DIE TÄTIGKEIT DER REPUBLIK ÖSTERREICH AUF DEM GEBIETE DES EISENBAHNNEUBAUWESENS Von Dr. Ernst Seidler, Sektionsrat im Bundesministertum für Handel und Verkehr*). Auf dem Gebiete des Fisenbahnneubauwesens sah ich die Verkehrsverwaltung der Republik Oesterreich, 1aboesehen von dem an anderer Stelle zu besprechenden Lokalbahn Ruprechtshofen-Gresten, Bahnhof Steinakirchen am Eröffnungstag Problem der öffentlichen Seilschhwebebahnen, durch die Angliederung des Burgenlandes mit seinem spärlichen und gänzlich auf die Verkehrsbedürfnisse Ungarns abgestellten Eisenbahnnetz sowie dadurch vor unabweis- liche Aufgaben gestellt, daß eine Anzahl von im alten Oesterreich vor dem Kriege und während des Krieges begonnenen Bahnbauten der Vollendung harrten. Wenn. man von den durch die Abtrennung des Oedenburger Gebietes geschaffenen Verkehrsschwierig- keiten absieht, die zwar durch zwischenstaatliche Ver- sinbarungen gemildert, aber keineswegs beseitigt sind, so können die Verkehrsverhältnisse im nördlichen Burgenlande dank der bestehenden Verbindungen von Wien über Parndorf und Eisenstadt nach’ Wulka- prodersdorf, der Linie Ebenfurth-Oedenburg der Raab- Dedenburg-Ebenfurther Eisenbahn, der Neusiedler See- bahn und schließlich der Südbahnlinie Wr.-Neustadt- Oedenburg immerhin noch als verhältnismäßig günstig bezeichnet werden. Hingegen wies der mittlere und südliche zwischen den Bahnlinien Wr.-Neustadt—- Dedenburg und Fehring—-St. Gotthard gelegene Teil des Burgenlandes zwar drei von Osten her in das Land hineinragende Sackbahnen auf, die aber den durch die neue Grenzführung geänderten Verkehrsbedürfnissen nicht mehr entsprechen konnten, er entbehrte jedoch jeder Verbindung mit den Nachbarländern. Es war daher anmittelbar nach der Landnahme des Burgenlandes Sorge der Verkehrsverwaltung, in erster Linie diesen Teil des Landes durch Herstellung des An- schlusses wenigstens einer dieser Sackbahnen an _ die auf niederösterreichisch-steirischhem Gebiete entlang der burgenländischen Grenze verlaufenden Strecke Wr.-Neu- z;tadt—Fehring aus seiner wirtschaftlichen Absperrung zu *) Der technische Teil und die Abbildungen stammen von Vinieterialrat Ing. Karl Pleyer desselben Ministeriums. befreien. Von den zahlreichen nach Kartenstudien der Verkehrsverwaltung in Betracht kommenden An- schlußlinien fiel die Wahl auf die Verbindung von Fried- bergnach Pinkafeld, weil die bestehende Anschluß- linie von Steinamanger bzw. Rechnitz nach Pinkafeld am weitesten nach Westen vorgeschoben ist und auch die Geländeverhältnisse für die Fortsetzung dieser Lokalbahn bis nach Friedberg, der südlichen Ausgang$- station der sogenannten Wechselbahn, im allgemeinen günstig waren. Die Verhandlungen der Verkehrsverwaltung wegen finan- zieller Sicherstellung dieses Bahnhaues fielen in die Zeit des Währungsverfalles ; sie gestalteten sich daher außerordent- lich schwierig und nahmen einen Zeitraum von fast drei Jahren in Anspruch. Durch die Bereitwilligkeit der be- teiligten Bundesländer und der örtlichen Kreise zu ange- messenen Beitragsleistungen zu den Baukosten der Bahn gelang es schließlich doch, die Unterlagen zu schaffen, die eine Heranziehung von Bundesmitteln zur Sicher- ;tellung des Bahnbaues vertretbar machten. Diese »icherstellung des nicht durch die Beiträge der beteiligten ‚änder und Interessenten aufgebrachten Teiles der 3aukosten im Gesamtbetrage von rund 7,360.000 5 >rfolgte sodann durch entsprechende Kreditvorsorgen ’n den Bundesfinanzgesetzen für die Jahre 1022 bis 1920- Ende September 1022 wurde als das größte und schwierig- te Bauwerk der ganzen Strecke der Hochstraßtunnel in Angriff genommen, der in einer Länge von 524 Metern den Tochstraßrücken durchfährt. Erst nach Ueberwindung wußerordentlicher technischer Schwierigkeiten, wie gleich- ırtige selbst bei den großen Tunnelbauten auf dem Sebiete des alten Oesterreichs niemals angetroffen worden sind, ist im Frühjahre 1925 die Vollendung des Tunnels gelungen. Aber auch die im Frühjahre 1924 ıufgenommenen Arbeiten auf der offenen Strecke hatten ınter mannigfachen ungeahnten Hemmnissen und nicht letzt unter der Ungunst der Witterung in beiden Bau- ahren zu leiden. Im November 1925 waren die vom Bundesministerium für Handel und Verkehr für Rechnung ler Konzessionärin durchzuführenden Bauarbeiten voll- ;ndet und am 15. November wurde die Lokalbahn dur {en Herrn Bundespräsidenten Dr. Michael Hainisch ‘eierlich eröffnet. Konnte schon die Finanzierung des Baues der Lokal- »ahn Friedberg-Pinkafeld mit der gegebenen Finanzlage les Bundes nur dadurch in Einklang gebracht werden; laß die Bereitstellung der Zuschüsse des Bundes zu den 3Zaukosten auf mehrere Budgetjahre verteilt wurde, SO nußte um so mehr die Erfüllung des begreiflichen und laher auch mit allem Nachdrucke vertretenen Wunsches ler interessierten Bevölkerungskreise nach unverzüglicher Wiederaufnahme und Fertigstellung der teils vor dem <riege, teils aber erst wäh ren d des Krieges begonnene? Bahnbauten mit Hilfe von Bundesmitteln großen finan- ziellen Schwierigkeiten begegnen. Es handelte sich hiebei vor allem um den schon vor