20 ALLGEMEINE EINLEITUNG und vollständige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Erkrankten zu beseitigen. Wie gestalten sich nun unter dem Einfluss dieser neu gestellten Ziele, Heilung und Krankheits- vorbeugung, das System der Versicherungsleistungen ? Dieses System kann bei einer Versicherung, die ständig an Ausdehnung gewinnt, nicht mit einem Schlage an neue Ziele angepasst werden, Die Verbesserung und Ausgestaltung der Leistungen vollzieht sich im Laufe einer langsamen Entwicklung nur stufenweise. Die Mindestleistung, wie sie ursprünglich in den Gesetzen vorgesehen ist, wird zunächst nur von einigen be- sonders günstig arbeitenden Versicherungsträgern überboten. Freiwillige Zusatzleistungen zur gesetzlichen Mindestleistung führen allmählich zu einer dauernden Leistungserhöhung, die von ungünstiger arbeitenden Versicherungsträgern. dann ebenfalls erstrebt wird. Sind die Erfahrungen mit solchen Zusatzleistungen gute, so erfolgt später ihre gesetzliche Anerkennung : eine bisher freiwillige Zusatzleistung wird Pflichtleistung für alle Kassen. Der Entschädigungssatz wird erhöht, die Verwendung von Ver- sicherungsmitteln zu hygienischen Zwecken zugelassen. Der einzelne Fortschritt ist kaum wahrnehmbar. Betrachtet man aber die hier und da erzielten Erfolge in ihrer Gesamtheit, so erkennt man die Bedeutung des Entwicklungsvorganges. Die Wandlung des Leistungssystems ist ein langwieriger Prozess. Um ihn zu schildern, muss man die kleinen Finzeländerungen, die auf Verbesserung dieser oder jener Versicherungsleistung abzielen, in ihrer Gesamtwirkung betrachten. Gewisse Verbesse- rungen betreffen nicht nur eine einzelne Versicherungsleistung, sondern mehrere zu gleicher Zeit. Dies wird ein Überblick über die hauptsächlichsten Fortschritte während der letzten Jahre ersichtlich machen. 1. Die Versicherung individualisiert ihre Barunterstüt zung an arbeitsunfähige Kranke. Auf diese ursprüngliche Aufgabe, welche allerdings nicht mehr ihre Hauptaufgabe ist, kann sie. wie gesagt, niemals verzichten. Es gibt zwei verschiedene - Auffassungen über den Zweck des Krankengeldes. Nach der einen soll dieses den Kranken in seiner sozialen Schicht erhalten. Das Krankengeld muss dann nach dem gewöhnlichen Lebensstande des Bezugsberechtigten bemessen werden. Die andere Auffassung weist dem Krankengeld eine bescheidenere Rolle zu. Nach ihr soll es dem Versicherten nur den knappen Mindestbedarf für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit sichern.