ZUR EINFÜHRUNG. Ein Neudruck des Treitschkeschen Jugendschriftchens, mit dem er sich 1858 in Leipzig bei Wilhelm Roscher habilitierte, bedarf, von einem Rezensenten früherer Bändchen dieser Reihe ausdrücklich gefordert, im Zeitalter der Soziologie kaum der näheren Begründung. Wenn immer in Einzelheiten überholt so hat es doch gerade heute, wo die Soziologie, einst als Oppositionswissenschaft ent- standen, jetzt arriviert, ihre Stellung zum Staate zu revidieren beginnt, noch immer recht viel zur Sache zu sagen. Es wird, seit 1859 nicht wieder gedruckt, dem Historiker als Dokument von Treitschkes Entwicklung und als Keim seiner großen „Politik“ (vgl. O. Westphal, Der Staatsbegriff Heinrich von Treitschkes in „Deutscher Staat und deutsche Parteien‘ 1922) wertvoll sein. Seine eingehenden Auseinandersetzungen mit der Staats- und gesellschaftswissenschaftlichen Literatur seiner Zeit machen es schließlich zu einem aufschlußreichen Dokument der Ent- wicklungsgeschichte der Soziologie. Der bedeutende Versuch Georg v. Below’s die Gedanken- welt des Marxismus mit unserer älteren wirtschaftsgeschicht- lichen Literatur in Verbindung zu bringen (Zuerst Jahrbücher für Sozialökonomie Bd. 98, dann im Anhang seiner „Deutschen Geschichtsschreibung‘ Leipzig 1916 und München 1924) ver- langt in mehrfacher Richtung eine Fortführung und Ergänzung. Zum ersten: die gesamte Literatur der historisch-roman- tischen Geisteswissenschaften enthält implizite eine bis heute höchst einflußreiche „Soziologie‘ in dem weiteren Sinne einer Strukturlehre der geschichtlichen Welt. Aber im besonderen auch bereits Ansätze zu einer bestimmten Auffassung der Ver- bindung von gesellschaftlichem Unterbau und geistigem Überbau.