175 stehen (man vergleiche die früheren Abschnitte über »soziale Rationali- sierung«), sondern hauptsächlich deshalb, weil aus ihnen eine mehr politisch als gewerkschaftlich indizierte Anschauungsweise hervor- geht, welche den für Österreich so dringend notwendigen Fortschritt der Rationalisierung arg zu verzögern droht. Es ist aber doch zu hoffen, daß jene maßvollen und geläuterten Anschauungen, wie sie z. B. vom Abgeordneten Hueber (s. oben) kundgetan wurden, die Oberhand gewinnen, daß es zu gemeinsamen Aussprachen beider Gruppen kommen wird, um das für die Betriebe und für die Arbeiter in gleicher Weise Nützliche herauszufinden und anzuwenden. Für eine solche realpolitische Behandlung der Rationalisierungsfragen traten schon Abgeordneter Streeruwitz (im Budgetausschusse am 10. November 1927), Bundeskanzler Dr. Seipel (9. November 1927) und Abgeordneter Dr. Renner (9. November 1927) ein. Vielleicht raffen sich unerschrockene, die Wahrheit liebende Männer in allen Lagern auf, um, unabhängig von parteimäßiger Bindung, paritätische Aussprachen über Rationalisierung und Arbeiterfrage herbeizuführen — sie wären des Beifalles des überwiegenden Teiles der Bevölkerung sicher, wahre patres patriae! 15. Öffentliche Rationalisierung. (Rationalisierung der öffentlichen Verwaltung und des Parla- mentarismus.) Infandum renovare dolorem —: unermeßlichen Schmerz erneuern heißt es, wenn man von der Rationalisierung der öffentlichen Ver- waltung zu sprechen anhebt. Man verfällt dabei leicht in die Rolle des Predigers in der Wüste, denn hier handelt es sich um im Inner- sten irrationelle Materien der Reform, um Tatbestände, in denen das irrationelle Wesen der Menschen sich gründlich auslebt, Gefühle, Leidenschaften, Nepotismus, krankhaften Ehrgeiz, aber auch engstirnigen Unverstand, vermutliche Weltanschauungen, und es ist schwer, ungemein schwer, an rationelle Verbesserungen der mannigfachen Übelstände in der Öffentlichen Verwaltung zu schreiten. Es ist Sisyphusarbeit. Aber sie muß unternommen werden, wenn man ‚anders Erfolge der privatwirtschaftlichen Rationalisierung ernsthaft anstrebt, sie ist — um mit Karl Menger zu sprechen — das komplementäre Gut der privaten Rationalisierung. Denn was nützt diese und wer wird sich für sie noch einsetzen,