kanzler als Vorsitzenden führen. Die erste Re- gierung der Republik setzte sich folgendermaßen zu- sammen: Staatskanzler: Dr. Karl Renner. Staats- sekretäre: Dr. Viktor Adler (Aeußeres), Dr. Heinrich Mataja (Inneres), Raphael Pacher (Unterricht), Doktor Julius Roller (Justiz), Dr. Otto Steinwender (Finanzen) Dr. Karl Urban (Gewerbe, Industrie und Handel sowie Kriegs- und Uebergangswirtschaft), Ing. Johann Zerdik (öffentliche Arbeiten), Ing. Karl Jukel (Ver- kehrswesen), Ferdinand Hanusch (soziale Fürsorge). Dr. Ignaz Kaup (Volksgesundheit), Josef Stöckler (Land- wirtschaft), Josef Mayer (Heereswesen), Dr. Johann Löwenfeld-Ruß (Volksernährung). Unterstaatssekre- täre: Dr. Otto Bauer, Dr. Leopold Waber, Egon Pflügl (Aeußeres), Otto Glöckel, Dr. Richard Marckhi Inneres), Dr. Eugen Beck, Dr. Ferdinand Grimm (Finanzen), Richard Riedl (Gewerbe, Industrie und Handel sowie Kriegs- und UVebergangswirtschaft), Bruno Enderes (Verkehrswesen), Dr. Josef Resch Soziale Fürsorge), Dr. Erwin Waiß, Dr. Julius Deutsch (Heereswesen), Robert Wallenstorfer (Volksernährung). Der Staatssekretär des Aeußeren, Dr. Viktor Adler, starb am 11. November 1018; an seine Stelle trat der Unterstaatssekretär Dr. Otto Bauer. Die neue republikanische Regierung stand vor schweren Aufgaben. Es galt, die Ernährung der Be- völkerung und die Beschaffung von Kohle und Roh- Stoffen zu sichern, für die von den Fronten zurück- Strömenden Soldaten, die der Waffenstillstand aus einem Kriegsheer in ein Heer von Arbeitslosen ver- wandelt hatte, Vorsorge zu treffen, die tausende in der Kriegsindustrie beschäftigt gewesenen Personen in die Friedensindustrien zu überführen, diejenigen, die keine Arbeit mehr finden konnten, vor dem Äergsten zu schützen, den Kriegsinvaliden und den Hinterbliebenen der Gefallenen ein Fortkommen zu Srmöglichen. Bei den am 16. Februar 10919 durchgeführten Wahlen in die Konstituierende Nationalversammlung entfielen 40°76%, der Stimmen auf die Sozialdemo- kratische Partei, 35°04% auf die Christlichsoziale Partei, 20°77°% auf eine Reihe anderer hürgerlicher Gruppen, die sich später unter dem Namen „Groß- deutsche Volkspartei” vereinigten, 227%, auf die Tschechische und 0'26°% auf die Jüdischnationale Partei. Da die Sozialdemokraten die absolute Mehr- heit nicht erreicht hatten, konnte eine rein sozial- demokratische Regierung nicht gebildet werden. Die Nationalen Parteien wollten von einer Teilnahme an der Regierungsbildung nichts wissen. So schlossen sich denn die Sozialdemokraten und Christlichsozialen, trotz vorhandener Parteigegensätze, zu einer Koalition Zusammen; die von ihnen gestellte Koalitionsregierung Sollte den Staat über die nächsten Nöte hinweg- bringen und den Frieden abschließen. Die Konstitu- jerende Nationalversammlung beschloß am 14. März 1019 ein Gesetz über die Staatsregierung, durch das der schwerfällige Staatsrat beseitigt und die gesamte Aegierungs- und Vollzugsgewalt der Staatsregierung übertragen wurde; gleichzeitig wurde die Zahl der Staatsämter, Staatssekretäre und Unterstaatssekretärc verringert. Die neue Staatsregierung wurde am 15. März 1010 zewählt, Es gehörten ihr an: Als Staatskanzler und Staatssekretär für Inneres und Unterricht Dr. Karl Renner, als Vizekanzler Jodok Fink, als Staats- zekretäre Dr. Otto Bauer (Aeußeres), Dr. Richard 3ratusch (Justiz), Dr. Josef Schumpeter (Finanzen), 'ng. Johann Zerdik (Handel und Gewerbe, Industrie ınd Bauten), Ludwig Paul (Verkehrswesen), Ferdinand Janusch (soziale Verwaltung), Josef Stöckler (Land- ınd Forstwirtschaft), Dr. Julius Deutsch (Heereswesen), Dr. Johann Löwenfeld-Ruß (Volksernährung). Zu Unterstaatssekretären wurden bestellt: Otto Glöcel Unterricht), Wilhelm Miklas (Kultus), Dr. Wilhelm Zlenbogen (Handel und Gewerbe, Industrie und 3auten), Dr. Erwin Waiß (Heereswesen). In der Yolgezeit traten noch kleine Veränderungen ein: Am 4. April wurden zu Unterstaatssekretären Egon Pflügl ‘Aeußeres) und Dr. Josef Resch (soziale Verwaltung), am 9. Mai zum Staatssekretär für Inneres und Unter- richt Matthias Eldersch und zum Unterstaatssekretär ür Volksgesundheit (im Staatsamt für soziale Ver- waltung) Dr. Julius Tandler bestellt, am 26. Juli übernahm an Stelle des Staatssekretärs Dr. Otto Bauer der Staatskanzler das Portefeuille des Aeußeren. Neben dem Abschlusse des Friedensvertrages bildete die Hauptsorge der Regierung die Ernährungsfrage. Die unentbehrlichsten Lebensmittel mußten um jeden Preis beschafft werden. Um aber den breiten Schich- ‘en der Bevölkerung diese unentbehrlichsten Nahrungs- mittel auch erreichbar zu machen, zahlte der Staa: beim Verkaufe der von ausländischen Staaten kredi- jerten und von ihm bewirtschafteten Lebensmittel zroße Summen darauf. Dennoch stiegen bei der wachsenden Entwertung der Valuta die Preise für alle Becdarfsartikel des täglichen Lebens ins Unge- nessene, wodurch immer neue Lohn- und Gehalts- orderungen der Arbeiter und Angestellten ausgelöst wurden. Die Notenpresse war infolgedessen ununter- arochen in Tätigkeit, was ein neuerliches Sinken des Sseldwertes zur Folge hatte; erst die Genfer Sanierung führte die Währung aus diesem circulus vitiosus 3aeraus. Mit der Genehmigung des Friedensvertrages durch die Nationalversammlung am 17. Oktober 1919 war die Hauptaufgabe der Koalitionsregierung erfüllt und sie trat am selben Tage zurück. Da aber die unver- mindert anhaltende Not des Landes ein weiteres Zusammengehen der, beiden großen Par- teien dringend geboten erscheinen ließ, wurde die Koalition erneuert. Ihr Programm sollte der Wiederaufbau der Wirtschaft und vor allem auch die Herstellung der Ordnung in den Staatsfinanzen