54 Bernhard Harms sätzlich im Gesamtraum, im Gebilde der Weltwirtschaft möglich wäre. Im eigentlichen Sinne des Wortes kann dies nach menschlichem Ermessen niemals geschehen, denn Raumwirtschaft gleich Volkswirtschaft ist an den Staat gebunden, der um seiner selbst willen nicht darauf verzichten kann, die Wirtschaft des Staatsgebietes der Idee und den Zwecken des Staates als solchen unterzuordnen. So liegt es im Wesen der Dinge, daß politisch bestimmte Raumwirtschaften in Ewigkeit sind. Das Pro- blem, das bleibt, sieht dann so aus: wenn der Sonderraum einerseits auf Eigenleben bedacht und anderseits um des Lebens willen auf Beziehungspflege zu andern Wirtschaftsräumen angewiesen ist, wie regelt sich das Verhältnis, und welche Bedeutung hat in diesem Sinne das Raumganze? Nur aphoristisch sei die Antwort gegeben, und ihre Stütze sei die Analogie. Raumwirtschaftliches Gegeneinander und raumwirtschaftliche Bedeutungswandlungen beobachten wir bekanntlich nicht nur vom welt- wirtschaftlichen Standpunkt, im Verhältnis der einzelnen Volkswirt- schaften untereinander, sondern solche Wandlungen in der vergleichs- weisen Bedeutung von Wirtschaftsräumen infolge markt- und raum- wirtschaftlichen Zielstrebens sind auch innerhalb der Volkswirtschaften selber nachweisbar. Hingewiesen sei auf die einschlägige Politik der Ge- meinden, Bezirke und Provinzen, die auf die Strukturgestaltung einer Volkswirtschaft tiefgreifenden Einfluß auszuüben pflegt. Nicht selten erfordert auch das Staatsinteresse die eigengeartete wirtschaftliche Entwicklung eines Sonderraumes. Fast alle Kontinental- staaten z. B. sind neuerdings bestrebt, wichtige Rüstungsindustrien trotz ungünstiger Standortsbedingungen in das Zentrum ihres Gebietes zu legen, damit sie im Falle eines Krieges vor Gefährdung durch den Gegner möglichst geschützt sind. Auch der Bau von strategischen Bahnen führt nicht selten zu raumwirtschaftlichen Umbildungen. Wandlungen in der raumwirtschaftlichen Gliederung eines Landes sind zumeist mit empfindlichen organischen und funktionellen Störungen verbunden. Die Volkswirtschaftspolitik ist jedoch bestrebt, die Rück- wirkungen auf die Benachteiligten zu mildern und die Umlagerung der wirtschaftlichen Kräfte sich allmählich und mit dem geringsten Reibungs- verlust vollziehen zu lassen. Unter Umständen wird im Interesse anderer Wirtschaftsräume die Herbeiführung eines Bedeutungswandels überhaupt zu verhindern sein. Das jüngste Beispiel dafür ist in Deutschland die Politik Preußens gegen die Industrialisierungsbestrebungen Groß- Hamburgs. Für die Vereinigten Staaten kann auf die Bemühungen hingewiesen werden, das Abwandern der Textilindustrie aus den Neuengland-Staaten in die Südstaaten der Union zum mindesten zu verlangsamen.