. a BE tk gt He TE DEE En A Ha En ln ge VER VE Sn ee SE ET EN a PETE a dar SEE Be A a SR EEE BB A A BEE MEN Ba EA A ES ha BL Sn ga nen de a aan Se BSD NE a Ele Be He ET EEE Ban TE a a NEN ERBE TE, Va ar SE Ban ET ah kn A A a A A „3 A EEE ea En CE A A EB DU S- a SR SENSE A DM VE SE EN Ft SEO Kerne EEE NE A aa Den EEE EN ET LEE En A dn en u Ren EEE A SEE RE u : a EEE EEE Veen BEE RR Bea a Mh TE ME A a a San N Dr AAN Dal 9 a Se We paar at U N a ea A A a ı HE A a 4 STE a er ea a 1 EEE EGBLRERG BEER HR a a Bug Ver BEE RE N ad ade an rer at re ES EN ak Er a Edda BEE ak DB WS Are At A ern D A A a Aa a ee a a U BT HH ST a WE EN la Ga de EB a a Ola TE N ME a NT N UHR lg a EEE Mein A age A Me ke SM Mr ae ne N A N Weed ira SE Bee EA em EEE ed en ge Km Me BE SR DE De kette St KT Ed dat ZE EN EB N TE A BE EEE Een Pr ob an Sk E N u A N ES N SE A Na N a AN A KA ee EN ER PA NEN A A Sa a € a a SC ra Are A ee de MT aa a a a En ta det Sl CC A A a a dat KE Ah A RO N ME A A A En Ha! Tg ES EEE SO RR Am Me a DE EA A STE AN ME N A EL A E RE Ze di A ne a DEE NASEN A A Rt A A a dt a I N a SEE gg m ee An en A SE A, EN PET tn a a nr a KT N A EEE a a a a UF ra A A a a a El? DATE ENTER ER Rd Er = E3 ER EA Re MEN Be An kn EEE MV ER re EEE RE ad 2 A DEN SE EDER Een Re a da a a BC Ben Et a er a a a ea ER RE AR nat Cr EA N A EEE a aa a ee DE Be a ad er N an a VE Ben he a A tan ET En a a dr a En ES EEE EEE Rate EL En MER BD AK 1024 kei nn 9 5m letzung der Rechte der Eingeborenen, ihre Ausbeutung und ihre Versklavung zu verhindern und haben sie mit allen zu Gebote stehenden Mitteln an ihrer Erziehung zur Unabhängigkeit zu arbeiten.“ Die Verhältnisse haben sich in den seit Stuttgart verflosse- nen zwei Jahrzehnten derartig geändert, daß wir mit diesem grundsätzlichen Bekenntnis nicht mehr auskommen werden. Und die Streitfragen, die in Stuttgart noch eine Rolle spielten, werden in den Brüsseler Debatten kaum noch auftauchen. Es ist heute eine Selbstverständlichkeit,: daß das Ziel: Abschaffung der Kolonien, in dem Sinne des diesjährigen Maiaufrufs der Internationale: „Für das Selbstbestimmungsrecht der Kolonial- völker!“ durchaus vereinbar ist mit den Forderungen auf weitest- gehende Reformen, solange die Kolonien noch bestehen. In dieser Frage können wir es genau so wenig ablehnen, die gegen- wärtige Lage der unterdrückten Völker nach Möglichkeit zu heben, wie in irgendeiner anderen Frage der sozialistischen Po- titik. Das bedeutet keineswegs Anerkennung der Kolonien als zu Recht bestehend, genau so wenig wie wir den kapitalistischen Staat damit als zu Recht bestehend anerkennen, daß wir für weitgehendste Reformen innerhalb dieser Gesellschaft kämpfen. Grundsätzlich werden wir uns auch den Standpunkt von Stutt- gart zu eigen machen, daß jede Kolonialpolitik, die heute mög- lich ist, eine kapitalistische und daher jede Kolonialpolitik ab- zulehnen ist. Das Ziel einer „sozialistischen Kolonialpolitik“, das manche Vertreter in Stuttgart aufstellen wollten, ist heute ein Nonsens. Ganz mit Recht sagt Kautsky: „Eine Kolonial- politik, die Hand in Hand geht mit der Erziehung und Bildung der Eingeborenen, wäre möglich gewesen in demokratischen Arbeitskolonien, wie sie das 17. und 18. Jahrhundert sah. Seit dem 19. Jahrhundert gehört diese Art der Kolonialpolitik un- widerruflich der Vergangenheit an.‘ Und ebenso war die Forde- rung einer „sozialistischen Kolonialpolitik“ noch möglich im Jahre 1907. Nach den Erfahrungen des Weltkriegs und der rapiden kapitalistischen Entwicklung der letzten 2o Jahre gehört auch sie unwiderruflich der Vergangenheit an. Sie wird vielmehr das Ziel der Unabhängigkeitund endgültigen Befreiung aller Kolonialvölker in den Mittelpunkt ihrer. Forderungen zu stellen haben. Sie kann aber nicht nur Politik auf weite Sicht machen, son- dern muß Gegenwartsaufgaben stellen, die nur durch die brüder- liche Zusammenarbeit sämtlicher sozialistischer Parteien erfüll- bar sind. Die Zeit, revolutionäre Forderungen zu stellen und an den guten Willen zu appellieren, sind endgültig vorbei. Es gilt, ein bestimmtes, festumrissenes Gegenwartsprogramm auf- zustellen und danach zu handeln. Je größer der Einfluß der 1. quelle der großen kapitalistischen Organisationen, ist den betei- ligten Kreisen überaus klar, Leider der Arbeiterschaft nicht in demselben Maße. Mit erfreulicher Deutlichkeit hat der deutsche Reichsbankpräsident Schacht schon im Jahre 1926 in einem Vortrag in der Deutschen Kolonialgesellschaft die wahren Zu- sammenhänge und die Möglichkeiten einer kolonialen Betäti- gung für Deutschland enthüllt. Schacht will nämlich zu dem System der sogenannten „Chartered Companies“ zurück- kommen, das heißt zu den privilegierten privaten Unterneh- mungsgesellschaften. Er gab der Überzeugung Ausdruck, daß sich genügend Privatkapital zur Gründung einer solchen Ge- sellschaft finden würde, wenn ihr ein entsprechender Nutzen an einem solchen Unternehmen garantiert würde. Diese Tatsache ist interessant genug. Sonst hören wir immer nur von, der Kapitalknappheit in Deutschland, aber wenn es sich um impe- rialistische Experimente handelt, ist plötzlich Kapital vorhan- den. Damit ist bereits deutlich der Weg gekennzeichnet, den eine etwaige neue deutsche Kolonialpolitik gehen würde. Be- stätigt wurde dieser Plan schließlich im vorigen Jahre, als nie- mand anders als das Präsidialmitglied des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Geheimrat Kastl, als Vertreter der deut- schen Regierung in der Mandatkommission des Völkerbundes ausersehen wurde, Die Arbeiterschaft darf mit diesen Plänen nichts gemein haben! Sie wird sich zu wehren haben gegen eine Kolonialpropa- ganda, die gerade in der letzten Zeit erhöhten Umfang an- genommen hat. Kolonialgesellschaften schießen wie Pilze aus der Erde, halten Tagungen und Kongresse ab, fassen Resolu- tionen und veranstalten Ausstellungen. Keine Gelegenheit, die zur Kolonialpropaganda brauchbar erscheint, wird ausgelassen: selbst der „Pressa“ mußte nötig eine „koloniale Sonderschau“ beigegeben werden. Dabei wird natürlich immer wieder betont, daß die Rückeroberung der deutschen Kolonien beileibe nicht im Interesse des Kapitals, sondern in dem des ganzen „Volks“, also auch der Arbeiterschaft läge. Wir wollen ganz kurz nur feststellen, daß alles, was allgemein zur Kolonialfrage gesagt wurde, in besonderem Maße auch auf Deutschland zutrifft. Zunächst das Argument: Kolonien als Rohstoff- und Absatz- gebiete. Die deutsche Außenhandelsbilanz aus dem Jahre 1913 weist folgendes auf: von einer Gesamteinfuhr von 11,6 Milliarden betrug die Einfuhr aus den Kolonien 57 Millionen, der Anteil der Ausfuhr nach den Kolonien betrug 53,2 Millionen bei einer Gesamtausfuhr von 10,8 Milliarden. Damit machte der Handel mit den Kolonien etwa 1%.% des gesamten deutschen Außen- handels aus. Von den Rohstoffen, auf deren Einfuhr Deutsch- land in erster Linie angewiesen war und ist, Eisenerz. Kupfer, 45 wären, wie ist es dann zu erklären, daß die größte Kolonial- macht der Erde seit dem Kriege noch niemals weniger als eine Million Arbeitsloser, sehr oft aber erheblich mehr gezählt hat? John Maynard Keynes stellt (im ‚Wirtschaftsdienst‘‘ vom 22. Oktober 1926) fest, daß die englische Industrie ein zusätz- liches Betriebskapital von 100000 Pfund nötig habe, um die englische Bevölkerung in „angemessenem Ausmaße‘‘ zu be- schäftigen. Die City aber zieht es vor, ihr Kapital in den Län- dern des jüngeren Kapitalismus zu investieren, wo, wie Hilfer- ding treffend nachgewiesen hat, die Profitrate höher ist als in den hochkapitalistischen Ländern.‘ Die Kolonien wirken also nicht arbeitslosenvermindernd, sondern sie verhindern im Gegenteil das Sinken der Arbeitslosenziffern. Als Einwanderungsgebiete kommen überhaupt nur die „Arbeitskolonien“ in Betracht, wie Kautsky diejenigen kolonialen Gebiete genannt hat, die auf der Arbeit der aus dem Mutterland ausgewanderten Arbeiter und nicht auf. der der Eingeborenen (die Kautsky Ausbeutungskolonien nennt) be- ruhen. Wenn Kautsky schon im Jahre 1907 diesen Teil der Kolonien als den allergeringsten bezeichnete, da die als Arbeits- kolonien in Betracht kommenden Gebiete, wie die Vereinigten Staaten, Kanada, Südbrasilien, Argentinien, Chile, Australien, Südafrika, bereits besetzt und zu selbständigen Staaten gewor- den sind, so haben sich seit 1907 die Verhältnisse noch weit mehr in dieser Richtung verschoben. Und schon vor dem Kriege kamen die deutschen Kolonien als Einwanderungsgebiete für deutsche Arbeiter kaum in Betracht. Von 28075 Deutschen, die 1905 über deutsche und fremde Häfen auswanderten, gingen 27 202 nach den Vereinigten Staaten, 84 nach Australien und 57 nach Afrika. Nach Asien kein einziger. 1909 sind nach Australien, Afrika und Asien zusammen 204 Deutsche aus- gewandert. Wie die Kolonien als Arbeitsgelegenheiten für die deutschen Arbeiter gewertet werden können,scheint nach diesen Zahlen also rätselhaft. Nicht anders liegt es nach dem Kriege mit den Wanderungs- verhältnissen Englands. Von den 319 Millionen Einwohnern Indiens sind rund 200 000 Engländer, von ihnen 70.000, also nahezu ein Drittel, Soldaten. - Die Einwanderung von England nach Kanada ist von 1903 bis 1925 gesunken von 384 000 auf 85 000 jährlich. Die zu- nehmende Industrialisierung hat in den Kolonien zu ähnlichen Ergebnissen geführt wie in Europa. Einer steigenden Kapital- investition steht eine sinkende Arbeiterzahl gegenüber. In der kanadischen Industrie waren 1919 578 733 Arbeiter beschäftigt, 1922 nur noch 462 573. Dagegen war das angelegte Kapital von 2933 auf 3126 Millionen Dollar gestiegen. ; > Arbeiterschaft und Kolonialpolitik Von Dr, Dora Fabian X EC) ; 0 > ; B A uk Oo N I xx an m „er“ nm "\ 8 Sa > Q >) 5 IA) Do 3 an z CO a )iamantvorkommen mit ı5 Millionen Karat an und hat Dividende verteilt. ;cht freigebig scheint auch die deutsche Regierung den Nalgesellschaften gegenüber gewesen zu sein. Der Zentral- nischen Seengesellschaft,., deren jetziges Kapital mit > RM. angegeben wird, ist vom Deutschen Reiche „000 RM. Schadensersatz zuerkannt worden. In frischer "erung lebt noch der erst vor kurzem aufgedeckte Fall der } afrikanischen Pflanzungsgesellschaft Victoria der Fürsten a nlohe und Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, deren 4 bis 1 Hionäre zusammen im Jahre 1924 25—30 Millionen Gold- 5 Liquidationsentschädigung erhalten haben, das ist eine 4 jhädigung von über 100% des Wertes. Entsprechend. wur- ie anderen Kameruner Gesellschaften im englischen Man- 1 ebiet entschädigt. Ein anderer Grund als ein Rückerwerb 3 nteigneten Pflanzungen kann die Herren Schlieben und zr nicht zur Zahlung dieser Unsummen bewogen haben. dem Bericht der Hamburger Bankfirma Szick & Co. ver- lie Gesellschaft bereits wieder Dividende, die sie bezeich- 'rweise in dem erwähnten Handbuch nicht angibt. Ein wirtschaftliches Interesse an diesen Zahlungen kann beim n Willen nicht vorgetäuscht werden, denn der Gesamt- *] Deutschlands mit Kamerun beträgt 7% Millionen, das ist [älfte der Summe, die der Hauptaktionär, Fürst Löwen- allein erhalten hat. Is handelspolitische Kontrahenten kommen und kamen die chen Kolonien niemals in Betracht, außer für eine kleine ht von Interessenten vom Schlage Löwensteins. ächt anders verhält es sich mit der Stichhaltigkeit des ;jen Arguments unserer Kolonialschwärmer, der Ansiede- möglichkeit, Das „Statistische Jahrbuch“ gibt über die che Bevölkerung in den Kolonien 1913 folgende Aus- ;{ Gesamt- bevölkerung‘ Ein- heimische Weiße Deutsche rika arun 7666000 2653000 [033000 105 000 7646000 2649000 1032000 90000 5336 1871 368 14830 4107 1643 320 122902 estafrika . .. juinea, 5 Irschallinseln. . linen, Samoa , tschou , .. 504 000 39000 195000 600000 35000 187000 1427 544 4477 1005 329 4256 7 vo Par > E 7 > 27 x © > Des Zn x N ER za BE BE MED a EL H en BU SE BE ne U I an DE BE We SE a A MW A aa DRS SE ee ed ten ag Se TE N HH Wa a A en N A a Se SE NA BE N EEE beat ten EEE SO MS a a Re a Ba EST ES EN Sn SE LESS _ © CE N EAN a TS X A ER ee m EB HE De en ESS KR et en CM &, Se el rt Kr ar Ze A I ten a EEE NE aan RO a nA eh Ba A SA NAT feat HE ee a A ae BR EM A wa PC FR a A ea Mr AN ana eh a ae ME A a EEE Ed a a nn SAME ee a SR a a a en Ka a ER SS EN En A WEHEN Et a er En EBEMÜRE EEE RE ee ED © Sn de ON ME mr a a Et ee as m Br Ne de En 3 G EA FE EAN A in a ARE Ha A AZ aM NE ERS Be Be RE EA ran N A A Se ER KO er a A LA EB A AR Ce SR Oh ER EL DONAU R Er MER Be zunhE A a de a a De VERA Kan HEN Er EG A EBENE TE Eh a Allen A DE A EEE RE CA RT Ba En EB DE ET NE NL " a a a KT nn EEE Et N Were a a ES MM d 5 Ed U TUN KR SE RAR he En &. ee a an SE ME Me rer eh © F ® On SE A Kr SC EEE WE EN Eden SA An ES et a SEAN SR SE ge KA NE # vr EA LE CM dm RC A au ET a a WR N DE ee EB aa a Mt CE EA Ef a a 2 CS EN RE NN A N At en ERE EEE m BEN ET E Harry eur, a, A ED a BAER WE "a 5 A EEE a a KON a ME ERST len Di Ze Hart el LU fe HE BE EC A de A aA Sa A AB © Ce © CN Ma ee KA A F eat el BEE rar a Se AA % SA a ba Re G vr ra te NEE m a SEE SE ae Er Gr . a A 5 Br A A . SE BEE ee ta N RS RUE Sm JE Aa Kal > En E A HA A EN EB a der Guten Hoffnung vollständig auf Sklavenarbeit aufgebaut war. Noch heute herrscht unter den Weißen in Südafrika die Auffassung, daß Handarbeit eine eines weißen Mannes un- würdige Tätigkeit sei. Die Farbenschranke ist hier bis zum heutigen Tage nicht überwunden. Olivier, der die Verhältnisse sehr genau aus eigener Erfahrung kennt, gibt an (Gesellschaft 1927, I, 486), daß in der Bergbauindustrie, die das wichtigste Aktivum des Staates bildet, auf zehn schwarze Arbeiter durch- schnitlich ein Weißer kommt, dessen Lohn zehnmal so hoch ist wie der des schwarzen Arbeiters. Ohvier zitiert einen sehr interessanten Bericht der „Regierungskommission für Wirt- schaft und Löhne“ aus dem Jahre 1926, in dem es heißt: „Die Löhne der weißen Bergarbeiter im Rand sind höher als in irgendeinem anderen Gebiet: der Alten Welt. Die Produzen- ten, die gezwungen sind, den weißen Arbeitern diese hohen Lohnsätze zu zahlen, können dies nur dadurch ermöglichen, daß sie zu den niedrigeren Arbeiten ausschließlich eingeborene Ar- beitskräfte verwenden . . . Die besonderen Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung der Eingeborenenarbeit vom Jahre 1911 und des Master-and-Servantgesetzes haben sozial zur Folge gehabt, daß sie das Öffentliche Gewissen gegen eine Ein- mischung in die persönliche Freiheit der Eingeborenen wie der Weißen einlullten, so daß sich allmählich das Gefühl festsetzte, der Handarbeiter gehöre, egal welche Farbe er hat, zu einer ganz anderen Gattung Mensch. Diese Bestimmungen dienen auch zur Aufrechterhaltung der Tradition, daß Handarbeit für Weiße entwürdigend sei. Ökonomisch wirken diese Gesetze da- hin, daß sie den Eingeborenen eine Besserung ihrer Lage un- möglich machen. Die Lohnsätze der industrialisierten und stammesentwur- zelten, in Städten lebenden Eingeborenen sind so niedrig, daß sie nicht zur Ernährung, Kleidung und Wohnung der Ein- geborenen ausreichen.