40 Bernhard Harms valente eben den ungestörten Ablauf des wirtschaftlichen Lebens im Ausfuhrlande gewährleisten. Es gibt heute noch zahlreiche Volkswirtschaften, die durch Angel- erzeugung auf Gedeih und Verderb mit der Weltwirtschaft verbunden sind, so Brasilien: Kaffee und Kautschuk, Chile: Salpeter und Kupfer, Argentinien: Weizen und Gefrierfleisch, Niederländisch-Indien: Tabak, Tee, Zucker und Kautschuk, Birma und Siam: Reis und Teakholz, Vereinigte Malaienstaaten: Zinn und Kautschuk, Australien: Erze, Weizen, Wolle und Gefrierfleisch, Ägypten: Baumwolle, und so in langer Reihe fort, nicht zu vergessen die europäischen Kolonien in Afrika. Die meisten dieser Länder sind aber bestrebt, überwiegend auch mit Erfolg, das Risiko so einseitiger Entwicklung ihrer Volks- wirtschaft durch größere Differenzierung in der Produktion zu ver- ringern. In gewissen Erdräumen sind dem zwar enge Grenzen gezogen, und in weiten Tropengebieten ist ein Spielraum überhaupt nicht gegeben, aber die Auffassung, daß alle heutigen Gebiete mit Angelerzeugung durch die Natur dazu verurteilt seien, es ewig zu bleiben, bedarf, wie schon dar- gelegt, einer gründlichen Revision. Man braucht nur auf Argentinien, Brasilien und Kanada hinzuweisen, um sich davon zu überzeugen. Man tut auch gut, sich darauf zu besinnen, daß die Vereinigten Staaten einstmals durch die europäische Brille auch als Angelerzeugungsgebiet angesehen wurden. Ein weiterer durch raumwirtschaftspolitische Zielsetzung bedingter Grundzug im Gestaltwandel der weltwirtschaftlichen Raumgliederung ist die Fortbildung raumwirtschaftlicher Schlüsselerzeugung. Hier haben wir es mit einer Entwicklung zu tun, die sich zunächst in den fort- geschrittenen Industrieländern geltend machte und erst jetzt allgemein um sich greift. Aus mannigfachen Gründen vollzog sich in zahlreichen Industrieländern die gewerbliche Produktion so, daß entweder gewisse Stadien der Produktion überhaupt in das Ausland gelegt wurden (passiver Veredelungsverkehr) oder aber ihre Meisterung an den Bezug auslän- discher Fertigerzeugnisse geknüpft blieb. Das bekannteste Beispiel dafür war in der Vorkriegszeit die bereits erwähnte Abhängigkeit der Textil- industrie der ganzen Welt von deutschen Farben. Bei der »Schlüssel- erzeugung«, über deren Begriff das Nötige schon gesagt worden ist, handelt es sich nicht schlechthin um alles, was für die Ausbildung einer »autarken« Industrie erforderlich ist, denn andernfalls würde in der eng- lischen Textilindustrie auch die Baumwolle dazu gehören, sondern ge- meint sind gewisse, verhältnismäßig kleine Fertigproduktionen, auf die ” Ausführlicher in der demnächst erscheinenden Kieler Dissertation von Mühlig- Hofmann: Die Angelerzeugung, Untersuchung eines Strukturtypus der Volkswirtschaft.