140 ——— B. Betrachtungen wir unter die Lupe nehmen müssen, ehe wir ihn als das erkennen, was er ist —, dann würden wir es glauben, daß auch damit einiger Verlust verbunden sein mag.“ Was bei Ruskin als „reaktionäre Feindschaft“ gegen den sogenannten „Fortschritt der Kultur“ er⸗ scheint, ist nichts anderes als die klare Erkenntnis von der grenzen⸗ losen Leere und Inhaltlosigkeit einer subjektlosen Kultur, die nur noch „entseelte Objektivität“ kennt, mit der sie sich „aus dem eigent⸗ lichen Kulturprozeß herausreißt“ *). Aus der gleichen Einsicht gegen die kulturell abtraͤglichen Wir⸗ kungen der Arbeitsteilung steht auch die Nationalökonomie des 19. Jahrhunderts der Frage der Arbeitsteilung skeptisch gegenüber, und zwar auch dann, wenn sie die Arbeitsteilung als Mittel zur Stei⸗ gerung des Volkswohlstandes rühmt. So bekennt z. B. Adam Smith, der an einer anderen Stelle seines Werkes über den „Volks⸗ wohlstand“ die Arbeitszerlegung als Wurzel der Reichstumsbildung nicht genug zu preisen vermag, im 5. Buch (Kapitel 1, 8 2) über die abstumpfende Wirkung der Teilarbeit: Ein Mensch, der sein „ganzes Leben in der Verrichtung weniger Operationen ausgibt, hat keine Gelegenheit, den Verstand zu üben ... er wird gewöhnlich so stumpf und unwissend, wie es für ein menschliches Wesen nur denkbar ist. .., die Einförmigkeit des wechsellosen Lebens lähmt natürlich auch seine geistige Energie überhaupt ... Sie zerstört selbst die Spannkraft seines Körpers und macht ihn unfähig, seine Kräfte elastisch und nach⸗ haltig außerhalb der Teilarbeit, zu der er dressiert ist, zu verwenden. Seine Geschicklichkeit auf seinem besonderen Arbeitsfelde scheint also erkauft auf Kosten seiner intellektuellen, sozialen und schöpferischen Tugenden.“ Nach ihm hat Werner Sombart, der staͤrkste syn⸗ thetische Geist unter den lebenden Nationalökonomen, in seiner „Volkswirtschaft“ im 19. Jahrhundert die kulturellen Schäden der Arbeitsteilung am schärfsten gesehen und beurteilt: „Die Verrichtung M Georg Simmel, Philosophische Kultur, S. 276, Verlag Dr. Werner Klinkhardt, Leipzig 1911.