“ Wenn in allen Kolonien die farbigen Arbeiter die rechtlosen Ausbeutungsobjekte der weißen Kapitalisten sind, so- ist in Afrika der einzige Unterschied der, daß dieser Zustand gesetz- lich sanktioniert wurde. Das wurde dadurch ermöglicht, daß die 3üdafrikanische weiße Arbeiterschaft eine Koalition mit der von General Hertzog geführten Nationalpartei schloß. Diese beiden Parteien brachten gemeinsam das „Farbenschrankengesetz‘“ zur Annahme, das den Minister für Handel und Bergbau berechtigt, die Verwendung von eingeborenen oder asiatischen Arbeitern in allen. mit Dampfkraft betriebenen Bergwerken und Industrien zu verbieten. Dieses Gesetz, das die rechtliche Handhabe für die Versklavung der einheimischen Arbeiter schafft, durch- gebracht durch die Hilfe einer Arbeiterpartei! Da wird es wirk- Baumwolle, Wolle, Rohseide, Gummi, Erdöl, Ölfrüchte usw., sind in den deutschen Kolonien so geringe Mengen erzeugt worden, daß sie für den Handel kaum in Betracht kamen. Das würde sich auch jetzt nicht ändern, da Deutschland im besten Falle die ungünstigsten Teile des tropischen Afrika zurückbe- kommen würde. Mit der Aufnahmefähigkeit deutscher Waren in den Kolonien stand es ähnlich. Der dreißigjährigen deutschen Kolonialtätigkeit ist es nicht gelungen, einen .aufnahmefähigen Markt für deutsche Erzeugnisse in den Kolonien zu schaffen. Die deutsche Ausfuhr nach den kleinen europäischen Staaten, Dänemark, Schweden, Holland, der Schweiz, betrug in der Vor- kriegszeit je das Fünf- bis Zehnfache der Ausfuhr nach sämt- lichen deutschen Kolonien. Günstige Handelsverträge mit den europäischen Staaten bedeuten also eine erheblich größere Be- lebung des deutschen Außenhandels als der Wiedererwerb von Kolonien. Die Arbeiterschaft soll für den Kolonialplan dadurch gewonnen werden, daß man ihr die Einfuhr billigerer Lebens- mittel verspricht. Schon vor dem Kriege dachten die kolonialen Handelsleute in Deutschland nicht daran, ihre Waren in Deutsch- iand zu einem billigeren Preise abzusetzen als irgendwo anders. Im Ernst wird niemand glauben, daß sich das ändern wird, so- lange die Großagrarier und Großindustriellen das Heft in Händen halten. Wie sehr die Kreise, die heute Kolonialpropaganda im „Interesse des Volkes“ machen, danach trachten, den Massen zu niederen Preisen zu verhelfen, haben sie durch ihr Verhalten in den deutsch-polnischen‘ Handelsvertragsverhandlungen be- wiesen. Die wahren Interessenten an einem Wiedererwerb deutscher Kolonien sind einige Gesellschaften und die hinter ihnen stehen- den Banken. Sehr interessantes Material darüber liefert das Koloniale Hand- und Adreßbuch, in dessen Band von 1927 nicht weniger als 76 „koloniale Erwerbsgesellschaften‘“ aufgeführt sind. Die von ihnen veröffentlichten Berichte ergeben, daß es diesen Gesellschaften trotz „Enteignung“‘‘. durch die Entente- staaten immer noch ganz gut geht. Einige Beispiele: Die Otavi- Minen- und Eisenbahngesellschaft (Sitz Berlin), hinter der die Deutsche Bank, die Diskontogesellschaft und Bleichröder stehen, teilt mit, daß im Berichtsjahr nach Abschreibungen von 142 355/14/3 Pfund Sterling und Dotierung des Reservefonds mit 8764,10 ein Reingewinn von 98 976,16 Pfund blieb, von dem eine Dividende von 11,11% ausgeschüttet werden konnte. Die „Consolidated Diamond Mines of South-West-Africa, Ltd.‘“, die die Anlagen aller vor dem Kriege in Deutsch-Südwestafrika tätig gewesenen Diamantabbaugesellschaften deutschen Rechts, auch die Bahn Lüderitz—Bogenfels und die Elektrizitätswerke Lüderitzbucht übernommen hat, gibt den Wert der übernomme- Kar der Kolonialgebiete führen muß. Die zivilisatorische Mission, auf die sich die kapitalistische Bevölkerung beruft, dient ihr nur als Deckmantel für die Eroberungs- und Ausbeutungs- gelüste. Erst die sozialistische Gesellschaft wird allen Völkern die Möglichkeit bieten, sich zur vollen Kultur zu entfalten. Die kapitalistische Kolonialpolitik, statt die Produktivkräfte zu steigern, zerstört durch Versklavung und Verelendung der Ein- geborenen wie durch mörderische, verwüstende Kriege den natürlichen Reichtum der Länder, in die sie ihre Methoden ver- pflanzt. Sie verlangsamt oder verhindert dadurch selbst die Entwicklung des Handels und des Absatzes der Industrie- produkte der zivilisierten Staaten. Der Kongreß verurteilt die barbarischen Methoden kapitalistischer Kolonisation und ver- langt im Interesse der Entfaltung der Produktivkräfte eine Poli- tik, die die friedliche kulturelle Entwicklung gewährleistet und die Bodenschätze der Erde in den Dienst der Höherentwicklung der gesamten Menschheit stellt. Er bestätigt von neuem die Resolutionen von Paris (1900) und Amsterdam (1904) über die Kolonialfrage und verwirft nochmals die jetzige Kolonisationsmethode, die, ihrem Wesen nach kapitalistisch, keinen anderen Zweck hat, als fremde Völker zu erobern und fremde Völker zu unterwerfen, um sie schamlos zum Nutzen einer verschwindenden Minderheit auszubeuten, während gleichzeitig im eigenen Lande die Lasten der Prole- tarier steigen. Als Feind jeder Ausbeutung des Menschen durch den Men- schen und als Verteidiger aller Unterdrückung ohne Unter- schied der Rasse verurteilt‘ der Kongreß diese Politik des Rau- bes und der Eroberung, die nur die schamlose Anwendung des Rechts des Stärkeren ist und das Recht der besiegten Völker mit Füßen tritt. Die Kolonialpolitik vermehrt die Gefahr kriegerischer Ver- wicklungen zwischen den koölonisierenden Staaten und steigert ihre Belastung durch Heer und Flotte. Finanziell betrachtet, sollen die Ausgaben für die Kolonien, ebenso solche, die der Imperialismus verschuldet, als auch solche, die im Interesse der ökonomischen Entwicklung der Kolonien gemacht werden, von denen getragen werden, die allein von der Ausplünderung fremder Länder Nutzen ziehen, und deren Reichtümer aus ihnen stammen. Der Kongreß erklärt schließlich, daß die sozialistischen Ab- geordneten die Pflicht haben, in allen Parlamenten unversöhnlich diese Methode der schamlosen Ausbeutung und Knechtschaft zu bekämpfen, die in allen bestehenden Kolonien herrscht. Zu diesem Zwecke haben sie für Reformen einzutreten, um das Los der Eingeborenen zu verbessern, haben sie jede Ver- wie der europäischen Arbeiterschaft, gleiche Lebensbedingungen und gleiche soziale Vor- aussetzungen — das ist der Weg, der in dem kolonialen Proletariat das Vertrauen zu der Internationale wecken und es zum Klassenbewußtsein und zur Solidarität erziehen wird. Das allein auch kann es loslösen aus jedem Zusammengehen mit den Kapitalisten des eigenen Landes, auch bei zeitweiligen gleichen Interessen: gegenüber der‘ Kapitalistenklasse des Mutterlandes, Weiter muß die sozialistische Internationale allen kolonialten Völkern ohne Unterschied ihrer „Entwicklungsstufe‘“ das un- eingeschränkte Recht auf nationale und staat- liche Selbständigkeit zuerkennen, jede Bestrebung der Selbstverwaltung fördern. Das sind durchaus keine utopischen Forderungen. Schon bevor die Arbeiterklasse in den einzelnen europäischen Staaten zur Macht gelangt ist, hat sie die Möglichkeit, sich im parla- mentarischen und außerparlamentarischen Kampf für sie einzu- setzen. Ebenso können und müssen schon heute die sozialisti- schen Parteien der einzelnen Länder die Forderungen der Na- tionalisierung des angelegten Industrie- kapitals, des Schutzes der einheimischen Bodenschätze, der Agrarreform und der Be- seitigung jedes rechtlichen Unterschiedes zwischen weißen und farbigen Arbeitern innerhalb der Kolonien vertreten. Eine der wichtigsten Forderungen aber muß sein, daß die der Internationale angeschlossenen Parteien es grund- sätzlich und unter allen Umständen ableh- nen müssen, irgendwelche kolonialen Unter- nehmungen ihrer Regierungen — handle es sich um die Eroberung neuer Kolonien oder um die Unterwerfung auf- ständischer Kolonialvölker — zu unterstützen, sei es durch die Bewilligung der dazu notwendigen Mittel oder gar durch Militärdienst. Dieser Beschluß muß bindend und ver- pflichtend sein. Jede einzelne Partei ist sich der vollen Tragweite eines solchen Beschlusses bewußt. Jede einzelne Partei weiß, daß sie einen solchen Beschluß nicht durchbrechen kann, ohne den Lebensnerv der Internationale zit berühren, ohne sie.in ihrem Bestande zu gefährden. Höchstes, letztes, einziges Ziel aber ist jeder proletarischen Partei Leben, Ausbau und Stärkung der Internationale. Ihr allein ist sie verantwortlich, sie allein darf das Gewissen sein, das ihre Handlungen kon- trolliert. Und dieses Kontrollrecht, ja die Kontrollpflicht muß sie in erhöhtem Maße ausüben. Die Internationale ist mehr als die Zusammenfassung einzelner Parteien, sie ist ein Or- 15 vorlag, das zwar noch nicht ratifiziert, aber bereits‘ von den meisten Staaten, so auch von Deutschland, anerkannt worden ist. Im $ 6 dieses Dekrets heißt es, daß die Zwangsarbeit überall dort abzuschaffen sei, wo sie zur Sklaverei oder zu sklaverei- ähnlichen Verhältnissen führt. Was darunter zu verstehen ist, wird nicht gesagt und bleibt dem Ermessen der verschiedenen Gouverneure überlassen. Weiter heißt es, daß sie nur für „all- gemeine Zwecke“ zulässig sein solle, und.da uneingeschränkt. Wo sie auch zu anderen Zwecken noch bestehe, solle man „be- strebt‘ sein, sie sukzessive abzubauen. Sie dürfe nur gegen Ent- lohnung und nicht so durchgeführt werden, daß der Arbeiter von seinem Wohnort verschleppt würde. Ein solches Dekret läßt genügend Schlüsse auf Verhältnisse zu, in denen diese Be- stimmungen noch eine „Verbesserung“ darstellen. Im übrigen aber zeigt es die Gefahren der sogenannten Demokratisierung, die hier nichts anderes bedeutet als eine gesetzliche Sanktio- nierung der Zustände, die dringend abschaffungsbedürftig sind. Ebensowenig wie die Zwangsarbeit praktisch abgeschafft ist, ist das der Fall bei der Sklaverei, obwohl die Engländer längst behaupten, daß sie in ihrem Imperium nicht. mehr besteht und eine große Anzahl von Dekreten dies verkünden. Anfang dieses Jahres wurde, mit dem entsprechenden Lärm in der englischen bürgerlichen Presse, ein Gesetz verkündet, nach dem die Sklaven in Sierra Leone befreit werden sollten. „Durch dieses. Gesetz werden 117 000 Sklaven in dem britischen Protektorat befreit, ohne daß ihre Besitzer hierfür entschädigt werden‘‘, heißt es in der Pressemeldung. „Sofort nach der Er- klärung des britischen Protektorats ist die britische Verwaltung gegen die dort allgemein verbreitete Sklaverei eingeschritten, hat aber, wahrscheinlich um die eingeborenen Häuptlinge nicht zu sehr zu reizen, die Aufrechterhaltung der Sklaverei in ihren Haushaltungen geduldet.“ Was es aber eigentlich mit dieser Sklavenbefreiung auf sich hat, geht aus den Pressemeldungen nicht hervor: In Sierra Leone sind 38% des Bodens mit.Öl- palmenplantagen bestellt, die fast ausschließlich den Lever Brothers gehören, den Inhabern der bekannten englischen „Sunlight‘“-Seifenfabrik. Dieses Riesenunternehmen, das bisher einen wesentlichen Teil seines Betriebes auf Sklavenhaltung ge- gründet hat, gibt sich in England selbst den Anschein einer „sozialen“ Unternehmung; es hat vor kurzem das System der Gewinnbeteiligung für ihre Arbeiter eingeführt. Was aus den kolonialen Arbeitern durch Sklaverei herausgepreßt wird, wird zu einem minimalen Bruchteil den Arbeitern des Kernlandes wiedergegeben, und die müssen noch „danke schön“ dafür sagen. Aber auch in jenen Palmölplantagen, in denen die Sklaverei dem Namen nach’ nicht mehr besteht, ist das Leben der Arbeiter 3 Fabian, Arbeiterschaft und Kolonialpolitik 77 Jungsozialistische Schriftenreihe Herausgegeben von der Reichsleitung der Jungsozialisten mit Unterstützung von Dr. Max Adler, Wien / Engelbert Graf Dr. Anna Siemsen 3 ; 2-8 E. Laubsche Verlagsbuchhandlung G.m.b.H. Berlin W 30 nirgends deutlicher fühlbar macht als in der stärksten Kolonial- macht der Welt, in England, berechtigt uns nicht zu der Hoff- nung, daß die Einsicht, daß die koloniale Epoche sich ihrem Ende nähert, die Kapitalistenklasse dazu bewegen wird, dieses Ende zu beschleunigen. Wir erwarten das deshalb nicht, weil dieses Ende zugleich das Ende der stärksten Stütze des Kapi- talismus bedeuten würde, Um so notwendiger aber ist es für die Arbeiterklasse der ganzen Welt, daß sie diese Zusammenhänge erkennt, Not- wendig vor allem, daß sie sich von der Illusion frei macht, daß Kolonialpolitik heute irgendwo einen Vorteil für die Arbeiter- schaft bedeuten könne. Die Ausbeutung vieler Millionen ein- geborener Proletarier rächt sich in unmittelbarer Wirkung an den proletarischen Klassengenossen der Kernländer. Damit ist die Kolonialfrage nichts anderes als ein Teil der. sozialistischen Politik überhaupt, d.h. sie ist nur lösbar durch Zusammenarbeit der sozialistischen Par- teien der ganzen Welt. Die Lösung dieser Frage liegt für den Augenblick ganz gleichmäßig im Interesse der europäischen wie der außereuropäischen Arbeiterschaft. Wir können heute nicht darüber abrechnen, welcher Teil den größeren Nutzen an der Lösung dieser Frage hat, wir haben auch innerhalb Europas kein Recht, uns etwa als die „Befreier‘‘ der Kolonialvölker hinzu- stellen. Wir haben nur zu fragen, auf welcher Seite die größere Verpflichtung liegt, diese Frage ernsthaft in Angriff zu nehmen, und die liegt zweifellos bei der europäischen Arbeiter- schaft auf Grund ihrer jahrzehntealten Tradition und Schulung. Über den Augenblick hinaus aber ist die Beendigung der kolonialen Ausbeutungspolitik untrennbar verbunden mit der Erreichung des Endziels des Sozialismus. Nicht zum erstenmal nimmt die Sozialistische Arbeiter- internationale Stellung zum Kolonialproblem. Zuletzt hat sie auf ihrem internationalen Kongreß in Stuttgart 1907. über dieses wichtige Problem eifrig diskutiert. Seitdem haben sich die Ereignisse