155 V. DIE SUBJEKTE DES WIRTSCHAFTLICHEN VERKEHRS 1. DIE RECHTLICHEN FORMEN DER UNTERNEHMUNG Das Altertum hat ein Sonderrecht der Kaufleute nicht gekannt. Erst im Mittelalter, als inmitten einer allverbreiteten Naturalwirt- schaft der Handel zu hoher Blüte gelangte, ist in den oberitalieni- schen und deutschen Städten ein besonderes Handelsrecht geschaffen worden. Zum ersten Male wurden dieses Sonderrecht und damit auch die damals bereits üblichen Unternehmungsformen in Frankreich in den Ordonnanzen vom Jahre 1673 kodifiziert. Dieses Gesetzbuch bildete die Grundlage für die bekannte Neuregelung des französischen Handelsrechtes im Code de commerce vom Jahre 1807, der von vielen Ländern als Handelsgesetz angenommen wurde und auch im west- lichen und südlichen Teile des Deutschen Reiches bis über die Hälfte des 19. Jahrhunderts in Anwendung stand. Erst im Jahre 1862, erschien nach vieljährigen Vorarbeiten das Allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch, das gegenwärtig noch in den Ländern der frühe- ren österreichisch-ungarischen Monarchie in Geltung ist. Im Deut- schen Reiche erfuhr es mehrfache Abänderungen und endlich eine Neuregelung zu Beginn des: 20. Jahrhunderts, Dieses Sonderrecht der Kaufleute — eine Ausnahme bildet die englisch-amerikanische ‚Gesetzgebung, die ein solches Sonderrecht nicht kennt — kommt zum Ausdrucke in einer besonderen Handels- gesetzgebung, die für die Kaufleute unterschiedliche rechtliche In- stitutionen normiert; hiezu zählt vor allem die Sicherung des: Namens des Unternehmens durch ein besonderes Firmenrecht, die Anlage eines Handelsregisters, in dem alle Firmen mit den wichtigsten Rechtsverhältnissen . eingetragen werden, die Schaffung besonderer, weitgehender Handelsvollmachten (Prokura) und rechtliche Bestim- mungen über Abschluß und Erfüllung der Handelsgeschäfte, die von jenen des gemeinen Rechtes wesentlich verschieden sind. Parallel mit der besonderen Handelsgesetzgebung geht die Handelsgerichts- barkeit; sie weist Streitigkeiten aus Handelssachen besonderen Ge- richten zu, deren Senate ganz oder zum Teil aus Kaufleuten zu- sammengesetzt sind. 2. EINZELKAUFMANN UND HANDELSGESELLSCHAFTEN Dort, wo ein Sonderrecht der Kaufleute besteht, ist eine un- zweifelhafte Fassung des Kaufmannsbegriffes erforderlich, weil nur hiedurch die Anwendung des Sonderrechtes genau umschrieben werden kann. Zumeist ist ein materielles Kennzeichen für die Kauf- mannseigenschaft festgesetzt; nur in einzelnen Staaten begnügt man