Aufsichtsbehörden auch die Wertpapiere, die bei den drei Filialen deutscher Banken in London im Depot lagen, an den Public Trustee übergeführt worden. Den deutschen Bankfilialen ist damit die Verfügung über diese Depots und jede Möglichkeit einer Einwirkung auf deren ferneres Schicksal entzogen worden. Der Zweck war offenbar zunächst, die Zwangsliquidation dieser deutschen Bankfilialen zu beschleunigen und diejenigen Wertpapiere aus diesen Depots, auf die von den Banken Vorschüsse gegeben waren, zwangsweise zu verkaufen, um auf diese Weise die Konten zu liquidieren, wider den Willen der Banken sowohl wie ihrer Kunden. Dabei werden die letzteren je nach der Kursentwicklung schwere Schädigung zu gewärtigen haben, ohne sich dagegen schützen zu. können. Sämtliche Depcts, auch die nicht mit Vorschüssen belasteten, sind den Banken weggenommen worden. — Bankguthaben von Neutralen. Die englische Regierung hat angeordnet, daß auch jeder private neutrale Besitzer englischer Bankdepots, z. B. Holländer und Schweizer, über seine Depots nur ver- fügen darf, wenn er der englischen Regierung einwandfreie Beweise dafür liefert, daß er die freigewordenen Gelder und Wertpapiere nicht zu Geschäften mit den Feinden Englands verwendet. Er muß einen Revers unterzeichnen, in dem er sich verpflichtet, daß er die beanspruchten Gelder oder Wertpapiere nicht zu irgendwelchen Geschäften mit den Feinden Englands benutzen wird. Dem Neutralen, der diesen Revers nicht unterzeichnet, wird die Aushändigung seines Eigentums verweigert. Die „Frankfurter Zeitung“ bemerkt dazu: „Man kann gespannt sein, wie die neutralen Staaten sich zu dieser Vergewaltigung ihrer Bürger stellen. Daß die Banken und Kapitalisten, die vor dem Kriege England als die vornehmste inter- nationale Bankhinterlegungsstelle anzusehen gewohnt waren, sie nach dem Kriege nicht vergessen werden, dessen kann man sicher sein.“ Ein Bericht des öffentlichen Treuhänders über seine Tätigkeit und den Umfang der beschlagnahmten „feindlichen‘‘ Vermögen ist unten im 8. Kapitel wiedergegeben. VI. Vermögensliquidation. Die Liquidation kann sich entweder auf einzelne Vermögensteile beschränken oder ein ganzes Geschäft, eine Einzelfirma oder Gesellschaft mit ihrem ganzen Vermögen treffen. Schon die Gesetze aus dem Jahre 1914, welche die Bestellung eines Custodian zulassen, geben dem Gerichte die Befugnis, diesen Verwahrer „feindlichen Vermögens“ zur Liquidierung dieses Vermögens des nicht in England wohnenden oder dort Handel treibenden „Feindes“ ganz oder teilweise zu ermächtigen, soweit dies erforderlich ist, um englische Gläubiger zu befriedigen. Erst die Trading with the Enemy Amendment Act 1916 (27. Januar) ermöglicht die Liqui- dation ganzer Geschäfte, Einzelfirmen und Gesellschaften, die in Be-