80 B. Betrachtungen Wirken ein lebendiges Werk entspringen, etwas Persönliches, etwas, das eine Seele hat? Ein mit der Maschine geschnitzter Stuhl ist etwas Grundverschiedenes von dem handgeschnitzten; die mit der Hand getriebene Kupfer⸗ oder Messingplatte ist durch keine maschinell gearbeitete zu vertreten, die mit der Hand bemalte Vase, die von Künstlerhand nachgearbeitete Bronze oder Büste werden immer ihren Sonderwert bewahren, weil sie Handarbeit enthalten.“ Ein⸗ stellung und Urteil beider Gelehrter sind weitgehend von ihren sozialen Uberzeugungen und Neigungen bestimmt: Während Waentig dem Sozialismus angehört, neigt Sombart dem romantischen Individualismus zu. Zwischen den Anhängern der „Einfühlung“ und den Freunden der „Abstraktion“, zwischen Individualisten und Kollektivisten, zwischen Funktionalisten und Rationalisten, zwischen den Befür⸗ wortern der Einzelform und den Enthusiasten für den Typus herrscht sonach vorerst noch ein ungeschlichteter Streit. Wird eine Versöhnung moͤglich sein? Die Antwort hierauf ist abhaͤngig von dem Maße, in welchem sich der eine wie der andere Teil bereit erweist zu einer prin⸗ zipiellen Anderung seiner Einstellung zu den letzten Dingen. Nur in einer neuen Ordnung, die auf den Menschen bezogen ist und nur auf ihn, in der Organisation, Technik und Kunst nicht mehr Selbstzwecke sind, sondern Ausdruck einer tieferen allgemeineren, humaneren Geistigkeit, wird Kunst und Zweck gleichgesetzt werden konnen. Denn in ihr dienen beide einem höheren Dritten: dem be⸗ seelten Menschentum. Die Rationalisierungsbewegung hat als Faktor des Wirtschaftslebens wie als Inhalt der geistigen Kultur unserer Zeit dieser neuen Ordnung die Wege bereits geebnet. Sie hat die Wirtschaft und ihre Formen vereinfacht und damit überschaubarer gemacht, leitbarer, lenkbarer vom einzelnen Menschen aus. Sie hat die verwirrende Vielzahl der Dinge vermindert und ihre Anpassung an den Menschen erleichtert. Sie hat die Einsicht in die Zusammenhaänge, denen der einzelne zugehoͤrt, gesteigert und hier durch die Geltung des leben⸗