A. Vorgeschichte 1.Abschnitt: Die Steuerkrise L. Allgemeines „Wir haben im Krieg und erst recht durch die Inflation an wirk- lichem Kapital Summen eingebüßt, die der Vermögensvermehrung eines halben Menschenalters fruchtbarster nationaler Arbeit ent- sprochen haben. Nach übereinstimmenden Schätzungen dürfte heute fast die Hälfte, mindestens aber ein Drittel des mühsam er- arbeiteten Volksvermögens verlorengegangen sein.“ So ist die Kapitalneubildung für unsere Wirtschaft zu einer Frage von ausschlaggebender Bedeutung geworden. Von ihr hängt die Lösung des Kreditproblems ab, welches besonders für die kleineren und mittleren Betriebe so_üheraus verhängnisvoll geworden ist. Daß’ die übergroße Steuerbelastung und die hiermit zusammen- hängende allzu flotte Verbrauchspolitik der öffentlichen Hand der Kapitalneubildung sehr hinderlich im Wege gestanden haben bzw. stehen, liegt auf der Hand. . Der oft gehörte Appell der Staatsmännet und Politiker an die Wirtschaft, daß sie gegenüber der Notwendigkeit der Erhaltung des Staates durch finanzielle Opferbereitschaft alle Sonderinteressen zurücktreten lassen und alle kleinliche Eigensucht einzelner Klassen oder Personenkreise schweigen müßte, wird so lange ohne Erfolg sein, als die Wirtschaft nicht die Überzeugung haben kann, daß die öffentliche Finanzwirtschaft wirklich so sparsam und rationell arbeitet, wie die heutige Wirtschaftslage es erfordert. Hierzu war die systemlose Vermehrung der Steuergesetze nichts weniger als geeignet. Ein wahrer Steuerwirrwarr ist entstanden durch die vielen Steuern und Steuerchen, deren Erträgnisse zu den Verwaltungs- und Erhebungskosten vielfach in einem argen Mißverhältnis stehen und dem steuerzahlenden Bürger unnötigen Verdruß und Zeit- verlust bereiten, zumal dann, wenn er sich keinen eigenen Steuer- syndikus leisten kann. Dazu kommt noch eine gewisse Verärgerung der Wirtschafts- kreise über die Einführung des formal-demokratischen Systems bzw. über den hieraus resultierenden Widerspruch zwischen Wahl- recht und Steuerleistung, der am schärfsten in den Gemeinden fühlbar geworden und noch nicht überwunden ist. Hieraus erklärt es sich, daß vielfach seitens der Wirtschaftsvertreter vor allem die Überspannung des gemeindlichen Steuerbedarfs auf die Tatsache 1 Vgl. van den Boom. ‚Industrie und deutscheWirtschaftspolitik“, Seite 79, 9