ühimtw Ce HH FS — An mit der italienischen Regierung direkte Verhandlun- zen, außerhalb des Rahmens der Friedenskonferenz, gepflogen wurden, die anfangs nicht aussichtslos schienen. Hingegen gelang es, an den Grenzen gegenüber Jugoslawien und gegenüber Ungarn im Laufe der Verhandlungen erhebliche Verbesserungen durchzusetzen. Die ursprüngliche bedingungslos ge- forderte Abtretung des südlichen Kärnten an Jugo- slawien wurde nunmehr von einer Volksabstimmung abhängig gemacht und die von Deutschen bewohnten westlichen Grenzgebiete Ungarns wurden der öster- zeichischen Republik zugesprochen. Ihre Angliederung war von der deutschösterreichischen Delegation, dem Prinzipe des Selbstbestimmungsrechtes entsprechend, nur für den Fall eines günstigen Ausganges eineı vorzunehmenden Volksabstimmung gefordert worden. Die Alliierten aber erachteten den Willen der deutschen Bevölkerung Westungarns auch ohne Abstimmung als hinlänglich manifest und verfügten demgemäß die »edingungslose Vereinigung dieses Gebietes mit ınserem Staatswesen. [Pizitero-Erfolgeider Friedens- delegation/mügsen) darifi erblickt werden, daß es ihrem anablässigen Bemühen gelang, die Großmächte zu veranlassen, die zeitweise überaus kritische Lage in Kärnten, welches von einer irregulären Besetzung durch jugoslawisches Militär und damit von den Ge- fahren eines blutigen Guerillakrieges bedroht war, zu stabilisieren. Desgleichen sind als wichtige, wenn auch nicht direkt mit den Friedensverhandlungen selbst zu- sammenhängende Erfolge der Bemühungen der Frie- densdelegation die Erwirkung von Krediten zur Finanzierung der Lebensmittelzuschübe in das von Nahrungsmitteln fast gänzlich entblößte Desterreich und fin-des/ wenigstens zeitweise erfolgter] Sicherung der Kohlenlieferungen zu be- zeichnen. Am 2. September wurde der Friedensdelegation der Text der Friedensbedingungen mit dem Bedeuten überreicht, daß diese Bedingungen binnen fünf Tagen als Ganzes angenommen oder abgelehnt sein müßten. Wäre diese Frist auf Bitten der österreichischen Dele- gation nicht um zwei Tage erstreckt worden, so hätte der Staatskanzler bei den damaligen Verkehrsverhält- nissen kaum Gelegenheit gehabt, diesen Text vor Unterzeichnung der Nationalversammlung vorzulegen. Am 5. September stellten die Landesvertretungen von Tirol, Kärnten, Steiermark, Ober- und Niederöster- ‚eich und den deutschen Sudetenländern in einem Proteste fest, daß die territorialen Bedingungen des Vertrages das natürliche nationale Recht auf Selbstbestimmung vergewaltigen. Am 6. Sep- tember nahm die Nationalversammlung der Republik Deutschösterreich den Bericht des Staatskanzlers über den Verlauf und die Ergebnisse der Verhandlungen von St. Germain zur Kenntnis. In einer feierlichen Rechtsverwahrung erklärte sie, der gegebenen Zwangs- ‚X lage Folge tragen zu müssen, obschon sie den Frieden von St. Germain für national ungerecht, politisch verhängnisvoll und wirtschaftlich undurchführbar halte. In der Erwartung, daß die von den alliierten und assoziierten Mächten gegebenen Zusicherungen erfüllt werden würden und in der Anhoffnung, im Völker- yunde jene Instanz zu finden, welche berufen sein wird, anserer Republik ihr Recht wiederzugeben und dauernd zu sichern, beauftragte die Nationalversammlung den Kanzler, den Friedensvertrag zu unterzeichnen. Die. Unterzeichnung des Vertrages hat am 10. Sep- tember IQI19 stattgefunden. Am 16. Juli 1920 ist er in Kraft getreten. 4. VON ST. GERMAIN BIS GENF. ; Durch den Abschluß des Vertrages von St. Germain ırhielt die auswärtige Politik Oesterreichs eine voll- <ommen veränderte Richtung. Der Anschluß an Deutschland, bis dahin Ziel und Gegenstand prakti- ;cher Politik, wurde nunmehr zu einer fernen Zukunfts- 1offnung, Dafür galt es nun möglichst rasch ver- rauensvolle Beziehungen zu den maßgebenden West- nächten anzubahnen, von welchen die Gewährung ler zur Finanzierung der Lebensmittelzuschübe und zur Ingangsetzung der Österreichischen Wirtschaft Iringendst benötigte” Kredithilfe abhing. Ebenso nußte mit den Nachfolgestaaten ein Verhältnis zuter Nachbarschaft gefunden und gefestigt werden. Die brennendste Sorge der Regierung bildete im ypätherbst 1919 die Sicherung der Lebensmittelzuschübe. "ine Reise des Staatskanzlers nach Paris im Dezember 9I9 und eine Reise der Staatssekretäre für Finanzen md für Volksernährung im Februar 1020 brachten lie Bedeckung der im Augenblick dringendsten Kredit- zedürfnisse. Eine endgültige Lösung erfolgte erst, als m März I920 die Vereinigten Staaten von Amerika auf Veranlassung Herbert Hoovers den notleidenden nitteleuropäischen Staaten, allen voran der Republik Jesterreich, einen staatlichen Getreidekredit gewährten ınd das International Relief Committee gegründet vurde/ Damals wurde auch von den alliierten Mächten ne eigene Österreichische Sektion der Reparations- commission ins Leben gerufen, deren offenbarer Zweck Jie Heilung der schweren Wunden war, welche der Friedensvertrag Oesterreich geschlagen hatte. In ihrer Note vom 21. Mai 1020 ermächtigte diese Sektion die österreichische Regierung, zur Deckung jereits eingegangener oder künftighin noch abzu- ;chließender Lebensmittel- und sonstiger Hilfskredite Pfandbriefe auszugeben, die unter Zurückstellung des im Friedensvertrage stipulierten Generalpfand- ‚echtes durch ein Pfandrecht ersten Ranges auf die 3sterreichischen Aktiva gedeckt werden sollten. Die Verwendung der auszugebenden Pfandbriefe, ebenso wie die von dem Generalpfandrecht befreiten öster-