156 Fach. Was man im Staatsdienste brauchte, das sollte ihr Gegen- stand sein. Diese praktische Richtung tritt auch darin zutage, daß sie nur den gegenwärtigen Zustand schilderte. Hätte man sich jedoch damit begnügen wollen, so würde ein statistisches Werk bald nach seinem Erscheinen veraltet sein und in die Makulatur wandern gönnen. Die Universitätsstatistiker mußten also ihr Ziel weiter stecken, als bloß ein Bild der Gegenwart zu geben. Schlözer gestand denn auch die Möglichkeit zurückgreifender Statistiken Zu; man könnte, wie er sagt, „die Geschichte stille stehen lassen“ . Es brach sich also die Erkenntnis Bahn, daß man auch frühere Zu- stände statistisch beschreiben könne und daß die Aufgabe der Sta- tistik darin zu suchen sei, die jetzigen Zustände aus den ver- gangenen zu erklären und die Wechselwirkung zwischen den ein- zelnen Verhältnissen des Staates darzustellen. Schlözer wollte in der eigentlichen Statistik nur Tatsachen mitgeteilt wissen, der Sta- tistiker müsse aber, um seinen Vortrag weniger „trocken“ zu machen, „durch Einmischung von Geschichte, Ursachen und Folgen“ dem Vortrag „Leben und Interesse geben“ 2). Es förderte nur anscheinend den wissenschaftlichen Charakter der Statistik, daß Schlözer, wie seinerzeit Conring, eine bestimmte Einteilungsformel für diese Disziplin aufstellte, so lautend: vires unitae agunt®). Vires, die Grundmächte, sind Menschen, Land, Erzeugnisse und zirkulierendes Geld; in der Staatsverfassung ver- einigen sich diese Kräfte; und schließlich ergeben Regierung und Verwaltung der Formel drittes Glied, sie sind es, die wirken ’agunt). Solche altertümlichen Formeln zeigen dem modern den- kenden Menschen mit aller Deutlichkeit den großen Abstand, von dem aus neuzeitlich denkende Menschen diese gesamte Disziplin detrachten. Obwohl man sie mit großer Begeisterung pflegte, trug sie doch stets das Gepräge der Geistesarmut. 16. Eine von der gewöhnlichen Staatsbeschreibung etwas ab- weichende Stellung nahm der Geograph Büschin g (1724—1793) ein, ler die Statistik der Geographie unterordnen wollte. Mit Bienen- fleiß sammelte er, nicht immer unter günstigen Verhältnissen, eine ungeheure Menge Stoff, wovon seine im Jahre 1754 begonnene „Neue Erdbeschreibung“ deutlich zeugt. Allerdings trägt diese Beschreibung ') Schlözer, Theorie a. a. O., S. 86—87. *) Ebenda 8. 86. Y Ebenda 8. 59.