eine Aussöhnung mit der alten, aus Junkerkreisen stammenden 
Militärkaste. Die Industrialisierung der Landwirtschaft ist nicht zu- 
letzt auch eine der modernen Formen verschleierter Kriegsrüstung. 
Der Bau landwirtschaftlicher Schlepper für die Friedensarbeit und 
der Bau leichter Tanks für den Krieg ist ein engverwandter In- 
dustriezweig. In der Tat werden auch die Normungs- und Typi- 
sierungsversuche für den landwirtschaftlichen Kraftfahrzeugbau in 
Verbindung mit dem Reichswehrministerium geführt, Die engen Be- 
ziehungen zwischen Stickstoffindustrie und Giftgasherstellung, sind 
bekannt, in wenigen Stunden läßt sich die wichtigste Düngemittel- 
industrie auf die Erzeugung von Giftgasen umstellen. 
Kein Wunder also, daß trotz einiger widerstrebenden Tendenzen, 
vor allem bei der verarbeitenden Industrie und dem Großhandel, wie 
auch bei den kleineren Junkern, die beiden ausschlaggebenden 
Schichten der deutschen Bourgeoisie, Trustkapital und Agrarkapital, 
sich zu gemeinsamer Ausbeutung der arbeitenden Massen und ge- 
meinsamer Verfolgung ihrer imperialisitischen Machtbestrebungen 
zusammenfanden. - Die Bürgerblockregierung Marx - Stresemann - 
Keudell-Schiele war der bisher stärkste politische Ausdruck dieses 
neuen Bündnisses. Auch die gegenwärtige Agrarpolitik der SPD. und 
vor allem der Koalitionsregierungen im Reich und in Preußen 
spiegelt, wenn auch unvollkommener, das Bündnis der Agrar- und 
Trustbourgeoisie. Die SPD. kann keine Agrarpolitik im Widerspruch 
zur Trustbourgeoisie treiben. 
Das Hilfsproaramm des Bürgerblocks 
UL 
Kurz vor dem Auseinandergehen des Reichstags Ende März 1928 
ınd unter dem direkten Druck der Landbundoffensive brachte die 
Bürgerblockregierung ihren Ergänzungsetat mit dem „Hilfspro- 
gramm für die Landwirtschaft” vor das Haus, Dieses 
‚Notprogramm” war in seinen Grundzügen nicht allein mit den Re- 
Sierungsparteien, sondern auch mit Demokraten und Sozial- 
demokraten vereinbart. Die letztgenannnte Partei ließ sowohl 
im Ausschuß «wie im Plenum offiziell durch ihre Redner Hilfer- 
ding und Tempel erklären, daß sie prinzipiell mit der Hilfsaktion 
für das‘ Agrarkapital einverstanden sei und positiv an der „Ratio- 
nalisierung der Landwirtschaft” mitarbeiten‘ wolle, Der demo- 
kratische Redner im Plenum erinnerte unter dem lebhaften 
Beifall seiner Fraktion und einiger Sozialdemokraten daran, daß die 
Demokraten schon 1925 nicht Gegner der landwirtschaftlichen Zölle 
gewesen seien, sondern nur eine Herabsetzung der Industriezölle 
verlangt hätten, Es ist bemerkenswert, daß der später in das „Not- 
programm“ der Regierung aufgenommene Vorschlag der Ausdeh- 
aung des Einfuhrscheinsystems auf Schweine und 
Schweinefleisch ursprünglich von den Demokraten — angeb-