Verhältnis der Forstwirtschaftspolitik zur Wirtschaftspolitik und Forstwirtschaftslehre. 15 wirtschaftspolitik mit der Bewirtschaftung der Staatsforsten ist also auch von Hundes - h a g e n noch nicht überwunden worden. Erst um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts setzte eine systematische Strömung ein, welche die Unzulänglichkeit auch dieser Verkoppelung erkannte und ihre Beseitigung anstrebte. – Ein Vorläufer dieser Richtung war in gewisssem Sinne schon Carl Heyer, der die Bewirtschaftung der Staatsforsten, d. h. die Staatsforstwirtschaftslehre im engeren eigentlichen Sinn dieses Wortes neben die „Kommunal- und Privatforsstwirtschaftslehre“ stellt und sie damit in seine „Waldwirtschaftslehre“", d. h. die Privatforstwirtschaftslehre aufnimmt. – Mit größerem Nachdruck haben aber erst Kr aft und Albert auf reinliche Scheidung der Forstwirtschaftspolitik von der Lehre von der Bewirtschaftung der Staatsforsten hingearbeitet. K r a f t betont schon ausdrücklich, daß sich die beiden Haupt- teile: Forstwirtschaftslehre und Forstpolitik, in die er ganz so wie Hund e s h ag en unsere Wissenschaft gliedert, auf alle Forste beziehen, „mögen sie dem Staate oder anderen Rechtssubjekten im Staate (Gemeinden, Genossenschaften, Privaten usw.) angehören“, und daß sich beide Teile „nur durch die Art und Weise (die Richtung) der Tätigkeit über welche ihre Lehren Auskunft geben, voneinander unterscheiden“. ~ Auch Alber t !) überweist die Staatsforstwirtschaftslehre im eigentlichen Sinne, d. h. die Lehre von der Bewirt- schaftung der Staatsforsten, der Privatforsstwirtschaftslehre, die er in dem oben angedeuteten weiteren Sinne faßt. Die von der Staatsforstwirtschaftslehre befreite Forstpolitik aber, deren Gegenstand nach ihm „der Einfluß bildet, den der Staat im Interesse des allgemeinen Wohls auf die gesamte Forstwirtschaft eines Landes zu üben hat“, nennt er, um jeder Verwechslung derselben mit der Staatsforstwirtschaftslehre im engeren Sinne ein für allemal vorzubeugen, „St a at s fo r stw i ss e n s < a f t“. ~ Mit der Ausscheidung der Staatsforstwirtschaftslehre im engeren Sinne hatte die Säuberung der Forstpolitik von allen nicht in ihr Gefüge gehörenden Fremdkörpern ihren Abschluß erreicht. Die so vollendete Bereinigung der Forsstwirtschaftspolitik stellte einen beachtenswerten Fortschritt in syste- matischer Hinsicht dar. Diese systematische Errungenschaft hatte aber leider das gleiche Schicksal wie so manche andere Erkenntnis unserer Wissenschaft; sie wurde trotz der klaren und überzeugenden Begründung Kr af t s und Alberts von vielen jüngeren Systematikern unserer Wissenschaft überhaupt nicht beachtet, und sso kam es, daß die glücklich überwundene Verquickung der Forstwirtschaftspolitik mit der Staatsforstwirtschafts- lehre im engeren Sinne noch in vielen neueren Systemen ihren Spuk treibt. Selbst der sonst so klar denkende Ber nh ar dt ?) ist von dieser Verquickung nicht losgekommen. Auch H e ß rechnet noch im Jahre 1885 die „Staatsforsstwirtschaftslehre“ zur Forsstpolitik. Ja, selbst in dem standard-work unserer heutigen Forstwirtschaftspolitik, dem „Handbuch der Forsstpolitik“ von Endres sind noch deutlich Rudimente dieser unglückseligen Ver- quickung erkennbar in den Abschnitten VIII und IX des zehnten Kapitels, die von den „Wirtschaftsgrundsätzen der Staatswaldwirtschaft“ und der „Errichtung von Geldreserve- fonds in der Forstwirtschaft und besonders für die Staatsforste“ handeln, also Gegenstände berühren, die rein privatforstwirtschaftlicher Natur sind und in eine Forsstwirtschaftspolitik nicht wohl hineinpassen. 1) Albert, „Lehrbuch der Staatsforstwissenschaft“, Wien 1875. ?) Vgl. seine Schrift: „Zur Geschichte der Staatsforstwirtschaftslehre im neunzehnten Jahr- hundert“, Leipzig 1873. S. 60, 61. – Im übrigen hat aber B. ~ wie wir noch sehen werden seiner „Staatsforstwirtschaftslehre“ keinen Plat in der Lehre zugestanden, sie vielmehr seiner „Allgemeinen Forstwirtschaftslehre“ einverleibt.