Die Unmöglichkeit des Ausgleichs von Zahlungsbilanzsalden. Markkurse wird dieser Ausleseprozeß durch den günstigen Überführungskurs wesent- lich erleichtert, Die Rente der verschiedenen Anlagemöglichkeiten ist verschieden. Obligationen verzinsen sich anders als Aktien oder großstädtische Zinshäuser; die Auswahl er- folgt je nach dem Geschmack bzw. der entsprechenden „Geschäftsfähigkeit‘““ der ausländischen Kapitalisten. Eine besondere Art darf hervorgehoben werden. Sie besteht darin, daß Engländer, Franzosen usw. bei Kurspunkt 3 ihr Geld aus dem Devisenmarkt in den Markt deutscher Wertpapiere überführen und bei Kurspunkt 7 wieder nach ihrem Heimatland zurücknehmen. und in ihrem eigenen Markt be- schäftigen. Für die deutsche Valuta wirkt das günstig, weil Kurspunkt 7 gleich VII ist, wo der Berliner Devisenmarkt die daraus entstehende verstärkte Nachfrage vertragen kann. Da dabei nur im Ganzen rund 1% am Wechselkurs — ungefähre Differenz zwischen Punkt 3 und 7 — zu verdienen ist, so können diese Geschäfte nicht dazu führen, etwa das Gebäude der deutschen Wertpapierkurse durch über- großes Angebot zum Zusammenbruch zu bringen. Lösen wir nunmehr die oben vorgenommene Einschränkung der Betrachtung auf die Vorkriegsverhältnisse wieder auf und fragen, wie die Erscheinung für die heutige Zeit des notorischen Passivsaldos der deutschen Zahlungsbilanz sich dar- stelll, so ist zu antworten, daß sie grundsätzlich nicht anders ist. Der einmal existent gewordene passive Schuldsaldo Deutschlands hat im Ausland Eigentümer, denen nichts anderes übrigbleibt, als nach der günstigsten Anlage ihrer Forde- rungen in Deutschland zu suchen. In der Phase des tiefsten Markstandes werden sie das am liebsten tun und so die für ein Zurückreagieren, ein Umschlagen des Kurses bei Kurspunkt 3 erforderliche Entlastung des Devisenmarktes herbei- führen. Nur eines ergibt sich als Novum. Angesichts der Größe und Eindeutigkeit des Saldos und angesichts der geistigen Hemmungen muß Deutschland große An- strengungen machen, um möglichst bequeme und möglichst zahlreiche Anlage- möglichkeiten dem Auslande zu präsentieren, nicht von Staats wegen, sondern seitens der deutschen. Einzelwirtschaften. Darauf wird in späteren Abschnitten noch ausführlicher zurückzukommen sein, desgl. auf das weitere Novum, daß die Frage der Entlastung des deutschen Devisenmarktes bei Kurspunkt II — London Kurs- punkt 3 — eine quantitative Veränderung erfahren hat. Vielleicht darf aber bereits jetzt auf die von Bonnl) glücklich gewählte Formulierung der „Privatisie- rung der deutschen Reparationsschuld‘“ verwiesen werden, die als Prazeß z. Zt. zu heobachten und var allen Dingen Anfgahe der Zukunft. sei. $\ Die Wirkung der „kleinen“ Devisenspekulation. Das Wesen der „kleinen“ Devisenspekulation besteht darin, daß sie eine vor- handene Tendenz „ausschlachtet‘‘, dA. h. durch ihre meist nur für kurze Dauer ein- gegangenen Engagements die im Augenblick vorhandene Tendenz weitertreibt. Sa wird eie in London bei Kurspunkt 8—1-—2—3 Baisse-Engagements eingehen, ı) Bonn, Befreiungspolitik oder Beleihungspolitik?, S. Fischer, Berlin 1928, S, 12: ‚Eine Privatisierung der politischen Schulden ist von Anfang an ins Auge gefaßt worden, ei der deutschen Reparation sowohl als bei der Regelung der interalliierten Schulden an die Vereinigten Staaten. Diese Umwandlung ist aber nur möglich, wenn die Summen, die Deutsch- and zahlen muß, nach der Auffassung der internationalen Kapitalmärkte seiner Leistungs- fähigkeit angepaßt sind und wenn der Zinsfuß, zu dem sie plaziert werden sollen, der Kreditwürdigkeit Deutschlands und den Zinsverhältnissen am Kapitalmarkt entspricht.“ Bonn berücksichtigt nicht, daß es auf den Willen der internationalen Kapitalmärkte grundsätzlich nicht ankommt.