30 wenn man ganz davon absieht, daß ein Mensch aus sämtlichen Durchschnittseigenschaften nicht konstruiert werden kann. Ein Durchschnittsprofil würde wahrscheinlich von idealer Schönheit weit antfernt sein; bei der Mehrzahl der Menschen weichen die körper- lichen Eigenschaften nach derselben Seite von der Schönheit ab ‘runde Schultern, flacher Brustkasten, Warzen und Gewächse }). Wie der physische Durchschnittsmensch für Quetelet das Schön- heitsideal darstellte, so war der moralische Durchschnittsmensch [nhaber der idealen geistigen Kraft und repräsentierte das Ideal des Guten, trotz seines mittleren Hanges zum Verbrechen. Der Durch- schnittsmensch ist nach ihm von allen leidenschaftlichen Exzessen gleich weit entfernt, stellt also den goldenen Mittelweg dar (Systeme social, S. 273). Übrigens ist Quetelet in diesem Punkte oberflächlich; eine eigentliche Beweisführung sucht man vergeblich. Jener Durch- schnittsmensch, welcher in sich alle Eigenschaften eines Volkes vereinigt, wird zugleich ein „homme superieur“; er ist der Schwer- punkt, um den sich das ganze System bewegt (Systeme social S. 281). 12. Der Standpunkt Quetelets tritt auch deutlich in seiner Auf- fassung des Typischen zutage. Er glaubte, der Typus sei im ganzen konstant. Der Schönheitstypus solle keinen größeren Ver- änderungen unterliegen; nur die Grenzen der Abweichungen vom Durchschnitt würden unter günstigen Verhältnissen enger, wodurch lie Zahl der schönen Menschen also wachsen würde. Die Sterb- lichkeit war seiner Auffassung nach ebenfalls im wesentlichen die- selbe wie im Altertum. Wenn auch die Kunst der Ärzte. an ein- zelnen Punkten siege, werde dies nur den Reichen zugute kommen, während die Armen dafür um so kürzere Zeit zu leben hätten. Er stellt sich hier also auf denselben Standpunkt, den früher Malthus und J. B. Say vertraten. Im übrigen hatte er nur wenig Material für statistische Untersuchungen über die Bewegung der Sterblichkeit zur Verfügung. Er glaubt, einen Beweis für obige Behauptung in ler Zusammenstellung des Todesalters von 60 berühmten Männern aus verschiedenen Zeitaltern zu finden; weil 5 dieser großen Männer im Alter von 35 bis 40 Jahren starben, schloß er, daß dieses Alter für Menschen mit zu wirksamer KEinbildungskraft gefährlich sei ‘yeritablement fatal, Anthropometrie S. 380 f£.). Auf die Unzulänglich- ‘) Vgl. Held, Adam Smith und Quetelet, Jahrb. f. Nat. u. Stat., IX, 1867, S, 276. Siehe auch Westergaard, Teorien om Gennemspitsmennesket in Nor- disk Tidsskrift, 1884, ferner Axel Holck, Quetelet og Kunsten in National- dkonomisk Forenings Festskrift, 1897.