der bestehenden Verhältnisse. Die bebaute Fläche und. die exportierten Mengen der Ackerbauprodukte nehmen zwar in jedem Jahre zu, doch stehen die Ernte-Ergebnisse und vor allem der erzielbare Gewinn hierzu nicht mehr im Verhältnis. Das Pachtverhältnis, dessen vertragsmäßige Dauer mit der Zeit immer kürzer geworden ist und das heute vielfach nur noch von Jahr zu Jahr abgeschlossen wird, bringt es mit sich, daß der Betrieb reiner Raub- bau ist. In der kurzen Zeit, die der Pächter auf seinem Stück Land sitzt, wird weder: für die Verbesserung des Bodens durch sachgemäßen Frucht- wechsel etwas getan, noch werden irgendwelche. Anlagen für die landwirt- schaftliche Nebenproduktion, wie Obstbau,. Hühner- und Schweinezucht ge- schaffen, die sonst die kleinen Wirtschaften einträglich zu machen pflegen. Sehr oft wird das Land auch nur zu dem Zweck auf einige Jahre ver- pachtet, um es für den Anbau von Alfalfa. brauchbar zu.machen. Die Betriebsmittel sind in vielen Fällen unzulänglich, so entsteht z. B. in jedem Jahre ein großer Verlust dadurch, daß die Ernte nicht rasch genug geborgen werden kann. Es fehlen die notwendigen Speicher auf den Eisenbahn- stationen und vor allen Dingen auf den Pachtungen selbst, — und doch ist der Pächter verpflichtet, das Getreide „gesund, trocken und rein“ abzuliefern, andernfalls werden ihm erhebliche Abzüge gemacht. Ein weiterer Mangel ist der schlechte Zustand der Straßen, die zur Eisenbahnstation führen, was natürlich den Transport erheblich verteuert. Als mittlerer Preis wird für den Transport eines Sackes Getreide von 65 kg für die erste legua 12 Cts., für die zweite 10 Cts. und für die dritte 8 Cts. ge- fordert, was also für einen Transport von 15 km eine Belastung: von 30 Cts. für jeden Sack bedeutet. Auch das Fehlen des landwirtschaftlichen Kredits unter annehmbaren Bedingungen trägt viel zur üblen Lage der Pächter bei, die nach Bezahlung der von ihnen geforderten Wucherzinsen am Schluß der Ernte einsehen müssen, daß sie bestenfalls mit ihrer harten Arbeit nur eben das bloße Leben gefristet haben. Sehr viel Schuld an den ganzen Verhältnissen trägt der Pächter selbst, der zumeist seiner ganzen Vorbildung nach nicht. imstande ist, den Betrieb richtig zu übersehen, den er mit der Pachtung übernimmt. Er macht Fehler bei der Einschätzung der Bodenfläche, die er mit Erfolg zu bearbeiten vermag, und da er sie dem Vertrag gemäß bebauen muß, ist er gezwungen, teure Arbeitskräfte anzunehmen, die den möglichen Gewinn — und vielleicht mehr — aufzehren. Ohne besondere kaufmännische und Fachkenntnisse zu haben, muß er dafür sorgen, daß zur Erntezeit die nötigen Maschinen und Arbeits- kräfte rechtzeitig vorhanden ‚sind, und sieht sich beim Verkauf schließlich dem geriebenen Aufkäufer gegenüber, dem er in vielen Fällen auf Gnade und Ungnade ausgeliefert ist, da er selten eine Ahnung von der Marktlage hat. Im Falle einer Mißernte wird er zum Sklaven seiner Gläubiger. Allerdings gibt es eine große Anzahl Pächter, die sich trotz der ge- schilderten. Verhältnisse in eine gesicherte Stellung heraufgearbeitet haben, doch ist ihre Zahl in den letzten fünf bis zehn Jahren immer kleiner geworden. 203