vielfach gewandelt, aber wir können heute fest- stellen, daß es in der Richtung der von unseren Genossen dort aufgezeigten Tendenzen geschah. Der Stuttgarter Beschluß ist in seiner grundsätzlichen Einstellung heute noch unverändert richtig, ist aber leider so sehr in Vergessenheit geraten, daß an dieser Stelle noch einmal an ihn erinnert werden soll. Nach hef- tiger Debatte wurde die von der Minderheit der Kommission (Ledebour, Wurm, de la Porte, Bracke, Karski) vorgeschlagene Resolution in folgendem Wortlaut angenommen: „Der Kongreß ist der Ansicht, daß die kapitalistische Ko- lonialpolitik ihrem innersten Wesen nach zur Knechtung, Zwangsarbeit oder Ausrottung der eingeborenen Bevölkerung Beach u Deren © EEE RE A es LE ATS FE Files BEE BASE a am a EEE ERBEN EEE Eee RE En LERNTE an h A EEE kn Eee PS a A a En + BO Dr Wr KA En Zn erde = E ER GWS ORE Et EEE TR ar a N Een. vn Er dd A EI BE Er EEE a EEE DE EEE A N EEE TA tn A EEE U Rn A CAT BEE DE ent A A ae SE ZE Eee rt en EEE a Be Ar A EEE MO re BT A Ken RN NE RE EEE a KEIM pl ehe Bet En BEA WE N WDR SE N SZ Ber LE aa dd BR eh, = BE Er gen er N BED SE VA DE BEE NE Em USE re a de ER VEREIN En A SE Bde, ER. na tn Ne et ba ker va a N gar st Sa a EEE A a LE MC SE a TU WE an ZEN EA el A 2 Kr EEE a ea ED ent ll RE Ce EEE ET U ET DC U Oh MT a MAN SE Sta EBENE EEE HE BE DER DT EEE THE LE A de EAN A a MA dr PH EN tale. DT SR de ne hen Sa N ANETE an e A Een N EU SE Ed a a EA En, ® N ee ae a a a a en re Bat Te A en Er Sg ah Ba a EEG EA A a U TE EM DR DEE A ee ER A EEE Ba a er a AT Me ES Ma Ta a ES at ia A an ee a A N SEA a GA SE A CS a A U Ser a SEE a CA U N N A En SE N N A ee ee ee hd nn A en aa ge a CR WE A DC EB a a, ED ED a a re a a En Be ES a TH a aM ea A Sea en NE A A a ne dee A ED Te EEE CD DD U U Te SR ES ae EC Wr EN ERS OB a ni a da a En U A N EA Ha Et Hk A a CR Boat Ste Se a EEE SE A Mn ug RR RES Nr KT N . DS Sa En Se Ei en EEE N he ae gr Rh nen Sr GE A al EL aa RA 1 Ce UN ES a a a Sr AU A ES ee tn ee tat a ag ee ea A EEE We EEE BR De A ed N He Mn En Wr 2 ad 4 BE a era ne RE a a een a A DE en nr Sa SE U Br a ae Bf gen ge Al ar A BEE A Mn at WE N KOM ERBE EEE RE a Be RE EZ Fan A N N A ME VER EESR E EE RE WE ı: Zn. a DE a A A Ga n Cd FE En tar Di za N TU N EA A SP X DE RE EN NE 3 5 SEE EN N Ma A a re Er A En Par ae De VA N A WE BEE EB SE “ EEE CF Me ME ST a A ann ra hg her ES da Ko re ee SR gr RAR A a ES a N art FE ea ne MS SEE En EEE A A A A Leer Mk ee da a Ef Bi A CN A TE CN A En ge ee A ga Da a ag ee Er ARE EN RED RS nt CS En RE CE A FD a TA N ne Et ag a Sr A A ab a EA A A U DO A a ee a ee a en ee N AN GET Ua ER 2 EA RER br FEN E dd DU nee et N RE BT ea nr ae BE ET EEE EEE EA Tg SEAN) MET a a SEE ° EEE TE En A E . Nee ek Beh Et Pr dag A Pe EEE SEE DE a A de rt DE PR KR A A Fe BE EA Zar SE DA a En La A I De a a En Ed a Es Nm te BE eg a Ze a af N TOD A A dB a A le are Ken A EA ea he htm hi ee a a a ee en A ME ne a na en re a a ee a A EN a a a den a ge EEE Ta A En Ve z z Bag EEE ei N Ep A ganismus, in dem eigenes Leben ‚pulsiert. Darum geht es nicht an, daß sie schweigt, wenn eines ihrer Mitglieder gegen die Pflicht der internationalen Solidarität, gegen die höchste und heiligste Pflicht einer proletarischen Partei, verstößt. Wollen wir nicht papierene Resolutionen nach dem Muster der bürgerlichen Verträge fassen, so darf es nicht sein, daß eine Partei sich in die Kolonialabenteuer ihrer Regierung stürzt, wie die französische in die unselige Marokkoaffäre, und die Internationale dazu schweigt, weil es die Angelegenheit dieser Partei sei. Es gibt nicht Angelegenheiten ein- zelner Parteien, es gibt nur Verpflichtungen gegenüber jener mächtigen und umfassenden Gesamtheit von Parteien, der wir alle mit Stolz angehören. ; _ Ohne diesen Willen, ohne dieses erneute Bekenntnis ist die Kolonialfrage schlechterdings nicht zu lösen. Ja, tiefer noch muß die Internationale eingreifen in das Leben der Einzelparteien, Selbst Fragen von scheinbar nur inner- politischer Bedeutung sind nicht zu behandeln, losgelöst von der internationalen Verbundenheit. Ginge etwa die deutsche Partei in eine Regierung mit einer bürgerlichen Partei, die vor kurzem erst in ihrem Wahlaufruf die Wiedererlangung der ehemaligen deutschen Kolonien für eines ihrer vornehmsten Ziele erklärte, von dem sie niemals abgehen werde, so wäre auch das eine Frage, die die Internationale angeht. Gewiß, diese Fragen werden sich niemals durch internationale Beschlüsse regeln lassen. Aber zur Rechenschaft ziehen kann und muß die Internationale alle Parteien, sobald es ihr notwendig erscheint. Hier darf keine falsche Rücksicht gelten, man dürfe sich nicht einmischen in die Angelegenheiten anderer Staaten, Es darf für die Internationale nicht Fragen geben, die an den Landesgrenzen aufhören; es gibt nur eine Frage: die der Zukunft des Sozialis- mus.. Wenn die Internationale sich dieses Recht der Kontrolle nimmt,. dann hat sie eine Macht, die stärker ist als alle Be- schlüsse, eine moralische Macht, von deren Wirksamkeit sich jede einzelne Partei vor jeder wichtigen politischen Entschei- dung.leiten lassen wird.. Die Kolonialfrage bildet einen Prüfstein dafür, ob dieses Maß von unbedingter, von keinem anderen Gesichtspunkte als dem der Zukunft der Arbeiterklasse geleiteter, zur gegenseitigen Verantwortung bereiter Solidarität innerhalb der Internationale schon erreicht ist. Nur ihr allein kann es gelingen, die in den erwachten Völkern vereinzelt fließenden Ströme der Freiheits- bewegung zusammenzufassen zu jener letzten großen Kraft, die der Sozialismus in den um ihre Freiheit ringenden Menschen geschaffen hat. Die Aufgaben der Internationale „Gerade in jenen Ländern, in denen sich die Politik des Bürger- :ums am Vvollständigsten durchgesetzt hat, die politisch demokratischen Forderungen‘ der Arbeiterklasse in ihren sozial bedeutsamsten Forde- ungen verwirklicht sind, muß der Sozialismus als einzige Antwort auf len Imperialismus in den Vordergrund der Propaganda gerückt werden, ım die Unabhängigkeit der Arbeiterpolitik zu sichern, und ihre Über- egenheit zur Wahrung der proletarischen Interessen zu erweisen“, (Hilferding, Finanzkapiial 8, 472.) Die Frage nach der Stellungnahme der Sozialistischen Ar- beiterinternationale zum Kolonialproblem ist identisch mit der Frage der Stellung des Sozialismus zum Imperialismus. Denn es. kann heute niemand mehr ernsthaft in Zweifel ziehen, daß die moderne Kolonialpolitik — und um sie allein handelt es sich — nichts anderes’ ist als die praktische Betätigungsform des Im- perialismus in ihrer höchsten Steigerung. Es ist in diesem Rahmen natürlich ganz unmöglich, die Theorie des Imperialis- mus, die ja auch innerhalb der sozialistischen Wissenschaft durchaus keine einhellige ist, zu entwickeln. Für unseren Zweck genügt es, den oben angeführten Fundamentalsatz des jungen Hilferding zum Leitsatz der sozialistischen Politik zu machen. Aus der Einsicht, daß der. kapitalistische Expansionstrieb Le- bensbedingung der kapitalistischen Gesellschaft ist, folgt für das Proletariat die Notwendigkeit des beständigen Kampfes gegen diese Politik. Die Entwicklung des letzten Jahrzehntes hat uns auch auf diesem Gebiete bewiesen, ..daß die praktische Durchführung dieser grundsätzlichen Forderung, wie die. konsequente sozia- listische Politik überhaupt, identisch ist mit dem aktiven Ein- setzen der Kräfte der Arbeitermassen gegen jene kapitalistischen Tendenzen, die sich selbst das Grab graben. In unserem: Kampfe gegen die Kolonialpolitik finden wir heute zwei mächtige Bun- desgenossen vor: die wirtschaftliche Entwicklung drängt zu der Umwandlung der bisherigen Kolonien in wirtschaftlich unab- hängige Staaten; und zum zweiten hat diese Entwicklung schon ihren starken ideologischen Niederschlag gefunden in dem: Er- wachen der Kolonialvölker, die unsere stärksten Bundesgenossen sind, aber auch auf unsere Bundesgenossenschaft warten. „Je stärker die Durchkapitalisierung der Kolonien, desto geringer der Surplusprofit“, stellt Sternberg richtig fest. Noch sind aber die Surplusprofite, die. aus den Kolonien gezogen werden, erheblich höher als die aus der inländischen Betätigung des Kapitals folgenden. Darum halten die Kapitalisten mit zäher Energie an ihrer Kolonialpolitik fest; es besteht daher nicht die geringste Aussicht, daß die herrschende Klasse irgendeines Landes sich auf die Seite der Arbeiterschaft stellen wird. Auch die Tatsache, daß die gegenwärtige ökonomische Krise sich Arbeiterschaft und Kolonialpolitik Y n Dr. Dora ‚Fabian . x 71 ö Mair O0 a 57 al AB AN TE Ad (3 { SC Wh v AS 7. 2 J & E. Laubsche Verlagsbuchhandlung G.m.b.H. Berlin W 30 RN 8215? pas hier einen gewissen Druck auszuüben vermöchten. Wie lange dieser die Entwicklung zurückzudiämmen vermag, läßt sich heute noch nicht sagen. So viel aber ist sicher, daß wir hier erst an einem Anfang stehen und damit zu rechnen haben, daß der Prozeß sich in dieser Richtung mit Riesenschritten weiter vollziehen wird. Besonders die verhältnismäßig hohen Ein- und Ausfuhrziffern, die noch im Verkehr mit Neuseeland, Australien, Südafrika bestehen, erklären sich zum Teil aus dem Druck, den das in den Kolonien angelegte Kapital ausgeübt. Un- geachtet der geographischen Lage, die auf näher gelegene Märkte hinweist, treibt z. B. Neuseeland wenig Handel mit Australien, und Kanada noch nicht ausschließlich mit den Ver- einigten Staaten. Hier muß die wirtschaftliche Vernunft wieder den Kapitalinteressen weichen; nicht der kurze Handelsweg und die billigen Kommunikationen werden gewählt, sondern die Waren legen den langen und sie verteuernden Weg zurück, weil be- stimmte Kapitalistengruppen es befehlen. Dazu kommt, daß die Kolonien sich mit hohen Zollmauern auch gegenüber dem eigenen Mutterland umgeben haben. Schon in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts gehörten in den australischen und kanadischen Häfen Zölle, die bis zu 40% des Wertes ausmachten, durchaus nicht zu den Seltenheiten, Seither haben die Kolonien keine größere Bereitwilligkeit gezeigt, ihre aufstrebenden In- dustrien dem Mutterlande zum Opfer zu bringen. Selbst in einem so ausgedehnten Kolonialreich wie England konnte der Autarkiegedanke als Begründung der Kolonialpolitik in der Zeit der zunehmenden weltwirtschaftlichen Verflechtung nicht standhalten. Die einzigen Rohstoffe, die das englische Weltreich in der Höhe seines Eigenbedarfs und darüber hinaus erzeugt, sind Kohle und Jute. Bei allen anderen Stoffen ist das Reich auf Einfuhr angewiesen, Es erzeugt in Prozent seines Be- darfs: Eisenerz 67, Zinn 60, Blei 25, Petrol 3; Wolle 80, Baum- wolle 25, Seide 3, Gummi 75; Fleisch 70, Gerste 30, Reis 60, Ge- treide (insgesamt) 50, Kaffee 11, Früchte 10, Zucker 6, Tabak 6, Mais 5, um nur die wichtigsten Nahrungs-, Genuß- und Ge- brauchsmittel zu nennen. So bleibt das mächtigste und aus- gedehnteste Kolonialreich als ganzes doch in starkem Maße angewiesen auf die Einfuhr aus dem Ausland. Eine Gesamt- übersicht über den englischen Außenhändel nach den verschie- denen Ländern ergibt, daß er in den Dominions nur in Ägypten, außerdem im Sudan und in Nigerien gestiegen ist. Hier geht die Zunahme parallel mit dem Ausfall des deutschen Außenhandels. Gesunken ist der relative Anteil Englands besonders in Britisch- Indien, Ceylon, den Straits Settlements, Kanada und Südafrika, in jenen Teilen also, in denen die Industrialisierung und Kapi- talisierung stark zugenommen hat. Dazu kommen politische Schwierigkeiten. Im Osten Kanadas z. B., in der englisch sprechenden Provinz Ontario, die sich durch die Nähe des französisch-kanadischen Quebec gefähr- det glaubt, besteht die starke Tendenz, die Einwanderung aus Kontinentaleuropa zu beschränken. Ehe wir uns überhaupt für die Auswanderung europäischer Arbeiter nach überseeischen Ländern einsetzen können, müßten zuvor eine Reihe von Sicherungen getroffen werden, die ver- hindern, daß die Auswanderung sich als wohlrentierendes kapita- listisches‘: Geschäft, als eine Art „Kulturdünger‘“ entwickelt. Und dabei ist es nun außerdem völlig gleichgültig, ob es sich um „eigene‘ Kolonien oder um fremde selbständige Staaten han- delt. Diese Gefahr besteht in beiden gleichmäßig. Die Arbeiter- bewegung darf niemals der Tatsache Vorschub leisten, daß der Arbeiter, der aus dem kapitalistischen Mutterland auswandert, um sich dem einheimischen Druck zu entziehen, im Ausland erst recht als Kuli und Streikbrecher wirkt, anstatt als Keimzelle des revolutionären Zusammenschlusses und der politischen Auf- klärung unter den überseeischen Arbeitern. Wenn die Möglich- keit zur Auswanderung größerer Massen europäischer Arbeiter überhaupt bestände, so wäre es zunächst Aufgabe der Gewerk- schafts- und der Sozialistischen Arbeiter-Internationale; Siche- rungen zu schaffen, daß die auswandernde Arbeiterschaft nicht nach der Art des „Deutschtums im Ausland“ zum Hindernis des proletarischen Freiheitskampfes wird. Die handels= und wirtschaftspolitische Bedeutung der Kolonien In dem Maße wie die Arbeitskolonien an Bedeutung zurück- gehen, verlieren die kolonialen Gebiete an Wert für die Aus- wanderung der europäischen Arbeiterschaft. In der zweiten kolonialen Periode sieht die europäische Wirtschaft den Wert der Kolonien in der Einfuhr der Rohstoffe und. in der Ausfuhr der europäischen Fertigfabrikate. Dieser Kreislauf hat besonders der englischen Industrie beträchtliche Profite eingebracht. Da- von haben wir aber scharf zu scheiden den Nutzen, den diese in- dustrielle Entwicklung der Arbeiterschaft des Mutterlandes ge- bracht hat, und ferner zu untersuchen, ob für die Dauer die industrielle Entwicklung des Landes dadurch wirklich gefördert worden ist. Die Ausfuhr heimischer Industrieerzeugnisse nach den Kolonien hat zu keiner Zeit das qualitative Niveau der einhei- Aus den vorstehend kurz gekennzeichneten grundlegenden weltwirtschaftlichen Wandlungen ergibt sich, daß die Kolonien und auch die Gebiete, die, wie China, nicht in unmittelbarer politischer, aber doch in starker wirtschaftlicher Abhängigkeit von England stehen, ihre Rolle als Absatzmärkte für die einheimischen industriellen Erzeugnisse und als Bezugsländer für Rohstoffe wenn noch nicht ausgespielt, so doch sostarkeingeschränkt haben, daß also heute von einer Notwendigkeit kolonialer Betätigung aus diesen Gründen nicht mehr ernsthaft die Rede sein kann. Darüber