11. Die wirtschaftliche Führerpersönlichkeit. Von Richard Müller, M. d. L, L., Vorsitzender des Westfälisch-Lippischen Wirtschaftsbundes, Örlinghausen. Die Öffentlichkeit ist im allgemeinen geneigt, die Stellung von Persönlichkeiten, die sich in irgendeiner Weise, sei es als Leiter großer Betriebe, sei es als Finanz- oder Organisationskräfte in Handel oder Industrie einen Namen gemacht haben, nach ihren eigenen materiellen Erfolgen zu bestimmen, weil man sich bei der Beurteilung solcher Naturen in einer vorgefaßten falschen Einstellung befindet. Wem würde es einfallen, bei einem schaffenden Künstler zuerst danach zu fragen: Was hat ihm sein Genie oder Talent „eingebracht“, „wie reich‘ ist er dadurch geworden? statt, wie es natürlich ist, sich mit seinen Anschauungen, seinen Ideen und Werken bekannt zu machen und das Besondere, wenn dergleichen wirklich an ihm ist, herauszufinden? Nur weil der Wirtschaftsführer scheinbar sein Herz an materielle Dinge gehängt hat, setzt man ohne weiteres voraus, daß er sich nur für „Geldmachen'” — to make money — interessiere, daß man seine Leistungen, seine Kenntnisse und die Wirkung seiner Tätigkeit für die Allgemeinheit nur unter dem Gesichtspunkte beurteilen könne: Was hat er selbst dabei gewonnen? Es soll nicht bestritten werden, daß eine solche Auffassung ver- ständlich ist, denn tatsächlich hat ein großer Teil der im Wirtschafts- leben tätigen Menschen (allerdings vergißt man gern, daß bei den meisten anderen Berufen die idealen Momente auch sehr oft hinter den realen zurücktreten) eine große Sehnsucht, die heißt: Wie kommt man am besten zu Geld und damit zu wirtschaftlicher Geltung? Und nach dieser Durchschnittsmeinung stellt man sich nun grundsätzlich ein. Das ist nur deshalb möglich, weil man sich selten die Mühe gibt, über die Wesensgrundlagen hervorragender Wirtschaftsführer einmal in Lebens- beschreibungen zu lesen oder gar darüber ebenso interessiert nach- zudenken wie über sonstige bedeutende Männer. So übersieht man zu gerne, daß es ebenso schöpferischer Drang ist, der solche wirtschaftlich oder technisch hervorragende Menschen beseelt, wie die künstlerisch oder wissenschaftlich sich auszeichnenden Persönlichkeiten. Genies