2, Deutschlands Stellung in der Weltwirtschaft. Von Professor Dr. Ernst Schultze, Direktor des Weltwirtschaftlichen Instituts der Handelshochschule Leipzig, Als H. G. Wells, vielleicht der hellsichtigste Prophet in unserem Zeit- alter, 1921 seinen Aufsatz über die Abrüstungskonferenz in Washing- ton veröffentlichte, meinte er: „Die Alliierten haben Deutschland nun- mehr seit drei Jahren im wahrsten Sinne des Wortes zu Boden gestreckt. In kurzer Zeit werden sie einen entseelten Körper vor sich haben. Die Alliierten hängen aber so mit Deutschland zusammen, wie die siamesischen Zwillinge miteinander. Wenn der eine fällt, muß auch der andere fallen. Es ist höchste Zeit, daß die barbarische Unvernunft des Kampfes nach der Unterwerfung aufhöre,“ . Die Deutschen — so betonte Wells — seien ein ehrenhaftes, arbeitsames, intelligentes Volk. Von seiner sozialen, politischen und wirtschaftlichen Wohlfahrt hänge die Wohlfahrt Englands, Skandina- viens, Rußlands, Italiens und in geringerem Maße auch Frankreichs ab. Die Deutschen seien reich an großen Erfindungen, sie besäßen eine große Literatur, Es sei undenkbar, ein solches Volk zu vernichten oder von der Landkarte zu streichen. Wohl aber sei es möglich, das deut- sche Volk wirtschaftlich und sozial zu zerbrechen, Sei aber Deutsch- land ruiniert, dann sei auch der größte Teil Europas zugrunde gerichtet. I. Die weltwirtschaftliche Unentbehrlichkeit Deutschlands, Diese Ansicht besteht zu Recht. Viele andere kluge Köpfe haben sich ihr angeschlossen. Wer in die tiefen Zusammenhänge der Welt- wirtschaft einzudringen versucht, wird zu der Überzeugung gelangen, daß Deutschland in der Tat für die wirtschaftliche Wohlfahrt der übrigen Völker hohe Bedeutung besitzt, Im Frieden war es ein kaufkräftiger Kunde sämt- licher Völker des Erdballs. Es gab kein Land, das nicht be- deutende Mengen von Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Industrie- waren nach Deutschland lieferte, Beispielsweise waren wir vor dem Kriege der beste Abnehmer des brasilianischen Kaffees, des Haupterzeugnisses dieses Landes,