hinaus aber wirken sich die Kolonien besonders für die englische Arbeiterschaft als wesentliche Hemmnisse für einen Aufstieg aus, da sie die industrielle Reservearmee des Mutter- landes vergrößern. Der Rückgang in der englischen Textil- industrie geht unmittelbar parallel der Entwicklung der Textil- industrie in den Kolonien. Die Weltproduktion an Jute, für die Indien das Monopol hat, betrug im Durchschnitt der letzten Jahre 10 Millionen Ballen. Von diesen gehen heute 7 Millionen an die indischen Spinnereien nach Kalkutta, eine Million nach England, eine nach Deutschland, eine halbe nach den Vereinigten Staaten. Von 1910 bis 1925 hat sich die Zahl der Jutespindeln in Kalkutta von 335 000 auf I 020 000 erhöht, die Zahl der Jutewebstühle von 16200 auf. 48 500. Während dieser Zeit hat sich die Zahl der beschäftigten Arbeiter verdreifacht, das investierte Kapital aber vervierfacht. Im Laufe dieser Periode ist in Lancashire, wo sich ein Drittel der Spindeln der Welt befindet, der Export auf 59% der Vorkriegszeit gesunken. Die Ausfuhr an fertigen Baumwollwaren aus England hat sich folgendermaßen entwickelt (in Millionen square yards): 1913 1920 1921 1022 1923 1024 1025 1926 1027 7975 4425 2002 4182 4140 4444 4434 3834 4118 Während der Weltverbrauch an Baumwolle von 23 auf 24,7 Millionen Ballen gestiegen ist, ist der englische Anteil in der angegebenen Weise gesunken. Es kann sich also nicht um eine vorübergehende Erscheinung handeln, sondern um eine Entwicklung der kolonialen Staaten, die beweist, daß das Ende der kolonialen Epoche immer näher heranrückt. Lancashires Hauptlieferant ist heute nicht mehr Indien, an seine Stelle ist Amerika getreten. Es werden jährlich 120000 Ballen indischer, aber 2000000 Ballen amerikanischer Baumwolle in Lancashire verarbeitet. Die indischen Qualitäten sind geringer, der Trans- port von Amerika billiger. Hier hat die Kapitalmacht nicht mehr genug Einfluß gehabt, diesen Weg zu versperren. Indien aber versorgt heute Japan. Zudem ist der indische Eigenver- 2 Fabian, Arbeiterschaft und Kolonialpolitik 1” Alle Rechte, besonders das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten Copyright 1928 by E. Laubsche Verlagsbuchhandlung G.m.b.H., Berlin W 30 Gedruckt bei Herrose & Ziemsen GmbH., Wittenberg (Bez, Halle) praktisch von dem eines Sklaven nicht unterschieden. Diese Gesellschaft, der auch fast alle Pflanzungen in Belgisch-Kongo gehören, wo eine Stadt nach. ihr. „Leverhulm“, der Hauptaus- fuhrhafen für Palmöl „Sunlight‘“ heißt, zahlt nach den amtlichen Veröffentlichungen in Belgisch-Kongo ihren Arbeitern einen Durchschnittswochenlohn von 2 belgischen Francs und. „Ver- köstigung‘“. Diese besteht aus % kg Reis, 100 g geräuchertem Fisch und 10 g Salz. In dem Inneren des Landes, in Ifik, er- halten die Plantagenarbeiter nur 2 Francs ohne jede Verkösti- gung. Die Zahl der Arbeiter der „Huileries de Congo belge“, die unter diesen Bedingungen leben, beträgt. 20 000—30 000. Bisher hat keine belgische Regierung und kein belgischer Außenminister hier. Wandel geschaffen! Trotz allem aber läßt sich die Unabhängigkeitsbewegung der Eingeborenen nicht mehr aufhalten, und alle Versuche, gegen sie vorzugehen, müssen scheitern. Das Stadium, in dem men- schenfreundliche Europäer mit den armen unglücklichen Far- bigen Mitleid haben mußten und ihnen helfen wollten, ist vorbei. Die Eingeborenen haben längst bewiesen, daß das Recht auf ihrer Seite ist, und daß sie den ernsten Willen-und die Kraft haben, dem Recht zum Siege zu verhelfen. Es handelt sich für Europa heute nicht mehr um Mitleid, sondern um ein Partei- ergreifen nicht allein für die Sache eines moralischen Rechts, sondern für das historische Recht und den geschichtlichen Fort- schritt. Es sollte uns zu denken geben, wenn ein so nüchterner und gründlicher Sachkenner wie Haushofer („Zeitschrift für Geopolitik‘“ IV, 22), sagt: „Eine so verlogene, nur.im Augenblick verschleierte Gewalt- politik wie sie Innereuropa gegenüber noch angewendet wird, würde sich im indopazifischen Raum zur Zeit nicht einmal in den nach der alten Kolonialmethode noch verwalteten Gebieten durchführen lassen, so in Indochina, Insulinde oder einzelnen Kronkolonien, ohne daß man Aufstände oder Streik- und Boykottbewegungen in Kauf nehmen müßte, die bei der Arbeits- losigkeit der Industriestaaten gefährliche Rückschläge in der Heimat üben würden.‘ Die Bürgerlichen rechnen mit der Be- wegung der Eingeborenen und der Aktion des europäischen Proletariats als mit einer historisch notwendigen ‘Tatsache. Sollen wir ihre Rechnung täuschen? Braucht Deutschland Kolonien? Daß in dem heutigen Stadium der weltkapitalistischen Ent- wicklung die .Kolonialpolitik nichts sein kann als eine Profit- Inhaltsverzeichnis Seite Vorbemerkung Kolonien als Einwanderungsgebiete Die handels- und wirtschaftspolitische Bedeutung der Kolonien 2... Das Eingeborenenproblem Braucht Deutschland Kolonien; Die Aufgaben der Internationale Literaturangaben. .. . 5 10 z4 34 140 18 Leider wird heute, auch in sozialistischen Kreisen, mit der Auswanderungspropaganda ein ziemlich gewissenloses Spiel getrieben. Selbst dünn besiedelte Länder, die reichlich Arbeits- gelegenheiten bieten, sind durchaus nicht immer ein absolut brauchbares Siedlungsland für europäische Arbeiter. In Kanada z. B., wo weite Strecken fruchtbaren Landes brach liegen, hat sich, wie auf der Konferenz der kanadischen Premierminister in Ottawa im November vorigen Jahres hervorgehoben wurde; die Einwanderungspraxis häufig der Regierungskontrolle ent- zogen und ist von den wirtschaftlichen Privatinteressen der Transportgesellschaften dirigiert worden, mit dem Erfolg, daß zeitweise Überlastung des Arbeitsmarktes eingetreten ist; der Einwanderungsminister selbst gab auf der genannten Konferenz zu, daß die Gesellschaften es an der „nötigen Sorgfalt in der Auswahl. und Unterbringung der Einwanderer haben fehlen lassen‘. . Das heißt mit anderen Worten, daß auch in den dünn besiedelten überseeischen Gebieten die privatkapitalistischen Gesellschaften ein Interesse:daran haben, sich eine industrielle Reservearmee zu schaffen. Innerhalb des kapitalistischen Systems ist der auswandernde Arbeiter nicht davor geschützt, Ausbeutungsobjekt von Agenten und Spekulanten zu werden und „als Versuchskaninchen zur Erprobung phantastischer Siedlungsprojekte unreifer Wirtschaftstheoretiker zu dienen“, wie selbst die „Frankfurter Zeitung“ nach den Erfahrungen in Kanada befürchtet. Um so unverständlicher, daß Sozialisten und Gewerkschaftsführer mit Hilfe der Auswanderung in kolo- niale Gebiete, die Deutschland „zurückerobern‘“ müsse, die soziale Frage lösen wollen. Sie bedenken offenbar auch gar nicht, daß sich der auswan- dernde Arbeiter völlig anderen wirtschaftlichen Bedingungen gegenüber befindet, als er sie aus der Heimat kennt, und daß er sich ihnen häufig nicht anzupassen vermag. Auch hier sei wie- der auf Kanada verwiesen, wo nach den vorliegenden Berichten auf zahlreichen Farmen verrostete. landwirtschaftliche Ma- schinen und Geräte gefunden wurden, die Enttäuschte, die den Mut verloren und ihre Felder im Stich gelassen haben, dort zu- rückließen. Ungeheuere Summen von Arbeitskraft und Ver- mögenswerten sind dort auf diese Weise nutzlos vergeudet worden. Auch die Siedlungsfrag e ist keineswegs so einfach zu lösen, wie es häufig in der Agitation dargestellt wird. Die so- genannten „Genossenschaftssiedlungen“ sind nach. übereinstim- menden Urteilen aller Sachkenner nur möglich, wenn „die Mit- glieder der Siedlung durch größtmögliche Primitivität der über- kommenen Wirtschaftsformen gewohnt sind, keinerlei Ansprüche auf einen gewissen Standard des Lebens zu erheben“. Kapitalausfuhr. Aber auch diese Beziehung beginnt sich zu lockern. Das Kapital des Mutterlandes kämpft um die Anlage in den eigenen Kolonien heute genau so mit der Konkurrenz der ausländischen Kapitalmacht wie um jedes andere Gebiet. Besondere Aktualität erlangten in den letzten Monaten die Vorgänge in Ägypten. Aber die wirtschaftlichen Ursachen liegen weit zurück. Als zu Beginn des Krieges der Kurs für ägyptische Baum- wolle enorm sank, hat das Mutterland nichts dagegen getan, sondern die Konjunktur ausgenutzt und zu sehr billigen Preisen Baumwolle gekauft. Als 1917 die Preise wieder anzogen, ist die englische Regierung selbst als Käufer auf dem Baumwoll- markt aufgetreten und hat die gesamte Ernte weit unter Preis aufgekauft. Dadurch konnte sich die Industrie noch einige Zeit über Wasser halten, aber diese Möglichkeiten bestehen heute nicht mehr, seitdem die überseeischen Länder beginnen, sich zu schützen. So hat Ägypten seinen Baumwollanbau stark um- gestellt; es hat die Spezialisierung seiner Landwirtschaft auf Baumwolle beseitigt, indem es für ein Drittel seines Bodens deren Anbau verboten hat. Im Jahre 1924 gab der Mord an dem englischen Oberbefehls- haber den Engländern den Vorwand zu dem entscheidenden Schlag, Der Sudan wurde dem bisherigen Mitbestimmungsrecht der Ägypter entzogen und die riesige Baumwollplantage in ein englisches Baumwollmonopol umgewandelt, Durch das Preis- diktat wurden vor allem die kleinen Baumwollzüchter vernich- tet. Schließlich gelang es England, mit Hilfe der ägyptischen Koalitionsregierung von Liberalen und Zaghlulisten, einen Vertrag durchzusetzen, der. Ägypten vollends. dem eng- lischen Baumwollkonzern ausliefert. Die australische Industrie stellt zwar noch keine ernsthafte Konkurrenz auf dem Weltmarkt dar, ihren eigenen Markt aber hat sie zu einem guten Teil erobert und von der Einfuhr der Industrieerzeugnisse des Mutterlandes unabhängig gemacht. Die Eisenindustrie erzeugte schon 1918 über 150000 t Schienen, Stahlplatten und Stahldraht; Spinnereien und Webe- reien wurden erst vor kurzem in größerem Stile errichtet. Australien selbst zeigt heute schon durchaus offen imperia- listische Bestrebungen. Es sucht den Seeweg nach dem Panama- kanal und gibt deutlich zu erkennen, daß es. Interesse an den Hebriden hat. Die Fidschi-Inseln, die offiziell als Kronkolonie gelten, sind in Wirklichkeit ein Teil des australischen Dominions. Seine Stellung hat sich weiter dadurch verstärkt, daß es Neu- Guinea, den Bismarckarchipel und die Salomoninseln als Mandat des Völkerbundes erhalten hat und dadurch. zum Hauptprodu- zenten von Kopra in den Südmeeren geworden ist. andersetzen wollen, so können wir genau das Gegenteil konsta- tieren. Wenn Deutschlands Ansehen im Ausland und gerade bei der Eingeborenenbevölkerung der außereuropäischen Erdteile nach dem Kriege gestiegen ist, so ist das sicherste Mittel, dies wieder zunichte zu machen, neue Macht- und Gewaltpolitik. Wiedererwerb von Kolonien oder Übernahme eines Kolonial- mandats durch Deutschland würde uns notwendig in Konflikte führen mit den anderen Kolonialmächten einerseits, mit der auf- ständischen kolonialen Bevölkerung andererseits. Durch Rü- stungen, Flottenstationen, eine „Schutztruppe“, die wir brauchen würden, um uns vor etwaigen Aufständen der Eingeborenen zu schützen, würde unser Etat weiter belastet werden. Außerdem würde ein Mandat heute, gehau wie unsere Kolonien vor dem Kriege, Zuschüsse erfordern. Nach dem Bericht der Mandats- kommission des Völkerbundes erfordert selbst das japanische Südseemandat Jährlich rund 3 Millionen Jen Zuschüsse. Sozia- listische Politik aber kann es niemals sein, zu den bisher schon bestehenden ungeheueren Rüstungsausgaben, die der deutsche Steuerzahler aufbringen muß, neue zu häufen. Aufgabe der sozialistischen Politik muß es vielmehr sein, den kolonialen Be- strebungen energisch entgegenzutreten. Der kolonialen Propa- ganda sind auch schon ernsthafte wissenschaftliche Organe und wichtige Wirtschaftsinstitutionen zum Opfer gefallen. So spricht z. B. der Hamburger Handelskammerbericht vom Jahre 1925 von der „nationalen Ehre‘, die von uns die Übernahme eines Kolonialmandats verlange, und in der „Zeitschrift für Geopolitik“ (IV, ı) schreibt Hermann Becker: „Schon die Übertragung eines mageren Kolonialmandats aus der Hand. des Völkerbundes an Deutschland könnte von höchstem wirtschaftlichen Nutzen für uns werden, da sie die Kolonialschuldlüge ad absurdum führen würde.“ Hier wird also der Prestigestandpunkt auf ganz un- erklärliche Weise mit der Frage der Wirtschaftlichkeit ver- quickt. Wenn Deutschland wirklich sein „Prestige“ wahren will, so begibt es sich nicht in neue imperialistische Abenteuer, so be- ginnt es vor allem nicht von neuem eine Politik, die auf Grund der ganzen wirtschaftlichen Entwicklung bereits ad absurdum geführt ist, so stellt es sich nicht gegen die erwachenden, um ihre Freiheit ringenden Völker des Ostens, sondern fördert ihren Kampf im Bunde mit wirtschaftlichem Fortschritt und wirt- schaftlicher Vernunft. Vorbemerkung Das Erwachen der farbigen Völker, ihre Aufstände in allen Teilen der Welt, die brutale Gewalt und Verständnislosigkeit, mit der die kapitalistischen Regierungen gegen sie vorgehen, die dadurch heraufbeschworenen Kriegsgefahren haben die Kolo- nialfrage von neuem in den Mittelpunkt des welthistorischen Geschehens gerückt. Deshalb hat die Sozialistische Arbeiterinternationale das Ko- lonialproblem auf die Tagesordnung ihres diesjährigen Kon- gresses in Brüssel gesetzt. Die Kolonialpolitik ist eines der wichtigsten Mittel der herr- schenden Klasse zur Aufrechterhaltung ihrer Macht; auf der heutigen Stufe der wirtschaftlichen Entwicklung ist der Im- perialismus, dessen politische Ausdrucksform die Kolonialpolitik ist, identisch mit dem Kapitalismus. Sie ist seine „jüngste Etappe‘, Darum bedeutet Kampf gegen den Kapitalismus Kampf gegen Imperialismus und Kolonialpolitik. Sie wirkt sich nicht nur gegen die Kolonialvölker, sondern ebenfalls gegen die Ar- beiterschaft der Kernstaaten aus. Der politische Tageskampf macht vielen, die mit Spannung auf die Debatten in Brüssel und auf die Beschlüsse der Arbeiter- internationale warten, eine Beschäftigung mit den räumlich ferner gelegenen Fragen unmöglich. Sie mit einigen Grundtat- sachen der kolonialen Entwicklung der letzten Jahrzehnte be- kannt zu machen, ist die Absicht dieser kleinen Schrift. Die grundsätzliche Einstellung des Sozialismus zur Kolonial- politik ausführlich darzulegen und zu begründen, hätte ihren Rahmen überschritten. Darauf konnte um so eher verzichtet werden, als Karl Kautskys Schrift „Sozialismus und Kolo- nialpolitik“ in ihren grundsätzlichen Teilen noch heute volle Gültigkeit beanspruchen darf. Aber es war nicht möglich, diese Betrachtung allein auf die Kolonien im eigentlichen, rechtlichen Sinne zu beschränken. Ist für uns kapitalistische Kolonialpolitik auf ein falsches Pferd gesetzt haben. Warum sollen wir dazu bei- tragen, billige und zahlreiche Konkurrenten für unsere Kinder und Kindeskinder aufkommen zu lassen?