L. Bedeutung und Geschichte des Reises. Das Hauptnahrungsmittel der Menschheit ist das Getreide: Hirse, Reis, Mais, Weizen, Roggen, Gerste, auch Hafer in stei- gendem Maße. Die Hirse war die älteste und in der Vorzeit wichtigste Getreideart. Ob sich der größte Teil der Menschheit heute von Hirse oder von Reis nährt, wird sich wohl mit Sicherheit nicht entscheiden lassen. Man hat geschätzt, daß 640—750 Milkonen, also 2/-—3/. aller Menschen, mehr oder weniger vom Reise leben; viele Millionen genießen ihn außer- dem neben anderen Getreidefrüchten. Dem Reis kommt also unter allen Nährpflanzen mit die größte Bedeutung zu. Vor allem lebt die Bevölkerung Süd- und Ostasiens vorzugsweise oder fast ausschließlich von ihm. Diese Wichtigkeit drückt sich in Sprache, Gewohnheiten und religiösen Anschauungen aus. Wie wir von Frühbrot, Mittagbrot, Abendbrot spre- chen, so bezeichnen die Japaner die drei täglichen Hauptmahl- zeiten als Morgen-, Mittag- und Abendreis. „Reis und Tee“ bedeutet in Japan soviel wie „Essen und Trinken‘‘. In Südchina soll das Sprichwort ‚Keinen Reis mehr haben“‘ soviel heißen wie „Auf dem letzten Loche pfeifen‘, „Mit dem Leben abge- schlossen haben‘‘. Im Sanskrit hat der Reis außer seinem später noch zu erwähnenden Namen auch die bildliche Bezeichnung dhänya, d. h. Erhalter des Menschengeschlechts. Über den Ursprung des Reises gibt es drei malailische Legenden, die ihn alle als ein Geschenk der Götter bezeichnen. Bei den Indern ist der Reis das Symbol des Reichtums und der Fruchtbarkeit; er spielt dort im Hochzeitsritus, beim Liebesorakel, als Aphro- disiakum, als Schönheits- und Allheilmittel eine Rolle. Auch in England wirft man der Braut Reiskörner nach. Wo der Reis zuerst in Kultur genommen worden, ist nicht mehr mit Sicherheit festzustellen. Chinesische Überlieferungen, Winkler, Reis (Monograph. z. Landwirtsch. warm. Länd.). Bd. III.