Pflock oder einem naturentlehnten Grenzbestandteil, Grenz- felsen, Grenzbaum — am liebsten so gesetzt oder gewählt, daß eine Linie, Schnur, Meßkette, ein Draht von einem zum andern gezogen werden kann, wenn nicht gar ein Menschen- werk mit Scheidekraft, ein Zaun, ein Gitter, eine Mauer. Hier aber macht sich schon das eigenwillige Leben geltend, das die Dauer der Grenzmark bestreitet: der Stein kann sich senken, schief werden, verwittern, das Eichenholz verrotten, das Metall verrosten; die durch sie vermarkte Grenze bedarf also doch wieder des menschlichen Hüters und Zeugen! Da- mit er selber sicher über ihren Lauf sei, legt er wohl eigen- artige, nur ihm in der Form vertraute Steine ortsfremder Herkunft, sogenannte „Kunden“ unter den Grenzstein selbst oder in einer nur ihm, dem Feldgeschworenen, dem Mark- scheider bekannten Anordnung um den Eichenpfahl herum, sogenannte „Zeugen“, Runen werden auf diese Weise in und auf dem Boden geschaffen, im Kleinen und Großen, als Stütze menschlicher Erinnerung. Uralte menschliche Erinnerung aber wirkt sich noch oft in den Grenzbezeichnungen und den Grenznormen aus, Erinne- rung an Entstehungszustände der abgegrenzten Lebensformen in Staat und Volk, die anderwärts längst entschwunden sind: sie leiten uns über zur Einsicht in die Vergänglichkeit der Grenze in der Geschichte. So gewinnt die Erscheinung, ‚das bodenwüchsige Bild der Flurgrenze — das wir oben gezeichnet haben — Tragweite für die Abgrenzung größerer Lebensformen. Aus dem Grenz- baum, der Grenzmauer, der Grenzfurche, dem Grenzwasser- lauf oder der Wasserscheidengrenze als bevorzugtem Zeichen der Grenze und den Worten dafür sehen wir heute noch geographische Entstehungszustände im Gegensatz von Acker- bau- und Viehzuchtvölkern, Wald- und Steppensiedlern nach- gespiegelt. Wir erkennen sie wieder, wenn der Schwede 20