‘ Gemeint ist damit nichts anderes als: warum sollen die Eingeborenen durch ihre billige Arbeitskraft und die dadurch erzielten billigeren Preise selbst den Nutzen für ihre Arbeit haben, anstatt ihn wie bisher denen zu überlassen, für die die farbigen Arbeiter nützliche Profitschaffer gewesen sind? Nur solange die billige Arbeits- kraft abhängig ist von der Kapitalkraft der Weißen, wirkt sie sich in dem Sinne der Profitwirtschaft aus. In dem Augenblick, da sie selbständig zu werden beginnt, wird sie zu einer ernsten Gefahr für die Interessen der Kapitalisten. Als von 1926 auf t927 die Ausheute der südafrikanischen Diamantindustrie sich nahezu verdoppelte (von 4 auf 7 Millionen), wurde, nachdem durch das Überangebot die Preise stark zurückgegangen waren, ein Beschränkungsgesetz (Precious Stone Bill) eingebracht. Hätten die Eingeborenen selbst das Verfügungsrecht über ihre Arbeit und das Produkt ihrer Arbeit, so entstände dem euro- päischen Kapitalismus eine gefährliche Konkurrenz; so aber ist es möglich, den Überfluß an volkswirtschaftlichen Gütern, der bei anderer Anwendung und Verteilung, die Lebenshaltung breitester. Schichten heben könnte, im Interesse einiger abzu- drosseln. Durch die Ausnutzung der Arbeitskraft der ein- geborenen Arbeiter können hier noch ungeahnte Werte er- schlossen werden. Aber noch steht der Kampf um die Aus- nutzung dieser Güter in seiner ersten Phase. In den letzten Jahren sind große neue Produktionsanlagen geschaffen worden. Zu der alten Union Steel Corporation von 1912 sind 1920 die South African Iron and Steel Corporation in Pretoria und die Newcastle Iron and Steel Works:in Natal getreten. Im. Juli 1927 wurde im Parlament über die Errichtung eines großen staatlichen Eisen- und Stahlwerks beraten. Der jährliche Ver- 5rauch an Eisen und Stahl beträgt in Südafrika (ohne Maschinen) jährlich zur Zeit rund 370 000 t. Da die jährliche Inlandproduk- tion gegenwärtig nur etwa 50 000 t beträgt, ist der Absatz ge- sichert... Die „Los vom Abendland-Bewegung‘‘ macht Fort- schritte. Der Augenblick, da die eingeborenen Arbeiter ihre Rechte sichern könnten, rückt heran. Für sie kommt jetzt alles darauf an, daß der Sieg über das englische Kapital für sie nicht mit einer Unterwerfung unter die Herrschaft des sich neu ent- wickelnden einheimischen Kapitalismus verbunden ist. Hier liegen die Aufgaben für die Internationale. . Freilich, heute genügen nicht mehr Aufrufe, nicht der gute Wille allein. Es gilt, die wirtschaftlichen Tatsachen zu erkennen und überall dort mit der Arbeit einzusetzen, wo die ökonomische Entwick- ung selbstden Eingeborenen schon Angriffsmöglichkeiten bietet. klaren Klassenkampffront, aber die indische Arbeiterklasse findet in ihrem Kampfe heute keinen anderen aufrechten Bun- desgenossen als das Weltproletariat. Sie ist besonders auf diese Bundesgenossenschaft angewiesen, da die‘ Jahrhunderte ‚alte Tradition der Stabilität des Produktionsprozesses und damit der Ideologie ein außerordentlich großes Hemmnis des erwachenden Klassenbewußtseins und der Erstarkung der eigenen Kampfes- front ist. Die gleiche Tendenz der wirtschaftlichen Lostrennung vom Mutterlande macht sich in den letzten Jahren mit der fort- schreitenden Industrialisierung und Kapitalisierung auch in Kanada geltend, das ja, wie bereits erwähnt, schon durch seine geographische Lage stärker auf die Vereinigten Staaten als auf England hingewiesen ist. Kanada selbst fühlt sich heute nicht mehr als Kolonie, es hat hingegen selbst koloniale Be- dürfnisse. Es tendiert nach den Antillen, nach Südafrika, nach den Inseln des Stillen Ozeans. Die kanadische Industrie geht heute ihre eigenen Wege, in- dem sie begonnen hat, mit eigenem Kapital Fabriken zu grün- den, deren Gewinne in den Händen der eigenen Kapitalisten bleiben, anstatt nach dem Mutterlande zu fließen. Die Eisen- gruben von Bell Island gehören einer kanadischen großen Schiff- baugesellschaft in Halifax; die Fabriken in Quebec, die für die Ausfuhr arbeiten, erhalten den größten Teil ihrer Aufträge von Australien, das nicht mehr, wie früher, seinen Bedarf aus den industriellen Erzeugnissen des Mutterlandes deckt. Auch seine eigenen Bedürfnisse befriedigt das Land in. steigendem Umfange selbst: während es 1913 73% seines Bedarfs an Baum- wollwaren aus dem Mutterlande bezog, deckte es 1919 60% selbst. Im Jahre 1921 wurde mit eigenem Kapital in Ontario eine große Leinenfabrik errichtet, die den einheimischen Flachs verarbeitet. Die großen kanadischen Handelsunternehmungen. gehören, soweit sie nicht in den Händen der einheimischen Kapialisten sind, nicht Engländern, sondern Amerikanern. Die Eigentümer der Goldgruben Neuschottlands, der Kohlenbergwerke ‚und Wälder Britisch-Kolumbiens sitzen nicht in London, sondern in New York. Demangeon gibt die Gesamtsumme der in Kanada untergebrachten amerikanischen Anleihen mit 524 Millionen, das insgesamt in Kanada untergebrachte amerikanische Kapital mit ı250 Millionen und die jährlich nach Amerika gezahlten Zinsen mit 75 Millionen an. Seitdem die unmittelbaren und monopolistischen Handels- beziehungen zwischen Mutterland und Kolonien in der alten Form nicht mehr bestehen, ist das letzte direkte Band, dessen Vorherrschen die dritte koloniale Epoche kennzeichnet, die der A Maße Rohstoffe für seine eigenen Industrien ein, deckt seinen Bedarf an Fertigwaren zu einem viel größeren Teile selbst und verstärkt damit die industrielle Reservearmee der englischen Ar- beiterschaft.. Besonders deutlich zeigt sich das auf dem Kunst- seidenmarkt. Die Einfuhr an Kunstseidengarnen nach Britisch- Ostindien ist gestiegen, die an Kunstseiden-Fertigfabrikaten zu- rückgegangen. Sie betrug: 1923/24 1924/25 1925/26 Kunstseidengarne (lbs). . 406000 I 150 000 2 700 000 Fertigfabrikate (yards). . ? 17000000 15000 000 Dazu kommt als erschwerender Umstand für die englische Arbeiterschaft die Konkurrenz. Italiens und die Tatsache, daß eine Reihe von Ländern, die bisher als „reine‘ Verbraucher, als Abnehmer aufgetreten sind, jetzt selbst zur Gründung von Kunstseidenfabriken geschritten sind. So Spanien, Rumänien, Polen, Rußland, Lettland, Brasilien und China. Die italienische Konkurrenz in Ostindien ist vor allem darauf zurückzuführen, daß die italienischen Waren durch die viel niedrigeren Löhne und die geringeren sozialen Lasten in Italien als Schmutzkonkurrenz auftreten. Die Einfuhr englischer Waren nach Indien ist in fol- gendem Maße durch Italien verdrängt worden. Einfuhr nach Britisch-Ostindien: 1923/24 Garne aus England (lbs) . . . 225000 Garne aus Italien, ..... 77000 Fertigwaren aus England (yards) Fertigprodukte aus Italien . 1924/25 800000 392000 800000 500000 1925/26 760000 { 300000 600000 500000 Dieses Beispiel zeigt deutlich, daß es eine Illusion ist, anzu- nehmen, daß die Arbeiterschaft des Mutterlandes an kolonialer Betätigung ein Interesse haben könnte. Im Gegenteil erweist das Beispiel des faschistischen Italien, daß ökonomischer und poli- tischer Druck auf die einheimische Arbeiterschaft einer „erfolg- reichen‘ Kolonialpolitik Vorschub leisten. So ist nicht nur in Ostindien, sondern auch in. Südafrika Italien heute Englands Konkurrent, Die handelspolitischen .Verbindungen zwischen Italien und der Südafrikanischen Union waren vor dem Kriege so gering, daß diese Zahlen in den offiziellen Veröffentlichungen keine Aufnahme gefunden haben. 1920 dagegen betrug die Ein- fuhr nach Südafrika aus Italien bereits 383 000 Pfund, 1925 600 000. Und zwar handelt es sich hier in erster Linie um Fertig- waren, Baumwollfabrikate, Automobile und Maschinen. Die Ausfuhr von Südafrika nach Italien — Wolle, Häute, Felle, Weizen, Mais, Asbest — ist von 1920 bis 1925 von 197 000 auf I 000 000 Pfund gestiegen. Diese Entwicklung hat bereits zu Insgesamt bevölkerten 1913 die deutschen Kolonien 23 952 Deutsche, eine Zahl, die bevölkerungspolitisch überhaupt keine Rolle spielt und von der überdies noch die Zahl 5000 der Schutz- truppen abzuziehen ist. Wie wenig diese Zahl bedeutet, ergibt sich weiter daraus, daß von den 32 Millionen Auslanddeutschen vor dem Kriege rund ı4 Millionen auf die überseeischen Länder entfielen. Auswanderungsziel waren trotz der umfangreichen und kostspieligen Kolonialpropaganda nicht die afrikanischen Sandwüsten, sondern die amerikanischen Industriegebiete. Im Ernst kann heute niemand behaupten, daß die Verhältnisse sich etwa ändern würden, wenn wir die ehemaligen deutschen Ko- lonien zurückerhielten, Erforderten sie bereits vor dem Kriege Zuschüsse aus Reichsmitteln von insgesamt etwa einer halben Milliarde, so besteht kein Grund, anzunehmen, daß sich das ge- ändert haben sollte. Nicht einmal zur Kapitalinvestition konn- ten die deutschen Kolonien vor dem Kriege in irgendwie wesent- lichem Maße herangezogen werden. Das gesamte in den Kolo- nien angelegte Kapital betrug 1913 370 Millionen bei einem Gesamtauslandskapital von etwa 40 Milliarden. Und’ die Rolle des „Kulturbringers‘“ schließlich — mit der Nilpferdpeitsche — ist eine Mission, die wir den Kolonial- offizieren vom Schlage Lettow-Vorbecks nicht ein zweites Mal übertragen möchten. Mit aller Deutlichkeit und Entschiedenheit muß sich die deutsche Sozialdemokratie gegen koloniale Unternehmungen aller Art — sei es nun in der offenen Form der Kolonie oder der verschleierten des Kolonialmandats — zur. Wehr setzen. Das ist bisher leider nicht mit der notwendigen Klarheit geschehen. Es ist eine durchaus zweideutige und unklare Formulierung, wenn der außenpolitische Redner der Sozialdemokratie, Genosse Breitscheid, in der Reichstagsdebatte vom 24. Juni 1927 sich zwar gegen eine „aktive Kolonialpolitik‘“ aussprach, aber das „Recht der Betätigung des Deutschtums in der ganzen Welt forderte“. Was darunter zu verstehen ist, ist um so unklarer, als in der- selben Rede ausdrücklich betont wurde, daß die Minderheiten- frage für Deutschland kaum eine Rolle spiele, und die nationalen Minderheiten sich heute „nicht beklagen könnten“, Um was also geht es? Rest1ose Klarheit ist in dieser Frage, in der wir uns in absoluter Gegnerschaft zu sämtlichen bürgerlichen Parteien befinden, eine besonders drin- gende Notwendigkeit! Schließlich bleibt von allen Argumenten der Kolonialpoli- tiker in Deutschland nur noch .das letzte: das „Prestige“ Deutschlands. Für sozialistische Politik dürften solche Gefühls- momente einen politisch ernsthaft zu wertenden Faktor über- haupt nicht darstellen. Aber wenn wir uns schon damit ausein- Ein erheblicher Teil aller Kolonien hat heute bereits den Weg zurückgelegt, der von der Arbeitskolonie über das Roh- stoffausfuhr- und Fertigwareneinfuhrgebiet zum selbständigen kapitalistischen Land mit imperialistischen Tendenzen führt. Diese ökonomische Entwicklung, die zur Aufgabe des Kolonial- systems drängt, hat auch bereits ihren ideologischen Nieder- schlag gefunden: in der Bewegung der eingeborenen Arbeiter- schaft. Aber nicht allein das Elend der Industriearbeiterschaft und seine Rückwirkungen auf die Lage des europäischen Proletariats sind in unserem Zusammenhang beachtenswert; eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielt heute, da‘ doch noch immer der größere Teil der Bevölkerung, besonders in Asien, von der Land- wirtschaft lebt, die Agrarverfassung und die sich aus ihr ergebenden Konsequenzen für die Lage des kolonialen Land- proletariats. Die Schwierigkeiten der landwirtschaftlichen Pro- duktion resultieren vor allem aus dem System des Großgrund- besitzes mit seinem uneingeschränkten Ausbeutungssystem. Der Großgrundbesitzer ist der unumschränkte Herrscher, an den der unter den elendesten Verhältnissen lebende Bauer oft mehr als die Hälfte seines Ertrages als Pachtzins abführen muß. Die Herrschaft der europäischen Regierungen stützt sich in erster. Linie auf dieses System, und deshalb stehen sie jeder Agrarreform von vornherein feindlich gegenüber. Englands Macht in Indien z. B. beruht auf den Maharadschas, den Landes- fürsten, die sämtlich Großgrundbesitzer sind. Seit der zunehmenden Industrialisierung hat sich die Lage der Landwirtschaft weiter dadurch verschlechtert, daß die aus- ländischen Kapitalisten ihre Gelder lieber in die gewinnbringen- den Industrieanlagen stecken, als für die wichtigsten Erforder- nisse der Landwirtschaft zu sorgen. Hierzu gehörten in erster Linie Bewässerungsanlagen, da infolge der Dürre ungeheuere Landstrecken, die Millionen von Bauern Lebensunterhalt bieten könnten, brach liegen. In Syrien z. B. wird noch nicht ein Zehntel des anbaufähigen Bodens bebaut. Der Direktor des Landwirtschaftlichen Instituts, Dr. Mann, der die Agrarverhältnisse in den englischen Kolonien eingehend studiert hat, teilt mit, daß es für 81% der indischen Bauern völlig unmöglich ist, sich aus der Landwirtschaft zu ernähren. Der ägyptische Fellach muß die Hälfte seiner Ernte — vor allem Baumwolle — an den Großgrundbesitzer verkaufen. Da die Klasse der Großgrundbesitzer aber die einzige ist, die das englische Regierungssystem unterstützt, besteht hier nicht die geringste Aussicht auf Wandlung der Verhältnisse. Tee- und Zuckerpflanzungen Natals arbeiten. Trotzdem wer- den die Kolonialschwärmer nicht müde, der Arbeiterschaft immer wieder von den Arbeitsgelegenheiten in den Kolonien zu erzählen, um sie — soweit sie aus bürgerlichem Lager stammen — zur Vergrößerung ihrer Profitrate zu gewinnen, als Opfer dieser bürgerlich-kapitalistischen Propaganda und aus‘ falsch verstandenem Nationalgefühl, soweit sie leider auch in sozia- listischen Kreisen auftauchen. Wie sehr die Eingeborenen erwachen und versuchen, dem europäischen Kapitalismus Konkurrenz zu machen; können wir ebenfalls in Südafrika feststellen. In Witwatersrand waren 1913 in drei Aktiengesellschaften sämtliche Aktionäre Hindus, 1919 in 370 Gesellschaften. Viele europäische Firmen mit ihrem kostspieligen Betrieb machen bankrott. Europa geht hier zum Gegenangriff über. Ob auf die Dauer mit Erfolg, ist mehr als fraglich. 