122 IV. KAPITEL DIE PROFITTHEORIE 1. Die Bedeutung des Distributionsproblems. Die Fragestellung. 2. Der Kapitalbegriff. „Kapital‘‘ und „Profit‘“ im „sozialistischen Staat“. 3. Allgemeine Charakteristik des kapitalistischen Produktionsprozesses; die Entstehung des Profits. 1. DIE BEDEUTUNG DES DISTRIBUTIONSPROBLEMS DIE FRAGESTELLUNG Wenn es jedem Einzelgebiet der politischen Oekonomie über- haupt eigentümlich ist, sich in einer bestimmten Richtung zu ent- wickeln, je nachdem, wer dieses Einzelgebiet bearbeitet, so trifft dies ganz besonders zu für die Lehre von der Verteilung, im be- sonderen aber für die Profittheorie. Dieses Problem berührt sich ja sehr nahe mit der „Praxis‘ der kämpfenden Klassen; es be- rührt am stärksten ihre Interessen, und so ist es leicht begreif- lich, daß sich gerade hier eine bald ziemlich grobe, bald sehr feine, aber dennoch leicht zu enthüllende Apologie der modernen Gesellschaftsordnung fest eingenistet hat. Von der logischen Seite her kommt der Verteilungsfrage, die nach Ricardo zu den wich- tigsten Problemen der politischen Oekonomie gehört‘, zweifels- ohne eine eminente Bedeutung zu. Es ist unmöglich, die Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung zu verstehen, ohne — wenn es sich um die moderne Gesellschaft handelt — den Reproduk- tionsprozeß des gesellschaftlichen Kapitals analysiert zu haben. Einer der ersten Versuche schon, die Bewegung des Kapitals zu begreifen — wir meinen die berühmte „Oekonomische Tabelle‘ von Quesnay — mußte dem Verteilungsplan einen bedeutenden Platz einräumen. Doch wenn man auch von der Aufgabe ab- sieht, den Mechanismus der gesamten kapitalistischen Produk- tion in ihrem ganzen Umfange und ihrem „vollen gesellschaft- lichen Maßstab‘‘ zu erfassen, so bietet auch noch die Frage von der Verteilung an und für sich ein ungeheures theoretisches In- teresse. Welches sind die Gesetze, nach denen die Verteilung * Siehe David Ricardo: „Principles of political economy and taxation“, Vorwort.