Theoretische Vorfragen, al als „ein in der Tat haarsträubendes Zeugnis sozialsittlicher Zer- rüttung‘“ gewertet wurde*1*, Es ist somit wirklich blasse Theorie, wenn Montesquieu in seinem großen Werk den unehelichen Geburten wegen ihrer angeblichen quantitativen Belanglosigkeit kaum einen Platz anweist (les conjonctions illicites contribuent peu ä la propagation de Vespece15); die Ursachen, die er für diese Fiktion anführt, das Nichtaufkommen der unehelichen Väter für ihre uneheliche Nachkommenschaft und die wirtschaftlich ungenügende Lage der meisten unehelichen Mütter, sind futil genug. Bevor wir indes daran gehen, der oben gestellten Frage nach dem Koeffizienten des Zustandekommens der unehelichen Ge- burtenziffer näherzutreten, dürfte grundsätzlich zu bemerken sein, daß der moralische Faktor in der Statistik überhaupt nur auf dem Wege über die Symptomatologie zu erlangen ist. Symptome sind indes nicht Thesen, sondern lediglich Hypo- thesen. Somit läuft die symptomatologische Methode darauf hinaus, zwischen bestimmten Tatsachenreihen der Bevöl- kerungsstatistik, der Wirtschaftsstatistik usw. auf dem Wege der Vermutung kausale Zusammenhänge mit bestimmten sitt- lichen Vorstellungen zu konstruieren 16. Die Ursachenstatistik, d. h. die statistische Gliederung zahlen- mäßig faßbarer Tatsachenbestände nach den sie verursachenden Motiven, steht aber überhaupt sozusagen auf schwachen Beinen, Einmal wegen der bekannten Komplexität der Ursachen an 14 Oettingen, Moralstatistik, S. 563; über die ungebundene Sexual- moral im damaligen Mecklenburg vgl. auch Karl Rodbertus-Jagetzow, Neue Briefe über Grundrente, Rentenprinzip und soziale Frage an Schu- macher, Karlsruhe 1926, Braun, S. 141 und 189. 15 Montesquieu, De l’esprit des Loix. Oeuvres, Nouv. Ed. Amsterdam ı761, Grasset, vol. HI, S. 3. 16 J. Th. v. Inama-Sternegg, Neue Probleme der modernen Kultur, Leipzig 1908, Duncker, S. 301.