IL Die Lohngesetze und Lohntheorien. a) Der Begriff Lohn. Alle Schwierigkeiten, die sich allgemein beim Gebrauch des Begriffs „Wirtschaftsgesetz‘” zeigen, finden sich im .besonderen bei der Anwendung des Ausdrucks „Lohngesetz‘, Das Wort kommt in den verschiedensten Bedeutungen vor, Auch auf diesem Sondergebiete gehen wirtschafishistorische, wirtschaftstheoreti- sche, wirtschaftsethische und wirtschaftspolitische Betrachtungen nebeneinander her, leider auch oft durcheinander, Es ist nicht immer leicht, sie in ihrer Eigenart zu erkennen und irreführende Verwechselungen zu vermeiden, Zu dieser sprachlichen Vieldeutigkeit gesellt sich aber noch eine große sachliche Schwierigkeit, der man bisher vielfach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat, Was haben die Schrift- steller im Auge, wenn sie von „Lohn“ sprechen? Meinen sie nur den Lohn des „Handarbeiters‘, oder denken sie auch an „Gehalt“, „Besoldung“, „Honorar“ u, dgl,? Unterscheiden sie, wenn vom Handarbeiter die Rede ist, immer klar genug zwischen der grö- beren, ungelernten und der feineren, gelernten Arbeit mit ihren zahllosen Abstufungen? Versteht man unter Lohn das Ein- kommen des „abhängigen‘ Arbeiters oder auch das des „unab- hängigen‘, des -Selbständigen (des Bauern, des Handwerkers, des „Unternehmers‘‘), also allgemein das „Arbeitseinkommen“? Wo wird die Grenze gezogen, und wo sollte man sie ziehen? Die Meinungen darüber gehen weit auseinander, Tatsächlich findet sich in der wissenschaftlichen Literatur wie in der Praxis des täglichen Lebens der verschiedenartigste Sprachgebrauch. Der eine reserviert „Lohn“ für den Arbeiter im „eigentlichen‘ Sinne; der andere wendet das Wort unbedenklich auch auf den tech- nischen oder kaufmännischen Angestellten oder Beamten, den Meister, den Geschäftsführer, den Ingenieur, den Direktor usw. an; ein Dritter schreckt nicht einmal davor zurück, das auf eigener Mitarbeit des Unternehmers in seinem Betriebe beruhende Einkommen als „Unternehmerlohn‘ (wohl zu unterscheiden von „Unternehmergewinn‘) zu bezeichnen, Wenn man dann nicht, wie es oft geschieht, genau sagt, was man meint, so sind Mißver- ständnisse unvermeidlich, Auf diese Schwierigkeiten stößt man schon in der älteren 32