Der Inhalt der Soziologie liegende Gesetz das der Nachbarschaft im Raume und berüht auf physikalischen und biologischen Ursachen. So gut es eine botanische Geographie gibt, deren Aufgabe es ist, den Einfluß von Boden und Klima auf die Pflanzen zu beobachten, ebenso gut kann es auch eine botanische Ethnologie geben, welche den wechselseitigen Einfluß der Pflanzen aufeinander erforscht. Es wäre aber zum mindesten verfrüht, von einer botanischen Sozio- logie sprechen zu wollen. Zunächst nach den Pflanzen auf der Stufenleiter der orga- nisierten Geschöpfe stehen die Tiere. Hier ist das Auftreten von wirklichen Gesellschaften nicht zu bestreiten. Die Tatsache an sich ist schon sehr lange bekannt gewesen und hat vielerlei gelehrte Untersuchungen veranlaßt. Alfred Espinas hat in seinem mit Recht anerkannten Buche »Tiergesellschaften« eine so wertvolle Zusammenfassung dieser Forschungen gegeben, daß alle seitherigen Arbeiten über diesen Gegenstand nur noch Einzelheiten hinzufügen konnten. Ich für mein Teil muß dazu vor allem bemerken, daß diese Formen der Gesellschaftsbildung zwar bei den vernunftbegabten Tieren einen eigentlich sozialen Typus darstellen, daß das jedoch bei den anderen Tieren durch- aus nicht so klar zutage tritt. So kann man zum Beispiel bei den Siphonophoren eine hochentwickelte Arbeitsteilung. feststellen, ich möchte sie jedoch nicht ohne weiteres als Vergesellschaftung bezeichnen. Das gleiche gilt von den kompliziert aufgebauten Aszidien, trotz ihrer bemerkenswerten Arbeitsteilung. Diese beiden Arten von Geschöpfen scheinen nicht so sehr Gesell- schaften, als vielgestaltige Organismen zu sein. Nicht anders ist es bei den Gruppenbildungen der Hautflügler (Ameisen und Bienen), bei den Schwärmen der Fische, Vögel und Säugetiere. In diesen Fällen ist die Bezeichnung »Vergesellschaftung« all- gemein üblich. Man darf aber nicht übersehen, daß zwischen diesem und dem vorangegangenen Beispiel eine wichtige ana- tomische Verschiedenheit besteht. Denn hier handelt es sich um Einzelorganismen, während in dem anderen Falle die Orga- nismen miteinander verwachsen sind. Aber es spricht da auch scheinbar zur gleichen Zeit eine wesentlich psychische Ver- schiedenheit mit. In dem einen Falle besteht wahrscheinlich bei den einzelnen Individuen irgend eine Vorstellung eines gemeinschaftlich zu verfolgenden Zieles. In dem anderen Falle ist eine solche Vorstellung wohl kaum vorhanden. Man darf 20