I. Abschnitt. Grundbegriffe. Die Befriedigung der Staatsbedürfnisse muß nach einer gewissen Rangordnung geschehen, ebenso wie die der Individualbedürfnisse. Die Verletzung dieser Rangordnung vermag den ganzen Staatshaus- halt zu gefährden. Die erste Forderung dieser Rangordnung ist logischerweise die, daß überhaupt die Mannigfaltigkeit der Staats- bedürfnisse anerkannt werde. KEin Staat, dessen Haushalt nur der Befriedigung der Bedürfnisse des Staatsoberhauptes dient, ist ebenso falsch eingerichtet wie der Staat, welcher bloß für die Erhaltung des Heeres sorgt, oder welcher mit Vernachlässigung aller anderen Bedürfnisse bloß für die Pflege der Künste sorgt. Die rationelle Befriedigung der Staatsbedürfnisse fordert der naturgemäßen Ord- nung entsprechend, daß in erster Reihe die der Erhaltung des Staates dienenden Bedürfnisse befriedigt werden, erst dann folgen die allgemeinen kulturellen Bedürfnisse und in letzter Reihe die Luxusbedürfnisse. Die richtige Beurteilung der Bedürfnisse ist bei der großen Ausdehnung des Staates nicht so einfach wie beim Individuum. Denn es muß der ganze Staat mit seinen durch das Gebiet, die Bevölkerung, das Klima usw. bestimmten Verhältnissen vor Augen gehalten werden. Solange auf einem Teile des Staats- gebietes die Bedürfnisse erster Ordnung nicht befriedigt sind, darf auf keinem Punkte desselben verschwenderischer Luxus ge- stattet werden. Die Staatsbedürfnisse können nach verschiedenen Gesichts- punkten unterschieden werden und diese Unterscheidung ist zur Beurteilung derselben höchst wichtig; so unterscheiden wir ordent- liche und außerordentliche, unbedingte und bedingte, aufschiebbare oder unaufschiebbare, positive und negative, unmittelbare und mittel- bare, allgemeine und spezielle, dauernde und vorübergehende, wirk- liche, eingebildete und falsche, gegenwärtige und zukünftige Staats- bedürfnisse usw. Den kausalen Zusammenhang von Bedürfnis und Befriedigung vor Augen haltend, unterscheidet die Sozialökonomie unmittel- bare und mittelbare Güter, je nachdem dieselben unmittelbar der Bedürfnisbefriedigung dienen oder nicht. Die der Bedürfnis- befriedigung unmittelbar dienenden Güter werden auch autonome Güter genannt, die nur mittelbar dienenden reflektierte Güter. Mit Rücksicht darauf, daß mittels der unmittelbaren Güter die Befriedigung der Bedürfnisse unbedingt gesichert ist, werden diese auch unbedingte Güter genannt, die mittelbaren bedingte. Die mittelbaren Güter sind wieder komplementäre Güter, so- fern sie nur vereint geeignet sind, die Bedürfnisbefriedigung zu sichern. Wenn wir nun jene Güter ins Auge fassen, welche zur 5