54 Private Rüstungsindustrie. sondern nur ein genau begrenzter Kreis von Firmen wird zur Abgabe von Offerten eingeladen. (z. B. für die Tuchlieferung etwas über 60, für die Ausrüstungsstücke ebensoviel). Da diese Firmen sich gegenseitig kennen, entsteht ganz von selbst eine stille oder offene Verabredung, namentlich wenn das sog. Mittelpreisverfahren beibehalten wird, das ganz auto- matisch von Jahr zu Jahr die Preise erhöht. Die Verwaltungen der Landesverteidigung halten an der beschränkten Verdingung fest, weil sie erklären, dass sie nur hierdurch sich die Garantie bester Ware sichern könnten und weil diese Lieferanten sich zu besonderen Vorbereitungen für die Mobilmachung verpflichten. Man kann diese Gründe gelten lassen, muss aber dabei fordern, dass nur solche Firmen Aufforderungen erhalten, die angemessen leistungsfähig sind. Wenn man Bauunternehmer mit 20 000 Mark Vermögen zu Offerten von Festungsbauten in Höhe von 10 Millionen Mark auffordert, so führt dies zu jenen bedauerlichen Ver- suchen und Abkommen, wie sie im Frühjahr 1914 in Berlin bezüglich der Festung Graudenz getroffen worden sind, wo solche nichtleistungs- fähige Unternehmer einfach hohe Abstandssummen von den ernsthaften Firmen forderten und so die Preise ungemein steigerten. Da hilft nur Vergebung an angesehene nicht beteiligte Firmen oder Ausführung in eigener Regie, um solche Manipulationen zu vereiteln; ersterer Weg ist hier gewählt worden. Kine nicht zu unterschätzende Förderung aller Bestrebungen auf Syndikate und Preisverbindungen liegt aber in dem nicht oder nur schwer zu beseitigenden Umstande, dass absolut gleiche Ware gefordert werden muss; man kann nicht zweierlei Patronen haben, man darf nicht Ge- schosse verschiedener Art für dasselbe Geschütz aufkaufen usw. Nun aber tritt hinzu noch folgendes: für manche Gegenstände hat das Reich als Besteller gar nicht die Personen und die Einrichtungen, um die Vor- arbeiten selbst zu treffen; es muss sich mit einer Firma in Verbindung setzen, um Modelle und Muster zu erhalten. Mit mehreren Firmen will man in diesem Stadium nicht arbeiten; die eine Firma trägt nun alle Versuchskosten und beansprucht deshalb auch den Hauptanteil an der späteren Gesamtbestellung. Dieses System ist am weitesten ausgebildet in der Beschaffung der grosskalibrigen Marinegeschütze nebst Zubehör. Das Reichsmarineamt hat hiefür kein Konstruktionsbureau; es hat keine reichseigene Kanonenfabrik; es tritt mit allen seinen Wünschen und For- derungen an die Firma Krupp heran, die nun die Entwürfe ausarbeitet, sie als sein geistiges Eigentum behält und schon hiedurch jede Kon- kurrenz ausschliesst (von technischen und finanziellen Schwierigkeiten gar nicht zu reden). So ähnlich war es bei der Einführung der Feld- küchen, wo später aber lebhafte Konkurrenz hervortrat; so ist es zu er-