glieder die Verpflegsgebühr der allgemeinen Gebühren- klasse — eine solche muß in jeder öffentlichen Kranken- anstalt bestehen — nicht im vollen Ausmaße zu entrichten. Uneinbringliche Verpflegsgebühren werden vom Lande, in bestimmten Fällen vom: Bunde getragen. Reichen die Einnahmen zur Erhaltung und zum Betriebe der Anstalt nicht aus, so ist der Abgang zu % vom Beitragsbezirk der Anstalt und zu je % vom Lande (Krankenanstalten- sprengel) und vom Bunde zu tragen. Die gleiche Auf- teilungsart gilt für die Kosten der Errichtung, Umgestal- tung oder Erweiterung, wobei jedoch von diesen Kosten die für diesen Zweck bestimmten Widmungen, Stiftungen und freiwilligen Beiträge abzurechnen sind. Durch eine besondere Verordnung vom 17. November 1924, BGBl. Nr. 413, wurde die Einhebung von Zuschlägen zugun- sten des Wiener Krankenanstaltenfonds geregelt. INFEKTIONSKRANKHEITEN Von Ministerialrat Marius Kaiser. Der unglückliche Ausgang des Krieges brachte die am 12, November 1918 neugeschaffene Republik Deutsch- Österreich in die äußerst schwierige Lage, auf dem Ge- biete der Seuchenbekämpfung angesichts der über- stürzten Demobilisierung unverzüglich Maßnahmen zu treffen, um die Einschleppung übertragbarer Krankheiten durch Heimkehrer von den ver- schiedenen Kriegsschauplätzen nach Möglichkeit hintan- zuhalten. Vor allem mußten Vorkehrungen zur Unter- bringung kranker, krankheitsverdächtiger und ansteckungs- verdächtiger Personen getroffen werden, weshalb in den verschiedenen, für diesen Zweck geeigneten Örten Sanitätsmaterial (auch fliegende Laboratorien) bereit- gestellt wurde. . Eine besondere Gefahr erwartete man von den Heim- kehrern vom südöstlichen Kriegsschauplatze, weil die Möglichkeit der Einschleppung von Flec&typhus von dorther besonders groß war. Die Abwehr bestand in einer peinlichen Entlausung dieser Heimkehrer, {für welche die Anlagen aus den früheren Flüchtlings- und Kriegsgefangenenlagern verwendet werden konnten. Glücklicherweise haben sich die Befürchtungen als un- begründet erwiesen. Die getroffenen Maßnahmen haben vollkommen genügt, um die Krankheit binnen kurzer Zeit auzurotten. Ebenso bei Malaria, deren Einschleppung ehenfalls im Bereich der Möglichkeit lag. Ein eigener Malariazentral- kataster wurde errichtet, welcher eine Uebersicht über die Zahl und Verteilung der Malariker im Lande ermöglichen Sollte. Die Grundlage dafür bildete die damals ein- geführte Anzeigenpflicht für die Malaria. Am schwersten hat in der ersten Nachkriegszeit die Grippe gewütet. Im Herbst I9I8 trat sie bereits in den Schützengrähben der Südwestfront auf und dezimierte die Reihen der Krieger. Wie ein schweres Unwetter brauste auch dieser Sturm über das unglückliche Land, Männer und Frauen im besten und kräftigsten Alter unbarmherzig dahinraffend. Dieser Katastrophe stand die Sanitätsverwaltung, namentlich in den Städten, machtlos gegenüber, denn der tausendfältige Kontakt des Stadtmenschen mit seinen Nächsten ließ jeden Ver- Such zur Abwehr einer Krankheit von so außergewöhn- licher Ansteckungsgefährlichkeit als vollkommen aus- Sichtslos erscheinen. Für Wien wurde die Anzeigepflicht eingeführt, um wenigstens einen annähernden Ueber- blick über die Ausbreitung der Seuche zu erlangen. Die Spitäler improvisierten nach Möglichkeit. freie Betten und stellten Wartepersonen bereit, ohne daß auf den Gang der Seuche auch nur der geringste Einfluß hätte ausgeübt werden können. Besonders wichtig war in den Jahren I92I bis 1925 die Verhütung der Einschleppung von Blattern aus der Schweiz. Da dort Verwechslungen mit den Schafblattern vorgekommen waren, wurde vorläufig in den zunächst sedrohten Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salz- burg und später für ganz Oesterreich die Anzeigepflicht für diese Krankheit eingeführt und die Aufmerksamkeit ler Amtsärzte darauf gelenkt. Tatsächlich gelang es, zinen Einbruch der Krankheit von St. Gallen in der Schweiz aus abzuwehren und die Seuche, die in Vor- arlberg 17 Fälle betroffen hatte, mit Erfolg abzuriegeln. Auch die Hundswut eıforderte erhöhte Aufmerk- samkeit, die zu KErlassung von besonderen Richtlinien zur Verhütung und Bekämpfung dieser Krankheit für die östlich gelegenen Bundesländer führte. Besondere Maßnahmen erheischt auch das molearische Auftreten des Trachomsim Burgenlande. Fünf spezia- istisch geschulte Aerzte wurden für das Burgenland ‚estellt und durch diese alle Trachomkranken, besonders lie Schulkinder, unentgeltlich behandelt. Dadurch ist an ganz bedeutender Rückgang in der Zahl der frischen "älle zu verzeichnen und gegenwärtig kommen nur nehr in einzelnen Bezirken frische infektionsfähige Fälle ‚or, so daß mit einer Ausrottung dieser Krankheit in ıbsehbarer Zeit gerechnet werden kann. Eine wesentliche Maßnahme im Zuge der Seuchen- »ekämpfung war die KErrichtung eines Auswanderer- ı1eims in Wien, der Durchfuhrzentrale Oesterreichs jür Auswandererverkehr, das über Anregung des 3Zundesministeriums für soziale Verwaltung geschaffen wurde und in welchem den Auswanderern hygienische Unterkunft und Verpflegung um ein geringes Geld zewährt wird. Im Juli 1926 nahm Oesterreich an der bereits erwähnten Internationalen Sanitätskonferenz in Paris teil, welche die Maßnahmen für den Internationalen Verkehr gegenüber den fünf Krankheiten Pest, Cholera, Gelbes Fieber, Blattern und Flecfieber regelte. Die ab- geschlossene Konvention, welche für ein Land des Fremdenverkehrs von größter Bedeutung ist, wird dem- nächst auch in Oesterreich ratifiziert werden. Noch ist der Ausbreitung übertragbarer Krankheiten auf dem Wege der Lebensmittel zu gedenken. Haupt- sächlich sind es der Typhus und Paratyphus, die