Wirtschaftliches Organisationswesen, 149 Entscheidend für die Entwicklung des uns hier beschäftigenden Problems aber ist der ökonomische Aufstieg der letzten 100 Jahre geworden. Er erst hat mit seiner industriellen Technik das Gefüge der einzelnen Staats- und der Weltwirtschaft geschaffen, das auch eine ganz besondere Entwicklung der ökonomischen Organisation bedingte. Und für ihre Gestaltung ist es zweifellos von entscheidender Bedeu- tung geworden, daß alle großen Kulturstaaten sich bis in die neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eigener programmatischer Stellungnahme enthielten, vielmehr der freien Initiative der Wirtschaft selbst Ziel, Form und Maß der Organisation überließen“”). Betrachten wir nun zunächst die industrielle Unternehmer- organisation als diejenige, die rein wirtschaftlich für die Ent- wicklung der kapitalistischen Kultur von der positiv größten Bedeutung geworden ist, so stellen wir zwei scharf sich unterscheidende Entwick- lungstendenzen fest: eine schlechtweg kapitalistische in der Ausbildung von Groß- und Riesenunternehmen und eine völlig davon verschiedene, dem Grundgedanken der kapitalistischen Konkurrenz- wirtschaft scheinbar sogar widerstreitende genossenschaft- liche Schutzform, erstere unter dem Begriff des „Trust", letztere dem des „Kartell“ seit Jahrzehnten in einer ungemein reichen Lite- ratur auch wirtschafts- und rechtswissenschaftlich eingehend durch- leuchtet. Leider nur besitzen wir über Entstehen und Entwicklung beider Organisationsformen in den wichtigsten Kulturländern noch bei weitem nicht genügend Einzelbeschreibungen, um ihre Naturgeschichte anders als in großen Zügen festlegen zu können. Es fehlt inbesondere aber auch an Darstellungen über die Wirkungen auf das Gewerbe und damit an völlig ausreichenden Unterlagen für ihre staatswirtschaftliche Wertung. Wie diese Formen ‚sich rechtlich, wirtschaftsorganisations- technisch und in ihren Aufgaben unterscheidend im einzelnen darstellen, muß hier vorausgesetzt werden“). Zum Verständnis des Gesamtbildes, das wir zu zeichnen haben, ist jedoch vor allem darauf hinzuweisen, daß die genossenschaftliche Kartellform keineswegs, weder als Wirtschafts-, noch auch als Rechts- form, etwa als Neuschöpfung moderner Volkswirtschaft angesprochen werden kann. Der Zusammenschluß wirtschaftlich gleichstrebender Berufsgenossen zwecks Verhinderung ungesunden Wettbewerbs hat vielmehr seit dem Altertum, vor allem aber in der außerordentlich ein- flußreichen Zunitwirtschaft seine Rolle gespielt, baute sich doch zum *) Franz Klein: „Das Organisationswesen der Gegenwart‘, Berlin 1913, be- sonders S. 254 ff. *°) Ich darf hierzu auf meine Übersicht S.13ff; in Isay-Tschierschky: „Kartellverordnung', Mannheim 1925, verweisen, S. 37ff.