frühkapitalistischen Epoche, sind noch immer Universität und hu- manistisches Gymnasium die alleinigen Bildungsstätten, aber in der ganzen Geistigkeit dieser sozialen Gruppen sehen wir einen charakteristischen Wandel. Von den zwei Gruppen oder Zweigen, in die sich von Anfang an die intellektuelle Welt ge- spalten hat, nämlich in öffentliche Bedienstete und liberale Be- rufe, sind nunmehr die liberalen Berufe die führenden, nicht mehr die öffentlichen Bediensteten. Die liberalen Berufe sind es, welche den Jahren 1789 und 1848 überwiegend das geistige Gepräge geben. Die Ideologie ist eine andere. Anstelle der Vorstellung, daß einem Herrn zu dienen, Fürstendiener zu sein, Glück und Freude, Rang und Standesehre bedeute, tritt eine andere Auffassung vom Dienst: nicht der Person des Fürsten, sondern dem Staate als Idee zu dienen! Aus dem Fürstendiener werden Staatsdiener. 'Es vollzieht sich jene Umwälzung, die am besten durch ein Wort Fichtes charakterisiert ist. Fichte spricht an einer Stelle von der deutschen Treue. Er spricht davon, daß nach der überlieferten Auffassung es gerade dem deutschen Geiste eigentümlich sei, treu zu seinem Fürsten zu stehen. Er unterscheidet aber von der Treue der Person für die Person die Treue für eine Idee und spricht das viele unserer Mitbürger heute noch sehr empfindlich treffende, aber berechtigte Wort aus: Treue für die Person ist eine Tugend der Hunde. Die Treue für eine Idee ist das, was den Menschen auszeichnet. Es bricht in der frühkapitalistischen Epoche auch in der Intelligenz die Auffassung durch, daß man nicht dem Fürsten, sondern dem Staate, einer Idee diene, und diese Auffassung vom Staat war die des Rechtsstaates. An- stelle des Gehorsams und der Ergebenheit tritt der Gedanke der bürgerlichen Freiheit. Die Intelligenzklassen werden als Träger dieser bürgerlichen Ideen auch die geistige Führerin der ganzen Gesellschaft. Ich bemerke dabei, daß es heute ja nicht meine Aufgabe ist, für diese ganzen geschichtlichen Ent- wicklungsprozesse die ökonomischen Unterlagen zu geben. Ich möchte nicht von einem Leser in dem Sinne korrigiert sein, daß man mir einwendet: Die bürgerliche Klasse ist zur Herr- schaft gekommen und damit mittelbar ihre Denkweise. Das bestreite ich nicht, sondern es fragt sich: Wer war der Stimm- führer? Wer hat der bürgerlichen Klasse die Ideologie in ihrem Kampf gegeben? Wer war in der Vorhut der Kämpfe? Da ~