BODENENTWÄSSERUNGEN UND BODENBEWÄSSERUNGEN Zu den wirksamsten Mitteln für die Steigerung der Bodenproduktion gehört unzweifelhaft jener Teil des Jandwirtschaftlichen Wasserbaues, welcher sich mit der Entwässerung versumpfter , (mineralischer, anmooriger and mooriger) Grundflächen, bzw. mit der Bewässerung zu trockener Grundflächen befaßt. Die große volkswirt- schaftliche Bedeutung dieser wasserbaulichen Maßnahmen “ür unser Vaterland wirdsofort klar, wenn mansich vor Augen hält, daß im heutigen Oesterreich Grundfläche im Gesamt- ausmaße von mindestens rund 500.000 ha?, darunter 12.500 ha torfführende Moorfläche), das ist ungefähr ein Siebentel der gesamten bebauten Kulturfläche der Ebenen ınd Talniederungen, an kulturwidriger Nässe oder über- näßiger Trockenheit leiden, daher keine oder nur geringe 3Zodenerträge abwerfen und demnach für die Bodenpro- duktion nahezu bedeutungslos sind. Durch Entwässerung, zw. Bewässerung dieser Grundflächen könnte nun der 3odenertrag Oesterreichs nach einschlägigen Berechnungen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft um jährlich nahezu 279.000 Waggons?), und zwar un- zefähr entsprechend der gegenwärtigen Verteilung der Fruchtgattungen etwa 31.000 Waggons Körnerfrüchte, 40.000 Waggons Kartoffeln, 92.000 Waggons Rüben, 14.000 Waggons sonstiger Ackerfrüchte (Mais, Buch- weizen, Hirse, Bohnen, Erbsen) und 96.000 Waggons Futtergräser gesteigert werden, wodurch viel dazu bei- getragen werden würde, die Abhängigkeit der Lebens- mittelversorgung Oesterreichs vom Ausland wesentlich zu verringern und damit die Handelsbilanz zu bessern. Könnten doch mit den vorgenannten Mehrerträgnissen mehr als 2,000.000 Menschen mit Brot, 3,000.000 Per- sonen mit Kartoffeln versorgt und der Viehstand um wenigstens 500.000 Rinder (darunter 350.000 Stück Milchkühe) und mehrere hunderttausend Schweine ver- zrößert werden, was auch für die Lebensmittelversorgung der großen Städte Oesterreichs von ausschlaggebender Bedeutung wäre. In geeigneten Lagen könnte der Qualitätsobstbau durch entsprechende Bewässerung auf sine Stufe gebracht werden, die der weltberühmten Obst- oroduktion des Etschtales nicht nachsteht. Die erwähnten Ertragssteigerungen wurden aus folgen- den Berechnungen ermittelt: In den Ebenen und Tal- niederungen der Republik Oesterreich (einschließlich des Burgenlandes) weisen die Kulturflächen laut Katastral- "evision 1896 nachstehende Verteilung auf: Ackerland rund. . . . . . . 2,007.000 ha=57' 4% Wiesen 924.000, Hutweiden “ohne Alpen) 433.000, Gärten 52,000, Weingärten 52.000 ha rund 202.0 De 1.491.000 ha = 42'6%, 1) Diese Ziffer entspricht teils amtlichen Erhebungen, teils amtlichen Schätzungen. Wenn dieselbe zuweilen in Publikationen höher angegeben wird, so soll dies keineswegs den Anlaß geben, die Ziffer des Meliorationsprogrammes hinaufzusetzen ; denn die Entwässerung der Fläche von 500.000 ha ist eine so ungeheure Aufgabe, daß es aller Anstrengungen der heute lebenden Generation bedürfen wird, um diese Aufgabe zu lösen. Sollte sich nadı Ablauf dieser Arbeitsperiode tatsächlich ‚eigen, daß es wirklich noch Flächen gibt, die der Meliorierung Von obiger Ackerfläche sind durchschnittlich bebaut nit Körnerfrüchten 60%, Kartoffeln 10%, Rüben 5% jonstigen Ackerfrüchten 25%. Wird nun der Einfachheit 1alber vorausgesetzt, daß die zu entwässernden Flächen ıngefähr im gleichen Prozentverhältnisse bebaut werden, ;o lassen sich die durch die Bodenmeliorationen zu ;rzielenden Ertragssteigerungen durch die/in Tabelle I zegebene Uebersicht darstellen. Werden die Kosten der Entwässerung von I ha ein- ichließlich der ersten Kultivierung (Umbruch, Düngung: 3esämung) im Mittel mit 1200 S/ha veranschlagt, so be- echnet sich das Erfordernis für die Meliorierung der ‚esamtfläche von 500.000 ha mit rund S 600,000.000. Nachdem sich durch diesen Kapitalsaufwand ein jährliche! Aehrertrag im Werte von rund S 355,000.000 erzielen äßt, so entspräche dies selbst nach Abzug der gesamten \ohproduktionskosten von rund S 187,000.000 einer /’erzinsung des Anlagekapitales von rund 28%. Dieser lundertsatz wird allerdings durch die. alljährlichen Auf- vendungen für die Erhaltung der Meliorationsanlagen ine geringfügige Abminderung erfahren. Er kann sich n größerem Ausmaße senken, wenn die Fruchtpreise am nlands- und Weltmarkt wesentlich unter die heute dep Aarkt beherrschenden Ansätze sinken sollten. Hieramts lurchgeführte Berechnungen haben jedoch ergeben, daß '‚elbst unter Zugrundelegung der allerungünstigsten Ver- ‘ältnisse die Verzinsung des Anlagekapitals unter 15% aum sinken kann. Die angegebenen Hundertsätze vor 8% und 15%, stellen sonach einen oberen und unteren ;renzwert der Rentabilität dar. Allerdings ist nicht zu verkennen, daß die durch Ent- vässerungen‘ und Bewässerungen erzielbare Steigerung ler Bodenerträgnisse nicht sofort in voller Gänze, ondern erst nach und nach einsetzen könnte. Denn ‚elbst bei intensivster Inangriffnahme der Meliorations- ätigkeit wäre es aus technischen und finanziellen Gründen saum möglich, in einem Jahre mehr als etwa 15.000 ha nu entwässern (bzw. zu bewässern), und würde sonadı mmerhin zur Abwicklung der gesamten Meliorations- ıktion ein Zeitraum von mindestens 33 Jahren, das ist 3in durchschnittliches Menschenalter, erforderlich sein. Dieser Zeitraum sollte aber anderseits auch als Höchst- vert der Dauer der Meliorationsaktion festgehalten verden, da anderenfalls der Erfolg der Meliorations- ätigkeit für die gegenwärtig lebende Generation an Zedeutung und Interesse verlieren würde. Wird nun die orderung erhoben, die Fläche von 500.000 ha inner- 1alb eines Zeitraumes von etwa 33 Jahren zu entwässern ;o ergibt sich die Notwendigkeit, das alljährliche Bau- »rogramm mit 15.000 ha festzusetzen und diese Arbeits- ntensität durch 33 Jahre beizubehalten. Nachdem die intwässerungskosten im Mittel mit 1200 Sjha ange- ıommen werden können, so ergibt sich das Jahres- rfordernis des Meliorationskredites mit S 18,000.000- Die Förderung der Entwässerungs- und Bewässerungs- ınlagen durch den Staat erfolgte bis zum Jahre 1923 auf vürdig sind, so wird die Entwässerung dieser restlichen Flächen ben Aufgabe einer künftigen Generation zu bilden haben- 7) I Waggon = 10.000 ke,