254 DIE TECHNIK DES WIRTSCHAFTLICHEN VERKEHRS die heutige Entfaltung des Verkehrswesens und des Handels haben die Jahrmärkte ihre Bedeutung zum großen Teil verloren; auch in verkehrsarmen Gegenden dienen sie nur mehr der bäuerlichen Bevölkerung der nächsten Umgebung zum Einkauf von Bekleidung und Einrichtungsstücken, Ackergerätschaften u. dgl. Bedeutender sind noch gewisse Spezialmärkte, wie die Vieh- und Pferdemärkte, die mehrmals im Jahre die zum Verkauf kommenden Tiere in großer Auswahl an einem Orte vereinigen, sowie die Woll-, Flachs- und Hanf-, Leinen-, Hafer- und Holzmärkte. Schon die alten Griechen hatten ein nach den verschiedenen Waren- gattungen geordnetes Marktwesen. In Mitteleuropa reichen die Märkte in die Zeit der Karolinger zurück, die die Abhaltung von Märkten verordneten und durch verschiedene Maßregeln zu fördern suchten. Den Städten des Mittel- alters wurde oft schon bei ihrer Gründung ein Marktprivilegium erteilt, mit dem häufig das Recht der Zollerhebung oder der Errichtung einer Münz- stätte verbunden war. Den Verkehr auf den Märkten suchte man durch besondere Marktrechte zu heben; der sonst übliche Zunftzwang, der den Handel mit gewissen Waren nur den hiezu Berechtigten gestattete, wurde während der Marktzeit aufgehoben; die im Marktort und in der Umgebung wohnenden Produzenten wurden verpflichtet, ihre Produkte zuerst auf dem Markte feilzubieten; den Marktbesuchern wurde die Freiheit von Personalhaft während der Marktzeit garantiert und die Streitigkeiten aus Marktgeschäften unterlagen einer rascheren Rechtsprechung (der Ursprung des Wechsel- rechtes); außerdem war die Obrigkeit für die Sicherheit der Marktbesucher nicht nur während des Marktes besorgt, sondern gab auch den Fremden ein Meßgeleite in die Stadt und bei der-Ausreise oft weit über das Weichbild. hinaus mit. Der Ruf einzelner Jahrmärkte ging über die Grenzen des Landes hinaus und zog Leute aus aller Herren Länder herbei, es. entstanden die Messen. Messen sind Märkte, die nicht nur dem Binnenhandel, sondern auch dem internationalen Handel dienen. Sie schlossen sich ur- sprünglich den kirchlichen Festlichkeiten an und vereinigten schon hiedurch große Menschenmassen. Während anfangs nur die Waren verkauft wurden, die man auf die Messe brachte, fanden später Abschlüsse nach Muster auf Lieferung zur nächsten Messe statt und auch die Zahlungszeit der Warenforderungen und Wechsel wurde häufig für die nächste Messe festgesetzt (Meßwechsel). So wurden die Messen wichtige Abrechnungstermine und es entwickelte sich auf ihnen ein Abrechnungssystem ähnlich den modernen Clearinghäusern. In letzter Zeit haben die Messen wieder erneute Bedeutung ge- wonnen. Einerseits sind sie Großmärkte für Waren, die infolge ihrer verschiedenen Beschaffenheit nicht nach Muster gekauft werden können, wie Felle und Häute, anderseits sind sie Mustermessen für Fertigwaren, Bedarfsartikel des täglichen Lebens. So ist die Leip- ziger Messe der bedeutendste Markt Europas für Felle (Rauchwaren),