1919 wurde bereits ein Gesetz geschaffen, daß die Er- teilung weiterer Handelskonzessionen an Hindus untersagte und ihnen verbot, in Transvaal als Aktionäre von Gesellschaften oder als Hypothekengläubiger Eigentum zu erwerben. Heute noch werden die politischen Verhältnisse in Südafrika stark be- herrscht von der „de Beers Consolidated Mines Company“, die die Diamantgruben besitzt und an den Witwatersrander Gold- gruben beteiligt ist. Aber sie steht in ständiger Abwehrstellung gegenüber den Eingeborenen, die wohl den Willen, aber noch nicht die Kraft haben, sie aus ihrer beherrschenden Stellung zu vertreiben. Noch fehlt ihnen die Organisation, und dadurch altein können die europäischen Gesellschaften sich halten. Wie lange noch? ; Die Eingeborenen fordern die wirtschaftliche und politische Gleichstellung aller Rassen, während die Gegenseite den „Schutz der weißen Rasse“ verlangt. Die Weißen erkennen die Gefahr; sie wissen, daß die Zeiten, da sie die Farbigen schrankenlos ausbeuten konnten, vorbei sind, und fühlen sich in die Defen- sive gedrängt. Der erhebliche Aufschwung, den die südafri- kanische Industrie in den letzten Jahren genommen hat, ist allein der Ausbeute der schwarzen Arbeitskraft zu danken; aber die europäischen Kapitalisten befürchten, daß diese nun selbst ihren Anteil am Produkt fordern und ihre Profite damit ein- schränken könnte. In einer Rede in Queenstown sagte Sir Abe Baleys (nach „African World‘“ vom 7. Mai 1927): „Wenn die Eingeborenen auf eigene Gebiete beschränkt werden, so wird sich wegen der billigen schwarzen Arbeitskräfte die Industrie sicherlich früher oder später hier einfinden und Waren zu viel niedrigeren Preisen erzeugen, als sie im Gebiet der Weißen her- gestellt werden.. Der Eingeborene geht auf politische und wirt- schaftliche Gleichberechtigung aus, aber ich hoffe, er wird 0 Hand. Der Aufschwung mancher Industriezweige ist sehr groß und schnell. So schlossen z. B. die Tatawerke in der Nähe von Kalkutta für das Jahr 1926/27 mit einem Reingewinn von rund 15 Millionen Rupees ab bei einer Produktion von 600 000 t Eisen und 375000 t Stahl. Die indische Zementproduktion ist von 1914 bis 1924 gestiegen von 945 auf 225 000 t. Für den Auf- schwung der Textilindustrie besteht auch in Indien selbst kein genügender Absatzmarkt. Von der Ernte des Jahres 1926, die 6 Millionen Ballen Baumwolle betrug, wurden 2 Millionen in der eigenen Industrie verbraucht, ı Million findet feste Ab- nehmer auf den europäischen Märkten, aber für 3 Millionen werden noch Absatzmärkte gesucht. Der Sättigungsgrad der eigenen Industrie scheint bereits erreicht. Die indischen Kapitalisten, die Jahrzehnte hindurch von der englischen Bourgeoisie niedergehalten worden waren, so durch besonders hohe Besteuerung der indischen Maschinenindustrie, bekommen die Industrialisierung Indiens selbst in die Hand. Damit hat das Land seine typisch‘ kolonialen Handelsbeziehun- gen, Ausfuhr von Rohstoffen, Einfuhr von Fertigfabrikaten, zu- gunsten der zwischen industrialisierten Staaten bestehenden Be- ziehungen, Austausch von Rohstoffen gegen Rohstoffe und von Fertigprodukten gegen Fertigprodukte, aufgegeben. Die Ent- wicklung Indiens ist typisch für die farbigen Kolonien über- haupt: die industrielle Erschließung hat ihnen den kolonialen Charakter genommen. Die kolo- niale Bevölkerung erkennt selbst sehr wohl ihre in der ökono- mischen‘ Entwicklung begründete wachsende wirtschaftliche Verselbständigung und zieht daraus ihre Konsequenzen in ihrem Verhalten gegenüber dem Mutterland. Die einheimische Bour- geoisie beginnt sich ihrer Macht bewußt zu werden; die indische z. B. verlangte und erhielt 1916 als Gegengabe für eine Kriegs- anleihe von 100 Millionen Pfund einen Zoll auf Baumwolle von 316%. Dieser Zolltarif, der lediglich nach indischen Interessen und nicht mehr nach denen des Mutterlandes fragt, bedeutet, daß die erstarkte indische Kapitalistenklasse gewillt ist, den Mehr- wert nicht mehr der Bourgeoisie des Mutterlandes zuströmen zu lassen, sondern ihn für sich selbst zu reklamieren. Damit steht das indische Proletariat im Augenblick der historischen Ent- scheidung, ob es aus einem Ausbeutungsobjekt des englischen Kapitals zu dem des einheimischen Kapitalismus wird, oder ob es die Situation, da das englische Kapital auf seine Ausbeuter- rolle verzichten muß, benutzt, um seine Befreiung zu erkämpfen, Die Stunde jedenfalls, da die eigene Kapitalistenklasse sein Bundesgenosse in der nationalen Revolution sein konnte, ist heute vorbei. Wohl besteht infolge des Kampfes zwischen eng- lischer und indischer Bourgeoisie eine starke Verwischung der „der Versuch der Kapitalistenklasse, Länder mit fremder öko- nomischer Struktur in den kapitalistischen Reproduktionsprozeß einzubeziehen‘ (Parvus), so konnte das erwachende Riesenreich China nicht außer acht gelassen werden. Wenn es dieser Schrift gelingt, die Überzeugung von der Schicksalsgemeinschaft der europäischen und der kolonialen Arbeiterschaft und den Willenzueinemge- meinsamensolidarischen Kampfe gegen die kapi- talistische Unterdrückung und Versklavung zu stärken, so hat sie ihren Zweck erreicht. Berlin, im Juni 1928 3 } 5 1 A 1 f U } DD ) T & A {1 I 1 _ deutlichen Annäherungsversuchen Italiens an Südafrika, wie es z. B. die Entsendung des Messeschiffs „Sistiana‘ gewesen ist, geführt. Damit wird die Kolonialfrage zu einer Frage allgemeiner weltpolitischer Bedeutung. Werden die Kernstaaten ruhig zu- sehen, wie ihnen ihre Kolonien wirtschaftlich entrissen werden? Dann haben sie vor der Entwicklung, die zur wirtschaftlichen Verselbständigung der Kolonien geführt hat, kapituliert und werden über kurz oder lang auch den zweiten Schritt, den der politischen Freigabe, gehen müssen. Oder wehren sie sich gegen diese Eingriffe? Dann kann nur eine Reihe der blutigsten Kriege die Folge sein.. Und es hat sich bisher schon deutlich gezeigt, daß die Kernstaaten vor militärischen Eingriffen nicht zurück- schrecken, so letzthin wieder, als England zur „Lösung“. des Streits um das ägyptische Versammlungsgesetz drei Kreuzer nach Alexandrien entsandte. Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Damit ist die Stellungnahme der Sozialisten von vorn- herein festgelegt. Da im heutigen Stadium der Entwicklung jede koloniale Betätigung unmittelbar mit Kriegsgefahr verbunden ist, müssen sie überall auf den Abbau kolonialer Bestrebungen hinwirken. Von dem gesamten englischen Außenhandel entfällt nur etwa ein Drittel auf seine Kolonien. Für das Jahr 1925 sind die folgenden Zahlen charakteristisch: da Do- minions Indien Übriges Reich Gesamt Fremde Länder Ins- gesamt Einfuhr aus , .' 223.2 |. 64.7 Ausfuhr nach .! 183.1 86.1 Durchfuhr nach | 20.8 1.2 Gesamt- ; außenhandel.. 427.2 / 152.0 124.0 | 703.2 [29 2.004 Prozent. .. .1| 20 ” 6 33 67 100 1,167 773 154 Der wesentlichste Grund für diese Entwicklung liegt in der Industrialisierung der kolonialen Gebiete. Diese wie- der, nur zum Teil eine unmittelbare Folge des Krieges, beruht auf der wachsenden Ausbeutung der kolonialen Arbeitermassen, die ihrerseits wieder zurückwirkt auf den niedrigen Lebens- standard der europäischen Arbeiterschaft, auf die Ausdehnung der europäischen Arbeitslosigkeit, die in dem gleichen Maße gewachsen ist wie die überseeischen Standortindustrien sich entwickelt haben. Die handelspolitische Loslösung der Kolonien vom Mutterlande wäre in noch viel höherem Maße und viel rascherem Tempo erfolgt, wenn nicht die Kapitalmächte Euro- [5 lich die.höchste Zeit, daß die Internationale die Sicherungen schafft, die derartiges für alle Zukunft unmöglich machen! Natürlich wird von den weißen Ausbeutern nicht zugegeben, daß dieses Gesetz die Eingeborenen von dem Bergbau aus- schließen will, In dem Gutachten der Kommission für Wirt- schaft und Löhne heißt es: „Im Bergbau ist es die Regel, daß der farbige Mann arbeitet und der Weiße anordnet. Der Me- chaniker hat seine Kaffern an der Hand, die das Material und die gröberen Werkzeuge handhaben.“ Dazu sagt Olivier, daß die Kaffern genügend geschulte Arbeiter seien, um die Arbeit zu leisten, die man nach diesem System den Weißen vorbehält. Ihre Löhne werden so niedrig gehalten mit Rücksicht auf die Grundbesitzer, die die Mehrzahl der Wähler ausmachen. Ähn- lich wie in der Arbeitsverteilung werden sie behandelt bei der Verteilung des Bodens. Auf 1520000 Europäer kommen 4700000 Eingeborene und 580000 Farbige; aber den Europäern gehören 85% des kulturfähigen Bodens, Auch auf diesem Gebiet wird es den Eingeborenen und Far- bigen wenig nützen, auf die Einsicht und die Hilfe der kulti- vierten weißen Rasse zu warten. Schöne Worte helfen ihnen wenig, und mit denen wird nicht gespart. In dem Bericht der Wirtschaftskommission heißt es (zitiert nach Olivier): „Die staatliche Lohnregelung sollte zuerst in den Beschäf- tigungszweigen. mit den niedrigsten Lohnsätzen eingeführt werden ;.. Eine solche Politik hätte als erste Wirkung, daß die Spannung zwischen den Lohnsätzen für gelernte Arbeiter im allgemeinen verringert und der Niedergang jener europäischen Arbeiter gemildert würde, die bei den jetzigen Lohnsätzen für gelernte Arbeiter keine Beschäftigung finden können. Die größte Hoffnung der ärmeren weißen Arbeiter liegt in der Einführung eines Normallohnes für ungelernte Arbeiter, der eine Reorgani- sation der Industrie auf der Basis der vollsten Ausnutzung der Arbeitskraft anregen könnte ... Entweder muß die wirtschaft- liche Lage der Eingeborenen gehoben werden, oder der un- gelernte Weiße muß auf den Lebensstandard der Eingeborenen heruntersteigen. Der Preis, den Südafrika für seine Ein- geborenenarbeiterpolitik zahlt, ist die Existenz einer Menge ‚armer Weißer‘, die keine Beschäftigung finden können,“ Diese Einsicht nützt weder den eingeborenen noch den weißen Arbeitern. Wohl haben die letzteren durch Streiks ver- schiedentlich Lohnerhöhungen erreicht, aber wie sich diese bei dem System der Farbenschranke auswirken müssen, sieht ja selbst die Kommission ein. Trotzdem werden die Streiks der Eingeborenen in den Goldgebieten‘ stets mit Waffengewalt niedergeworfen. Den weißen Arbeitern droht außerdem noch die Konkurrenz der Hindukulis, von denen heute 150 000 in den mischen Industrie gehoben. Es kam der einheimischen Export- industrie niemals darauf an, was ausgeführt wurde, noch viel weniger darauf, ob die ausgeführten Waren als Qualitätsware das koloniale Kulturniveau zu heben in der Lage waren, sondern lediglich auf die Erzielung möglichst hoher Gewinne. Die nach den Kolonien ausgeführten Glasperlen und Heiligenbilder sind als schlechteste Massenware in denjenigen Industriezweigen hergestellt worden, in denen das Lohnniveau der Arbeiterschaft sehr gering war. Mit vollem Recht stellt Parvu s fest, daß die Produktion für die Kolonien die Industrie disqualifiziert und ihre Forderungen an die Technik herabgesetzt habe. Nachdem nun in Deutschland von industriellen Kreisen, so von der letzten Tagung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Qualitätserzeugung zur Parole erhoben worden ist, sollten gerade sie erkennen, daß diese Forderung niemals erfüllt werden kann, wenn ihr Wunsch nach Wiedererwerb der Kolo- nien wirklich erfüllt würde. Der Besitz von Kolonien ist sicherlich nicht der einzige Grund für die verhältnismäßig langsame Entwicklung der Rationalisierung und Konzentration in der englischen Industrie der Nachkriegszeit, ebensowenig wie der Verlust der deutschen Kolonien der einzige Grund für das rasende Entwicklungstempo der deutschen Industrie während des gleichen Zeitabschnitts ist. Aber zweifellos haben in beiden Fällen diese Gründe die Ent- wicklung entscheidend beeinflußt. Doch dieser gesamte Fragenkomplex beginnt mehr und mehr zu einer akademischen Frage zu werden, denn mit der steigen- den Industrialisierung der kolonialen Gebiete geht auch die handelspolitische Bedeutung der Kolonien außerordentlich Stark zurück, und wir sind bereits in die dritte Periode der kolo- nialen Betätigung eingetreten, in der die Kolonien nicht mehr als Rohstoffexport- und Fertigwarenimportländer, sondern fast ausschließlich noch als Kapitaleinfuhrgebiete in Betracht kommen. Die Entwicklung der Nachkriegszeit beweist mit Deutlichkeit die immer stärkere handelspolitische Trennung der Kolonien von ihrem Mutterlande. Der prozentuale Anteil der Gesamtausfuhr Englands betrug nach: China “.. Indien . . Südafrika . Kanada * » + 1913 2? 