Die Musik in Lübeck Von Dr. Fritz Jung Bis zur Einführung der Reformation stütt sich unsere Kenntnis der Musik in Lübeck nur auf vereinzelte Angaben. Die Quellen fließen gleich spärlich in bezug auf die weltliche INnsik, die im Mittelalter noch in den Anfängen lag, wie auf die kirchliche, deren Vorherrschaft unumschränkt war. Von beiden läßt sich nur ein allgemeines, durch keinerlei lokale Einzelzüge belebtes Bild ge- winnen. Der Vergleich mit anderen Städten muß als Ersatz dafür dienen. Es wird im Bistum Lübeck nicht anders gehalten worden sein als an anderen Bischofssiten der katholischen Kirche; die strenge Einheitlichkeit des Kultus gestattete nirgends ein Ab- weichen von der Norm. So ist anzunehmen, daß in Lübeck dieselbe reiche Chormusik geherrscht hat, die überall den katholischen Gottesdienst an wichtigen Kultstätten schmiückte, derselbe a cappella- Gesang, der aus dem gregorianischen Choral heraus unter dem Einfluß der Florentiner sich zu kunstvoller Mehrstimmigkeit ent- wickelte und einerseits in der niederländischen Polyphonie, andrer- seits im abgeklärten Palestrinastil des 16. Jahrhunderts gipfelte. Diese Kirchenmusik verlangte als ausführendes Instrument einen leistungsfähigen Chor, über den auch die älteste Kirche des Bistums Lübeck, der Dom, verfügte. Anfangs aus den Vicaren, das heißt den jüngeren Geistlichen gebildet, wurde er im Laufe des 13. Jahr- hunderts durch die Schüler der dem Dom angegliederten Dom- ..71 4