dieser Anzeige hat der Gemeindevorsteher durch den mit den sanitären Angelegenheiten der Gemeinde be- trauten Arzt und unter Mitwirkung der allfällig bestehen- den Tuberkulosefürsorgestelle alle erforderlichen Maß- nahmen zu veranlassen, in Wohngemeinschaften jedoch nur insoweit, als diese der politischen Bezirksbehörde unterstehen. Die Anzeigen sollen auf den hiezu amtlich aufgelegten Drucksorten erfolgen. Die Außerachtlassung der vorgeschriebenen Anzeigepflicht ist mit Geld- oder Arreststrafe bedroht. Obwohl die oberste Sanitätsverwaltung wiederholt Gelegenheit nahm, die Anzeigepflicht bei Tuberkulose in Erinnerung zu bringen, kann bisher bedauerlicher- weise noch nicht von einer lückenlosen Er- (üllung derselben gesprochen werden, eine Tat- sache, die nach einschlägigen Berichten auch in an- leren Ländern, in denen eine solche Anzeigepflicht besteht, verzeichnet wird. Immerhin ist in den letz- ten‘ Jahren eine Steigerung der einlaufenden Anzeigen festzustellen. GESCHLECHTSKRANKHEITEN Ministerialrat Dr. Wilhelm ELisenschiml Die staatlichen Bestrebungen bezüglich der Maßnahmen zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten reichen naturgemäß schon in die Vorkriegszeit zurück. Die zweifellos festgestellte Zunahme der Geschlechtskrank- heiten während des Krieges zeigte. die Gefahr einer weiteren Durchseuchung der Bevölkerung bei Kriegsende Der sich daraus für die oberste Sanitätsverwaltung er- gebenden erhöhten Vorsorge entsprang die Vollzugs- anweisung des deutschösterreichischen Staatsamtes für Volksgesundheit vom 21. November 1018, StGBl. 40, betreffend die Verhütung und Bekämpfung der Geschlechts- krankheiten. Mit der durch diese Vollzugsanweisung vorgesehenen Errichtung von Behandlungsstellen für mittel- lose Geschlechtskranke wurde noch im Jahre 1918 begonnen und deren Weiterausgestaltung in den nächst- folgenden Jahren vollzogen. Ohbzwar der Bund nur zur Förderung dieser Einrichtungen verpflichtet war, waren diese anfänglich nur auf seine Kosten errichtet und betrieben worden. Gegenwärtig bestehen noch elf solche Behandlungsstellen, die ganz oder teilweise aus Bundes- mitteln betrieben werden. Die Gemeinde Wien er- hält eine solche Stelle ganz aus eigenen Mitteln und hat überdies noch eine gesonderte Beratungs- stelle für Geschlechtskranke eingerichtet. Die Ordi- nationsstunden sind zumeist in die späteren Nachmittags- stunden verlegt, damit auch die einer Beschäftigung nachgehenden Geschlechtskranken in die Lage kommen, die Behandlungsstellen in Bedarfsfalle aufzusuchen. Zu den prophylaktischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten gehört eine zweckentsprechend fortgesetzte Aufklärung und Belehrung der Bevölkerung, die sich auch die oberste Sanitätsverwaltung angelegen sein läßt. In dieser Richtung seien die im Verein mit der „Oesterreichischen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten“ ausgegebenen Merkblätter er- wähnt. Das Volksgesundheitsamt verfügt über eine Sammlung von belehrenden Diapositiven, welche für aufklärende Vorträge entlehnt werden können. Im Zusammenhange mit der hier erwähnten Wichtigkeit der Volksaufklärung verdient die „Oesterreichische Gesell- schaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten“ besonders erwähnt zu werden, welche unter der Führung des auf dem Gebiete der Syphilidologie so verdienten Forschers Prof. Dr, FE. Finger eine ungemein segens- reiche Tätigkeit, sowohl in wissenschaftlicher Beziehung als im Hinblick auf die Popularisierung der Prophylaxe entfaltet. Von den der Behandlung von Geschlechtskranken dienenden Einrichtungen, wie Spitalsabteilungen, Ambu- latorien der Spitäler und Krankenkassen, sowie der be- ;sonderen Behandlungs- und Beratungsstellen, muß die »yundesstaatliche „Frauenheilanstalt in Kloster- aeuburg“ zunächst Wien besonders genannt werden, lie sich aus kleinen Anfängen zu einer weit über die Grenzen Oesterreichs bekannt gewordenen mustergültigen Sonderheilanstalt für geschlechtskranke weibliche Per- ;onen mit 230-400 Betten entwickelt hat. Die ärztliche 3ehandlung wird hier mit fürsorgerischer Tätigkeit ver- »unden, die Kranken werden durch Beschäftigung vor „angweile und weiterer Depravierung zu schützen zesucht. Die daselbst getroffenen Einrichtungen ermög- ichen es, die Insassen nach Art ihrer Krankheit, nach Alter, Provenienz, wie auch, wenn nötig, nach Charakter- »igenschaften getrennt, unterzubringen und bei der Wahl ihrer Beschäftigung elektiv der Befähigung der ıinzelnen entsprechend vorzugehen. Die Anstalt verfügt iber zwei Werkstätten für weibliche Handarbeiten, über sine Schulwäscherei, Buchbinderei, Korbflechterei, Haus- ;ichuhwerkstätte, Gärtnerei, Kleintierzucht usw., die lerart administriert werden, daß die Patienten für ihre Arbeit bezahlt werden. Dadurch ist jeder Patientin selegenheit geboten, sich während ihres Spitalsaufent- 1altes einen Geldbetrag zu erwerben, der sie. wenigstens ür kurze Zeit nach der Spitalsentlassung vor Not schützt, und es verhindert, daß sie gezwungenermaßen viederum der Prostitution verfällt, Die Jugendlichen, über die der Anstalt für die Dauer des Aufenthaltes in dieser vom Jugendgerichte die Erzieherrechte über- 'ragen werden, werden obligatorisch befürsorgt, während lie Fürsorge bei den Erwachsenen eine fakultative ist Die Heilanstalt unterhält in diesem Belangen das engste "invernehmen mit allen hiefür in Betracht kommenden 3ehörden, privaten Finrichtungen und Vereinen. In letzt- zenannter Beziehung ist hier besonders der Verein für ;oziale Hilfe „Caritas sozialis“ zu nennen. Aber ebenso nuß erwähnt werden, daß die derzeit bestehenden Ein- ichtungen, die der Nachfürsorge für die aus der Heil- ınstalt entlassenen Pfleglinge, im Interesse der Fort- arhaltung ihres während des Spitalsaufenthaltes erlang-