5 1924 2,2 9,8 3:4 3,3 In demselben Maße aber wie die Ausfuhr nach den Kolonien prozentual gesunken ist, ist die englische Ausfuhr nach den | 3 Die Folge dieser Not der ländlichen Bevölkerung ist natür- lich Landflucht. Sie strömt in Massen — besonders nach der Verdrängung der ländlichen Heimarbeit durch die Industrie — in die Städte und vergrößert dort die industrielle Reservearmee. Auch das wirkt wieder auf die europäische Arbeiterschaft zurück. Die Not auf dem flachen Lande schränkt die Konsumtion euro- päischer Industrieerzeugnisse ein. Die ungeheueren Gebiete fal- len als Absatzmärkte vollkommen aus. Eine Agrarreform, wie die einheimische: Landbevölkerung sie anstrebt, liegt damit auch im Interesse der europäischen Arbeiterschaft. Zwar hat der Ver- treter Indiens im Wirtschaftsrat des Völkerbundes, Sir Atull Chetterjee, in der Sitzung, die Mitte Mai dieses Jahres stattfand, mit Nachdruck darauf verwiesen, daß die außereuropäische Land- wirtschaft gehoben werden müsse, damit sie in vermehrtem Um- fang europäische Produkte kaufen könne; aber dieser fromme Wunsch wird am Widerstand der Regierung scheitern. Eine Agrarreform ist nur zu erreichen gegen das europäische Kapital im Bunde mit den Eingeborenen. Das Eingeborenenproblem Der Hauptantrieb zur Industrialisierung der Kolonien liegt indem Standort der Rohstoffe und dem der billigen Arbeitskraft. Seit dem Eindringen des europäischen Ka- pitalismus, der von dem Ort des größten Widerstandes: der Arbeiterschaft, aus den Ländern eines stark organisierten Pro- letariats, seine Tätigkeit verlegt. hat in jene Gebiete, da die Arbeiterschaft noch unaufgeklärt und unorganisiert war, hat sich deren Lage noch erheblich verschlechtert, Es ist den euro- päischen Kapitalisten nicht gelungen, der Eingeborenenfrage Herr zu werden, Die wirtschaftlichen Wandlungen in den Ko- lonien haben den Europäer nicht dazu gebracht, seine Stellung gegenüber dem Farbigen zu verändern. Er betrachtet ihn noch immer als einen Menschen zweiter Klasse, der keine andere Auf- gabe hat, als für den Weißen zu arbeiten. Als Entgelt dafür, behauptet er, ihm Kultur und Zivilisation. zu bringen. Wie es damit beschaffen sein kann, zeigen schon allein die Ein- nahmen der farbigen Arbeiter. In den chinesischen Baumwoll- fabriken, die vom europäischen Kapital abhängig sind, beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Arbeiters ı2 chinesische Dollar (1 chinesischer Dollar gleich 2 M.), der eines Hafen- arbeiters 9, eines Holzarbeiters 12, eines Arbeiters in den Seiden- spinnereien 6—10 chinesische Dollar. Was diese Zahlen für das „Kulturniveau‘ des Arbeiters bedeuten, wird erst klar, wenn wir Al SEE EA En Ce a - N SH A TE ES N Mh gr a aa De EA En A Er EEE a a pr CN BE BE De BC ELF EEE N EA N EL a EEE EEE a WO A Rn SF BE EINS TEE Bag ED BE ZE a aaa a A A Sa ga Fe © ua TE BE EN WERE Se Sa T Sn a A Et BEER LE Ace URS N DEE TE net FE BE EEE an a Ed Shen KA AEAENN A er ED $ En grad VERA NEE A N Ra a K nn A tal A SS BA aan a Senden Sa EEE ee SEE I ER KO de de RE an a Ma u DE A heit ER BE de Az TER KA ee een N TU TEN re Lt N El dr EN en ta ER A ae EEE Zn RE a En Te a Dat SE HB BEE EEE ed en A A hear me. Tann SE N Se ED a De a A = En BE ES SE EEE = ai EL SEE dan nd u De a A A Er ae © WERE EEE EEE WED EEE DE EA Ede ee A A MO EEE Ph En aa ST = ee ed a EN EN * A RA VERF ENNate KA a ® AN DE a SE 1 ER I Sr en El de ah HEN A EN Sn PS n AA en a Sen a end A EHEN te nn a ah da Sr F th ES BE en 7 HET WE DE nn en Ma de Sn EN “ he EC a En KA Da EB Pr A eu EA ne an “A © he DE ee me CA a ed, a a EA En DE We ii EA A EEE in ES a ua A, BE Ben a TR EEE ek Wehe ie Ki WE SE A N art An EEE SB N Ka SEE ad BCE en EN ee en A Pe a A EN En an SEN SE NE a en A SE de A En Sa ER E A r EC SD BR EEE PA N RABEN een ANSNCEn $ Zn A HE RE BE En ga Dale MEERE AO SEN ad BEE A BE A REES re nn Sm ED x EEE Sm Et a Rn RE Se SR SE SE A PR SR U SE > ARE LER Pe SA ARE ES En a EEE ® a SE HE A he Se ER de VA RS En ET En ET tab Ar ET DS Se. DSL N WEN A Me ES nn A N Ge EA Cs VAR EG ER Sn A ARE . Se A OS 3 al. a RE BE KT SET EEE Na A AR ea De ib Ka EA Va Sie nn En a e A A US KESE RE a a A ER En ee Ken BE ER Be Sn Ch He a N ER En ER An RB Hr SC SEE SEE NS Re BEE Y ZI en a tan A ta AA % VE EL —_- A VE EC Es AA Sa En eu ER Den Ar SE ba Si FÄHRE LE EEE BETA Sn MD PER E SD ee % SEEN Be MET Ba Wan SE DE SE BE SE A SA A EEE N Bl MA r A ER SCEE SB De SR BE MH SE A Se aka he, Ada ea St KA WE EA a aalen BE en FE ES a ea BE en Sn Ben ka a BES VRR EB A el EEE VE EA ee A Bla A Be EEE FE Eye U SL CE AR BE EEE We A BE SSR En an A EZ EN Sf ae Ed BA SEE Pa KCEn VE Beat AL A A Se a Bi fe We En SE KO Weg Se FE A Se BE nen Diamantvorkommen mit 15 Millionen Karat an und hat 12%% Dividende verteilt. Recht freigebig scheint auch die deutsche Regierung den Kolonialgesellschaften gegenüber gewesen zu sein. Der Zentral- afrikanischen Seengesellschaft, deren jetziges Kapital mit 50000 RM. angegeben wird, ist vom Deutschen Reiche 2700000 RM. Schadensersatz zuerkannt worden. In frischer Erinnerung lebt noch der erst vor kurzem aufgedeckte Fall der Westafrikanischen Pflanzungsgesellschaft Victoria der Fürsten Hohenlohe und Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, deren 4 bis 5 Aktionäre zusammen im Jahre 1924 25—30 Millionen Gold- mark Liquidationsentschädigung erhalten haben, das ist eine Entschädigung von über 100% des Wertes. Entsprechend. wur- den die anderen Kameruner Gesellschaften im englischen Man- datsgebiet entschädigt. Ein anderer Grund als ein Rückerwerb der enteigneten Pflanzungen kann die Herren Schlieben und Luther nicht zur Zahlung dieser Unsummen bewogen haben. Nach dem Bericht der Hamburger Bankfirma Szick & Co. ver- teilt die Gesellschaft bereits wieder Dividende, die sie bezeich- nenderweise in dem erwähnten Handbuch nicht angibt. Ein volkswirtschaftliches Interesse an diesen Zahlungen kann beim besten Willen nicht vorgetäuscht werden, denn der Gesamt- handel Deutschlands mit Kamerun beträgt 7% Millionen, das ist die Hälfte der Summe, die der Hauptaktionär, Fürst Löwen- stein, allein erhalten hat. Als handelspolitische Kontrahenten kommen und kamen die deutschen Kolonien niemals in Betracht, außer für eine kleine Schicht von Interessenten vom Schlage Löwensteins. Nicht anders verhält es sich mit der Stichhaltigkeit des anderen Arguments unserer Kolonialschwärmer, der Ansiede- lungsmöglichkeit. Das „Statistische Jahrbuch‘ gibt über die deutsche Bevölkerung in den Kolonien 1913 folgende Aus- Zunft: Ostafrika .. ... Kamerun .. .. Togo... .0.0.. Südwestafrika . .. Neuguinea, Marschallinseln. . Karolinen, Samoa , Kiautschou . .. Gesamt- jevölkerung 7666000 2653000 1033000 105 000 504 000 39000 [95000 Ein- heimische 7646000 2649000 L032000 90000 500000 35000 187000 Weiße 5336 1871 368 14830 1427 544 4477 | Deutsche 4107 1643 320 [2292 1005 329 4256 industrie — wenn auch in viel geringerem Umfange — den eng- lischen Fabrikherren gefährlich zu werden, und auf ihr Betreiben ist es zurückzuführen, daß im Unterhaus ein Gesetz angenom- men wurde, das die Arbeit für Kinder unter 7 Jahren verbietet und auf 9 Stunden für Kinder unter 12 Jahren beschränkt. Eine gefährliche Bundesgenossenschaft! Und die Tatsache, daß von den Mindestforderungen, die die indische Arbeiterschaft im Jahre 1884 aufgestellt hat, bis heute nur ein kleiner Teil erfüllt ist, genügt, um zu beweisen, wie wenig die Arbeiterschaft von den Danaergeschenken der Kapitalisten zu erwarten hat, auch wenn zeitweise eine Interessengemeinschaft vorzuliegen scheint. Indien hatte seine größte Bedeutung für das englische Mutter- land in der Zeit, da das Reich selbst noch im Anfang seiner Kapitalisierung und Industrialisierung stand. Damals war die erste Notwendigkeit: Kapital für das Inland zur Schaffung der Industrie. Durch Ausbeutungswirtschaft, Ausfuhr von Gold; Besteuerungen und Tribute wurden die großen „indischen Ver- mögen‘ geschaffen, die das einheimische Kapitalbedürfnis be- friedigten. Die zweite Phase setzte ein, als nicht mehr die indischen Werte nach England strömten, sondern englische Kapitalien in Indien angelegt wurden, um in Indien „das Gerüst der europäischen Zivilisation zu unterhalten‘. Die in Indien an- gelegten englischen Vermögen werden für das Jahr 1916 auf 390 Millionen Pfund geschätzt. Für die englischen Kapitalisten hatten diese im Ausland in Tropenpflanzungen, in Baubetrieben und Fabriken angelegten Kapitalien neben den „zivilisatorischen“ noch einige realere Nebenzwecke. Indien hat heute an die Aktio- näre und Gläubiger des Mutterlandes jährlich rund 30000 000 Pfund an Abgaben zu zahlen. Das Land, das, wie Demangeon feststellt, „von Grund auf und dauernd verschuldet ist‘, zahlt seine Schuld in Waren. Wie es aber anfängt, den Wert seiner Waren zu erhöhen, indem es zur Gründung von Standort- industrien, schreitet, um mit Fertigwaren die Schuld an das Gläubigerland zu decken, setzt eine neue Periode der kolonialen Entwicklung ein: das in Indien investierte Kapital beginnt, sich gegen die Kapitalisten zu wenden, die aus ihm ihren Nutzen ziehen wollen; es verhindert den Aufstieg der Industrie des Mutterlandes, Damit wird für die englische Arbeiterschaft kolo- niale Betätigung zur größten Gefahr. Durch Verengerung des einheimischen Arbeitsmarktes, infolge der Konkurrenz ler überseeischen Arbeiterschaft werden ihr Aufstieg und Arbeitskämpfe ungeheuer erschwert. - Die indische Arbeiterschaft befindet sich heute in der gleichen Situation, in der die englische Arbeiterschaft sich zu Beginn des vorigen Jahrhunderts befand. Mit der Entwicklung der Industrie geht die Verelendung der breiten Massen Hand in IC und je höher der Preis des Pflanzungskautschuks gehalten wurde, desto lieber war es ihnen, die im Preis immer ein wenig unter dem des Pflanzungskautschuks blieben, und die Gewinne, da sie stehendes Kapital nicht zu verzinsen hatten, in ihre Tasche stecken konnten. Je stärker die Weißen die Pflanzung ein- schränkten, desto munterer pflanzten die Eingeborenen mit dem Erfolg, daß schließlich in Niederländisch-Indien den 132 000 t Pflanzungskautschuk 93000 t „Eingeborenenkautschuk‘“ gegen- überstanden, die die Preise drückten, während 1926 die Welt- produktion an Wildkautschuk 24 000 t betragen hatte. Wenn heute der Stephenson-Plan aufgehoben ist, so ist es das Werk der Eingeborenen, gegen die alle kapitalistische Klugheit nichts auszurichten vermochte. Damit war der Beweis erbracht, daß die Eingeborenen durchaus nicht etwa hilflos sind. Ihnen fehlt nur die notwendige Organisation, die sie stark macht gegenüber den weißen Ausbeutern. Mit ihrer Hilfe allein könnte es ihnen auch gelingen, die Zwangsarbeit, die noch fast überall in dieser oder jener Form besteht, abzuschaffen. In letzter Zeit scheint sie sogar an manchen Stellen neu eingeführt worden zu sein. So ermächtigt z. B. ein Dekret vom 3. Juni 1926 den Generalgouverneur von Madagaskar, „angesichts des Arbeitermangels diejenigen, die sich bisher, versteckt in Wäldern, der Arbeit entzogen hätten, zur Arbeit an öffentlichen Bauten, Wegen usw. heranzuziehen‘. Noch krasser liegt ein Fall, der vor kurzem aus Britisch- Ostafrika gemeldet wurde. Dort ist den Massai von den Eng- ländern jede kriegerische Betätigung verboten und alle Waffen sind ihnen entzogen worden, um sie zu der elend bezahlten Farmarbeit zu zwingen, gegen die sie sich bisher mit Erfolg gesträubt hatten, solange ihnen die Jagd noch Lebensmöglich- keiten bot. Aber obwohl die Regierung mit Gewaltmitteln und wirtschaftlichem und gesetzlichem Druck gegen die Ein- geborenen vorging, um sie zur Arbeit in den Plantagen, Eisen- bahnen und industriellen Unternehmungen zu zwingen, zogen sie es vor, zu hungern, statt zu Lohnsklaven zu werden, Auch die Ernennung einer Kommission „für ein wirksameres Zu- sammenarbeiten zwischen Weißen und Schwarzen‘ gelangte nicht zum Ziel; die „Kikuyu Central Association‘, die Ver- tretung der Stämme des Kenialandes, hat die Abschaffung der Zwangsarbeit und Garantien für die wenigen ihnen noch ver- bliebenen Bodenstücke verlangt. Ein ernsthafter Wille zur Abschaffung der Zwangsarbeit ist bei den Regierungen nirgends zu finden. Im Gegenteil besteht die Gefahr, daß sie durch scheinbar den Eingeborenen freundliche Dekrete legalisiert wird. Vor allem scheint das in der Absicht des Völkerbundes zu liegen, dem 1925 ein entsprechendes Dekret Kolonien als Einwanderungsgebiete Die Kolonialfreunde aller Richtungen sind sich einig in der Argumentation, daß die europäischen Staaten die Kolonien nötig hätten als Abflußgebiete für ihre überschüssige Bevölkerung. Leider fehlt uns heute noch eine einheitliche sozialistische Be- völkerungstheorie und eine sozialistische Bevölkerungspolitik, aber wir sollten uns von dem gefährlichen Neomalthusianismus wenigstens so weit fern halten, daß wir nicht von vornherein eine absolute Übervölkerung Europas zugeben, ohne zu unter- suchen, ob die europäische Wirtschaftskrise nicht in anderen Ursachen ihre Wurzel hat. Sollte es wirklich nötig sein, den ganzen Weg, den unsere Theorie seit Marx zurückgelegt hat, noch einmal rückwärts zu gehen, und noch einmal zu beweisen, daß nicht die Menschenzahl, sondern die kapitalistische Produk- tionsweise die Ursache der Widersprüche zwischen Produktion und Produktivität, zwischen Produktivität und Absatzmöglich- keiten ist? Die absolute Übervölkerung Europas’ als fest- stehende Tatsache und um ihretwillen die Kolonialpolitik der kapitalistischen Staaten als Notwendigkeit anerkennen, bedeutet, die gesamte sozialistische Lehre negieren. Zu welchen Widersprüchen diese Auffassung führt, geht dar- aus hervor, daß eben dieselben nationalistischen Kreise, die sich einerseits empören über Clemenceaus Behauptung, daß in Deutschland 20 Millionen Menschen zu viel lebten, auf der an- deren Seite in den Ruf, „Deutschland braucht Kolonien“, ein- stimmen, mit der Begründung, wir müßten unsere überschüssige Bevölkerung nach kolonialen Gebieten abschieben. Eins kann doch nur richtig sein: entweder Clemenceau hat recht, dann be- steht keine Ursache zur nationalen Entrüstung, oder er hat un- recht, dann brauchen wir keine Kolonien. Und ebenso groß ist leider auch die Verwirrung, die diese Argumentation in unsere eigenen Reihen hineingetragen hat. Dieselben Kreise, die den Geburtenrückgang in Deutschland als „nationale Katastrophe‘ beklagen (vgl. den Artikel von Max Kliesse im Aprilheft 1928 der „Sozialistischen Monatshefte‘), benutzen fast jedes Heft ihres Organs, um die Notwendigkeit kolonialer Betätigung nachzuweisen. Wenn wirklich die Kolonien Aufnahmegebiete für die über- schüssige Bevölkerung, die in Europa keine Arbeit findet, sie zu der Lebenshaltung der Arbeiterschaft in Beziehung setzen. Nach dem „North China Herald‘ (zitiert nach einem Aufsatz von Ernst Reinhard im Märzheft 1928 des „Klassenkampf“) setzt sich das Budget einer vierköpfigen Kulifamilie wie folgt zu- sammen: Y. Picul Reis. 2... Gemüse . ....... Brennmaterialien , 6 Gewürz .... 2 Steuern und Abgaben . , Tabak und Erfrischungen , Kleidung .... Verschiedenes , , » Zusammen 21 chinesische Dollar. Diesen gewiß nicht anspruchsvollen Haushaltsplan können aber nach den Angaben über die Lohnhöhe die meisten Arbeiter noch nicht einmal innehalten. Wo bleibt da: die Möglichkeit einer Hebung des Kulturniveaus? In den eigentlichen Kolonien liegen die Verhältnisse keines- wegs besser. Für das Jahr 1925 teilt Brailsford mit, daß der Wochenlohn eines indischen Jutearbeiters. zwischen 2,50 und ı2 M. schwankt. „Das durchschnittliche Jahreseinkommen be- trägt 250 M. An jedem Arbeiter dieser Industrie (es gibt deren 300 000) versteht die Geschäftsleitung im Durchschnitt 2000 M. zu verdienen.