DIE ÖSTERREICHISCHE JUSTIZVERWALTUNG 1918-1028 Von Ministerialrat Dr. Otto Leonhard. Die schwere Krise, die der Weltkrieg und der daraus “ntstandene Zusammenbruch des österreichischen Groß- ’eiches für das heutige Oesterreich gebracht hat, hat die Nachhaltigsten Finwirkungen auf die ganze Justizgesetz- Sehung, das Gerichtswesen, die Rechtspflege und die !ustizverwaltung ausgeübt. In der folgenden Betrachtung Scheidet die Justizgesetzgebung aus, Justizverwaltung nd Rechtsprechung stehen in so innigem Zusammen- Be, daß eine völlig getrennte Behandlung unmöglich St, jedoch soll die Rechtsprechung nur so weit Gegen- Stand unserer Erörterung bilden, als Zusammenhänge mit dem Probleme der Justizverwaltung gegeben sind. Die der Justizverwaltung im engeren Sinne gestellten \ufgaben lassen sich nach drei Hauptgesichtspunkten teilen: nissen richtung des Gerichtswesens nach den Bedürf- G N des neuen Staates, Anpassung an die neuen Vu zen und die dadurch gegebenen wirtschaftlichen erhältnisse, an \npassung der Leistungsfähigkeit des Justizapparates . die durch die Krisenerscheinungen gegebenen be- Onderen Forderungen, und Passung des Verhältnisses zwischen der Verwaltung zwischen N ersonal an die neue Staatsform, Ausgleich dürfaise, den Bestrebungen des Personals und den Be- sen der Gesamtheit. L Neueinrichtung des Gerichtswesens. De Csue Staat hat seine Zentralverwaltung neu ein- Gerichte] de In diesem Sinne ist auch ein neuer OÖberster Zeichnu ho „errichtet worden”), der schon in der Be- hofe dar Vor dem Obersten Gerichts- und Kassations- ‚Kassario ach „unterschieden wurde, daß‘ der Zusatz Würden 0n5 of wegliel. Die Mittel- und Unterbehörden Dies BE he unverändert in Wirksamkeit’ belassen?). für die B auch für die Gerichtshöfe 1. und Il. Instanz und züglich an keperichte 3 organisatorische Maßnahmen he- Senom leser Behörden wurden nur für die in Anspruch kamen Spen Gebiete in den Sudetenländern getroffen, die’ realen, tn über die Anfänge nicht hinaus, weil Selbsthese achtverhältnisse es ausschlossen, clas nationale Durch ae nungsrecht in Wirklichkeit umzusetzen, ich aber ie Grenzziehung des neuen Staates ergaben Aufbau ae sachlich bedeutende Aenderungen in dem Staatsgehi er Gerichtshöfe I. und IL Instanz. Das neue Sant umfaßte den Oberlandesgerichtssprengel 30. Opechluß der Provisorischen Nationalyersammlung vom 5 Geset, 1 StGB}. Nr. 1. rn 5 $ 16 des Be 25. Jänner 1919, StGBI. Nr. AH. "ng vom 30 Fa der Provisorischen Nationalversamm- 30, tober 10918. StGBIl. Nr. 1 Wien sowie Teile der Oberlandesgerichtssprengel Graz ınd Innsbruck. Im Wiener Oberlandesgerichtssprengel 'anden, abgesehen von dem Verluste des Bezirksgerichtes “eldsberg an die Tschechoslovakei, nur geringfügige ‚enderungen durch die Verlegung des Grenzzuges im lordwesten von Niederösterreich statt, da die Angliederung les Burgenlandes zunächst außer Betracht blieb. Schwer- viegende Veränderungen traten dagegen in den beiden nderen Öberlandesgerichtssprengeln ein. Das Ober- andesgericht Graz verlor vier Gerichtshofssprengel und asgesamt 48 Bezirksgerichte, übrig blieben die Landes- zerichte Graz und Klagenfurt sowie das Kreisgericht Leoben 1it zusammen 67 Bezirksgerichten. ImInnsbrucker Sprengel war der Verlust verhältnismäßig noch viel bedeutender. Die Brenner Grenze bedeutet den Uebergang der Kreis- zerichte Bozen, Trient und Rovereto an Italien, den Negfall von insgesamt 43 Bezirksgerichten, übrigblieben m ganzen zwei Gerichtshöfe I. Instanz (Innsbruck und "eldkirch) mit 24 Bezirksgerichten. Von diesen hatte las Bezirksgericht Nauders infolge der neuen Grenze ;eine Existenzberechtigung verloren, es wurde daher ıufgelassen‘). Das Kreisgericht Veldkirch erhielt ent- ;prechend den neuen staatsrechtlichen Verhältnissen die 3Zezeichnung Landesgericht?) Feldkirch, die drei bei Jesterreich verbliebenen Bezirksgerichte des ehemaligen Creisgerichtssprengels Bozen (Lienz, Sillian und Windisch- Aatrei, nunmehr Matrei in Osttirol genannt) wurden tem Landesgerichtssprengel Innsbruck angegliedert). Als weitere organisatorische Maßnahmen der ersten Vachkriegszeit wären anzuführen die Uebertragung der lem Obersthofmarschallamte vorbehalten gewesenen zerichtsbarkeit an die ordentlichen Gerichte‘), wodurch ämtliche beim Obersthofmarschallamt anhängige außer- treitige Sachen an das Bezirksgericht Innere Stadt gelangt ind, sowie die Errichtung des Jugendgerichtes in Vien®). Weitere Organisationsänderungen ergaben sich us der Uebernahme der Strafgerichtsbarkeit über die leeresangehörigen im Irieden‘) und die damit zu- ammenhängende Uebernahme der Angestellten der Militäriustiz in den Ziviliustizdienst’). Durch die Ueber- ') Verordnung vom 20. November 1920, BGBL Nr. 27 und ‚om 23. Dezember 1920, BGRILL Nr. 21 aus 1021. ?) Vollzugsanweisung vom 21, Mai 1919, StGBl. Nr. 276. % Vollzugsanweisung vom 28, Februar 10920, StGBL Nr. 96. ) Gesetz vom 5. Februar 1919, StGBl Nr. 87. ‘) Gesetz vom 25. Jänner 1919, StGBl. Nr. 46. und Vollzugs- nweisung vom 23. September 1920, StGBI. Nr. 439. ) Gesetz vom 15. Juli 1920, StGBl._ Nr. 321. X Gesetz vom 15, Juli 1920. StGB} Nr. 922,