‘ Nach amtlichen Angaben beschäftigen die in- dischen Bergwerke 80 000 Frauen, davon 63 000 in.den Kohlen- gruben; das sind 35% der Bergarbeiter. In den Fabriken von Britisch-Indien arbeiten zur Zeit nach den öffentlichen Sta- tistiken 75 000 Kinder. Die gegenwärtige Streikwelle in Indien gab von neuem Ge- legenheit, die Lebensverhältnisse der indischen Arbeiterschaft zu studieren, Die englische Regierung und die englische bürger- liche Presse begnügen sich damit, den Streik als eine „bol- schewistische Mache“ hinzustellen, Aber es bedarf sicherlich keines Bolschewismus, um diese Arbeiter zum Streik zu be- wegen. Ihre wirtschaftliche Lage reicht dazu vollständig aus. Das indische Proletariat unterscheidet sich nur noch dem Namen nach und nur rein formal von unfreien Sklaven. Die nominell „freien“ Arbeiter in Bombay und Kalkutta müssen, um über- haupt eine Arbeitsstelle zu erhalten, den Vorarbeiter oder die Vorarbeiterin zunächst bestechen und sind ihnen damit schon ausgeliefert, Die Vorarbeiterinnen namentlich nutzen diese Vor- machtstellung häufig dazu aus, um ihre jungen Arbeiterinnen zur Prostitution zu zwingen. Der erste Lohn wird im allgemeinen 2 =. europäischen Staaten und nach Amerika gestiegen. Sie betrug in Prozent der Gesamtausfuhr nach: ; ; 1913 1924 2,5 3:5 LI 1,7 5,6 6,4 2,9 3,5 5,6 8,3 Wenn aber die Kolonien mehr und mehr ihre Bedeutung als Absatzmarkt für die industriellen Erzeugnisse des Mutterlandes verlieren, schwindet auch für die Arbeiterschaft ihr schon früher zweifelhaft gewesener Wert als Arbeitsgelegenheit, und damit verliert auch das Argument, daß die Arbeiterschaft von den Ko- lonien den Nutzen der unerschöpflich weiten Absatzmärkte für ihre Erzeugnisse hätte, jede Berechtigung. In der. Richtung einer sozialistischen Wirtschaftspolitik liegt nicht .allein das Ver- trauen auf die Aufnahmefähigkeit der überseeischen Märkte, sondern vor allem die Er weiterun g der mehr und mehr ver- stopften Inlandsmärkte. Diese notwendige Ausdehnung freilich setzt den Kampf zwischen Kapital und Arbeit voraus, erfordert, daß das Lohnniveau der europäischen Arbeiterschaft so gesteigert wird, daß der Absatz der inländischen Produkte auf dem inneren Markt in erhöhtem Maße möglich wird. Die Produktion lediglich für die ausländischen überseeischen Märkte führt automatisch zu einer Senkung des inlän- dischen Lohnniveaus, selbst wenn die Aufnahmefähig- keit des Auslands wirklich unbegrenzt wäre.‘ Die Verselbständigung der Kolonien und ihre immer stei- gende Unabhängigkeit vom Mutterland kommt zum Ausdruck in dem absolut sinkenden Anteil der Einfuhr der Erzeugnisse des Mutterlandes an der gesamten Einfuhr der kolonialen Gebiete. So betrug der Wert der aus England eingeführten Waren pro Kopf der Bevölkerung in Kanada 1913. 3,3, 1921 nur noch 2,4 Pfund. Dagegen ist die Ausfuhr nach Kanada aus den Vereinig- ten Staaten von 0,6 auf 0,8 aus den Niederlanden von 2,9 auf 3,18, aus Schweden von 1,9 auf 3, Ir gestiegen. Selbst dort, wo die absolute Höhe der Ausfuhr aus dem Mutterland nach den Kolo- nien gestiegen ist, hat sich der Anteil anderer Einfuhrländer weit stärker erhöht. So ist z. B. die Ausfuhr von Gebrauchs- waren von England nach Kanada von 1913 bis 1925 gestiegen von 132 auf 151 Millionen Dollar, die von den Vereinigten Staa- ten nach Kanada aber von 410 auf 510 Millionen. Die Kolonien haben ihre Eigenproduktion und damit ihre Ausfuhr so gesteigert, daß sie heute als Konkurrenten auf dem zZ Literaturangaben Allgemeine Werke Sternberg: Der Imperialismus. . Rosa Luxemburg: Die Akkumulation des Kapitals, Hilferding: Das Finanzkapital, Rubinstein: Die Konzentration des Kapitals, Lenin: Der Imperialismus als jüngste Etappe des Kapitalismus, Spezialwerke Demangeon: Das britische Weltreich (1926). Obst: England, Europa und die Welt (1927). . Haushofer: Geopolitik des pazifischen Ozeans (1924). Max Beer: Das England der Gegenwart (1924). Alfons Nobel; Herr über Asien (1928), Ernst Reinhard: Die imperialistische Politik im fernen Osten (1926). Olivier: Le Senegal (1907). Hyndman: Der Aufstieg des Morgenlandes (1921), Veit Valentin: Kolonialgeschichte der Neuzeit (1915). K. Hofmann: Das Ende des kolonialpolitischen Zeitalters (1919). Carthill: Verlorene Herrschaft (1924). Nachimson: Imperialismus und Handelskapital. Th. B. Pleythe: Niederländische Kolonialpolitik im fernen Osten, Holitscher: Das unruhige Asien, Wittfogel: Das erwachende China, Gustavus Myers: Geschichte der großen amerikanischen Vermögen, Scott Nearing: Dollar-Diplomatie, Karl Kautsky: Sozialismus und Kolonialpolitik (1907). Parvus: Die Kolonialpolitik und der Zusammenbruch (1907). Schrader-Furtwängler: Das werktätige Indien (1928). Nachschlagewerke, Zeitschriften usw. The China Year-Book /Statesman’s Year-Book / Annuaire General / Statistical Abstract for the Netherlands Indies / Round Table / Jahrbuch für Politik, Wirtschaft und Ar- beiterbewegung / Enquöte sur la production / Berichte der Mandatskommission des Völkerbundes / Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich / Wirtschaft und Sta- tistik / Der deutsche Volkswirt / Magazin der Wirtschaft / Weltwirtschaftliches Archiv | Der Wirtschaftsdienst / Zeitschrift für Geopolitik / The Economist / The Statist / Africa World / Foreign Affairs (London) / Foreign Affairs (New York) / Socialist Review (London) / The New Leader (London) / Die Gesellschaft (Berlin) / Der Kampf (Wien) / Gewerkschaftsarchiv (Jena) / Handelsteil der wichtigsten deutschen und ausländischen Fageszeitungen / Report of the first British Commonwealth labour Conference (1925) | Labour and the Empire Africa (Published by the Trade Union Congress). Arbeiterparteien in den einzelnen Staaten, desto größer ihre Ver- pflichtung hierzu, Das Proletariat der kolonialen Gebiete ruft uns zur Tat. Und ihr Ruf wird nicht ungehört verhallen. Wir brauchen keine Demonstrationen, keine besonderen Organisationen zur Abwehr der kolonialen Unterdrückung. Die Internationale selbst, und sie allein, ist eine solche Organisation. Das werden wir dem kolonialen Proletariat in Brüssel be- weisen, und es wird erkennen, daß nur der Anschluß an die Inter- nationale ihren Sieg verbürgt. Die Zersplitterung der Arbeiter- parteien und -gruppen jenseits der Ozeane ist ungeheuer groß. Daß an ihr das Befreiungswerk scheitert, daß auf ihr die imperia- listischen Mächte ihre Herrschaft stabilisieren — das zu ver- hindern ist die wesentlichste Aufgabe der Internationale. Ohne an europäischem Hochmut zu leiden, weiß sie, daß nur durch zentrale Zusammenfassung aller freiheitlich und revolutionär gesinnten Kräfte in ihrer starken Organisation diese Gefahr ge- bannt werden kann. Diese Zusammenfassung aber kann sie nur erreichen, wennihre einzelnen Parteienohnejedes Sonderinteresse und ohne nationale Hem- mungen an ihre große Aufgabe herangehen und der Inter- nationale — und nur ihr — für ihre Handlungen verantwort- lich sind, Das ist die Forderung von Brüssel! Die. wichtigste Aufgabe der Internationale ist der Zu- sammenschluß der erwachenden Nationen. Doch das darf nicht bloßes Schlagwort bleiben. In jeder ein- zeinen Kolonie sind die Voraussetzungen dieser Völker ver- schieden. Kaum irgendwo aber stehen uns heute schon Gruppen mit einem klaren Klassenbewußtsein gegenüber, Das gilt es zu wecken. Die erwachenden Völker des Ostens stehen heute erst im Zeichen ihrer nationalen Revolution. Und doch unter unendlich anderen Voraussetzungen als das europäische Prole- tariat in der gleichen Entwicklungsphase. Ihnen den langen leidensvollen Weg von der nationalen zur proletarischen Revo- lution abkürzen zu helfen — das ist die Aufgabe der euro- päischen Arbeiterklasse. Dazu freilich ist erste Voraussetzung, daß die nationalen Illusionen. in den Ländern des jungen Kapitalismus zerstört werden. Und das ist eine unendlich schwere Aufgabe. Sie ist nur dadurch zu erfüllen, daß die politische und.gewerkschaftliche Be- wegung diese Opfer des Frühkapitalismus gegen die Aus- beutung der europäischen und der außereuropäischen herrschen- den Klasse schützt. Die Forderung und die Durchsetzung der Forderung, die Lansbury auf der ersten Arbeiterkonferenz des gesamten britischen . Weltreichs im Jahre 1925 erhoben hat: völlig gleiche Entlohnung der kolonialen Wie die Eingeborenen selbst in ihrem dunklen Drange sich zu helfen wissen, wie sie die ökonomische Situation allmählich auszunützen verstehen, das haben kürzlich die Kongoneger bewiesen, als sie im Kampf um den Kautschuk die Ab- sichten des Stephenson-Planes zunichte machten. Die Ausnutzung der Eingeborenen durch das europäische Kapital hatte einen derartigen Umfang angenommen, daß diese zur Abwehr schreiten mußten. Aus den Aufstellungen des „Statistical Abstract for.the Netherlands East-Indies‘“ von 1926 ergibt sich, daß in Java und Madura an steuerpflichtigem Ein- kommen entfielen: auf Europäer unter 2100 gld | 17 000 | 1500000 2100—15000 37 000 2000 Einkommen von auf Eingeborene Dazu ist zu bemerken, daß auf die erste Gruppe 555 000 Eingeborene mit einem Einkommen unter 120 Gulden jähr- lich. entfallen, und daß insgesamt 56556 Europäern I 154 401 Eingeborene gegenüberstehen. Der Durchschnittslohn der Ein- geborenen in Java wird für das Land mit 38; für die Stadt mit 45—950 cent täglich angegeben. Den „Höchstlohn“ erhält der Hafenarbeiter in Belawan mit 100 cent täglich. Dem stehen die enormen Gewinne des europäischen Kapitals gegenüber, die sich in erster Linie aus den Kautschukpflanzungen rekrutieren. Darüber bringt die „Frankfurter Zeitung“ folgende An- gaben: Durch- schnitt 1920/23 1924 ! 1925 | 1926 1927 Gewinne von 10 Pflanzergesell- schaften in % des A.K. . . | 100 | 160 | 416 | 735 | 4709 Als infolge von Überproduktion innerhalb kurzer Zeit der Preis von ıo0 Schilling pro Pfund auf wenige Pence stürzte, griffen die Gummiproduzenten zu einer Anbaubeschränkung auf 60%, wodurch vor allem der Hauptgummikonsument der Welt, die Vereinigten Staaten, aufs schwerste geschädigt wurden. : Aber was dem amerikanischen Handelsminister Hoover und dem hinter ihm stehenden Kapital der Wallstreet nicht gelungen war, die Absicht des Stephenson-Plans, den Kautschukpreis durch Anbaubeschränkung hoch zu halten, zu vereiteln, das ge- lang den eingeborenen unabhängigen Kautschukpflanzern. Die malayischen Bauern begannen, selbst Kautschuk zu pflanzen, 11 brauch stark gestiegen; er betrug 1911 6670531 cwts, 1026 7396 844. England hat in manchen der Nachkriegsjahre weniger Baumwolle aus Indien bezogen als Deutschland, Belgien oder Italien. Die englische Ausfuhr an Tuchen nach Indien ist seit 1913 um etwa.die Hälfte gesunken. Aber die englische Textil- industrie ist darauf eingestellt, den Weltverbrauchallein zu decken. Während in Asien leistungsfähige Industrien ent- standen sind, die die östlichen Länder versorgen und ihre Roh- stoffe aus ihrer nächsten Nachbarschaft beziehen, liegt der eng- lische Apparat zu einem großen Teil still. Im Juli 1927 waren in der englischen Woll- und Baumwollindustrie 312 000 männ- liche und 507 000 weibliche Arbeiter. arbeitslos. Die enormen Gewinne, die die Textilindustrie von Lan- cashire mit Hilfe der englischen Regierung Jahre hindurch machen konnte, gehören heute der Vergangenheit an. Die Über- windung der Schwierigkeiten wird hier, wie überall, auf Kosten der Arbeiterschaft unternommen. Wir stehen heute mitten in der Krise und wissen noch nicht, wie ihr Ende aussehen wird. Aber sicher ist, daß sie nicht ohne die schwersten Arbeits- kämpfe überwunden. werden kann. Nachdem der Plan, einen Konzern zu gründen, dem Firmen mit insgesamt mindestens zwei Millionen Spindeln angehören sollten, gescheitert ist, und nachdem weiter eine Konferenz zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die die Frage der Lohnherabsetzung und Ar- beitszeitverlängerung regeln sollte, mit der Ablehnung sämt- licher Vorschläge der Unternehmer durch die Arbeiterschaft endete, beginnen die Arbeitgeber mit Gewalt vorzugehen. Die Unternehmerverbände haben an ihre Mitglieder die An- frage gerichtet, ob sie bereit sind, in einen Arbeitskampf einzu- treten. Das Ziel dieses Kampfes ist: Herabsetzung der Standard- akkordlöhne um 25%, bei Zeitlohnarbeitern entsprechend. Die Unternehmer der amerikanischen und der ägyptischen Sektion werden angefragt, ob sie bereit sind, ihre Spinnereien zu schließen und die Arbeiter auszusperren. Der Ausgang dieser Aktion steht noch bevor. Allein aus dem Rückgang der englischen Textilindustrie ist es auch zu erklären, daß die ersten Arbeiterschutzgesetze für die indische Textilarbeiterschaft nicht etwa auf die Bestrebun- gen der indischen Arbeiterbewegung, sondern auf die der Baumwollherren von Lancashire zurückzuführen sind. Und es ist bezeichnend genug, daß das plötzlich erwachte Mitgefühl mit der ausgebeuteten indischen Arbeiterschaft sich lediglich auf die Textilarbeiter bezieht, während doch der Kuli auf den Teeplantagen ein mindestens ebenso fürchterliches Sklaven- dasein führt. Aber in Lancashire wird eben nicht Tee, sondern Baumwolle verarbeitet. Schon 1875 begann die indische Textil- nach sechs Wochen ausgezahlt, aber auch dann wird noch der Lohn von vier Wochen zurückbehalten. Verlangt der Arbeiter einen „Vorschuß“, d. h. einen Teil des Lohnes, den er längst ab- gearbeitet hat, so muß er dafür Zinsen zahlen. Bleibt ein Arbeiter einen Tag unentschuldigt von der Arbeit fern, so wird der Lohn der letzten vier Wochen einbehalten. Auf diese Weise werden den Arbeitern Bombay jährlich 11 000 Pfund Sterling gestohlen. Um so höher sind die Gewinne der Kapitalisten. In einzelnen Jutefabriken werden alljährlich doppelt so viel Dividende aus- geschüttet wie Löhne gezahlt; Brailsford hat festgestellt, daß 20% Gewinne der Durchschnitt sind, daß aber auch Dividende von 200 bis 250%, in einem Falle sogar von 400% ausgeschüttet wurden. Dabei geht man wohl kaum fehl in der Annahme, daß in Indien ebensowenig wie in unseren großen Unternehmungen lie Dividende wirklich die Höhe der Gewinne repräsentiert. Die japanische Konkurrenz hat die indischen Unternehmun- gen veranlaßt, zu „rationalisieren‘. Damit hat die schamlose Ausbeutung ihren Höhepunkt erreicht. Das bedeutete Lohn- senkung um ein Fünftel und straffe Einhaltung der 60-Stunden- Woche. Um darauf mit einem Streik zu reagieren, dazu bedurfte es wahrhaftig einer bolschewistischen Hetze nicht. Auch Bürgerliche schildern die Lage der indischen Arbeiterschaft als völlig trostlos. M. G. Desai, der sich auf Burnett Hurst (Arbeit und Wohnung in Bombay) stützt, schreibt: „Die Arbeiter schlafen gewöhnlich in den Straßen, auf offe- nen Plätzen, in Verandas, in Korridoren, in Höfen. 53% aller Industriearbeiter Bombays bezahlen keine Wohnungsmiete, weil sie keine zu bezahlen vermögen. Wer aber eine Wohnung hat, lebt unter Umständen noch schlechter als diejenigen Ar- beiter, welche im Freien übernachten müssen, Die schlechtest- bezahlten dieser Arbeiter wohnen in Hütten, deren Wände und Dächer aus zurechtgebogenen Blechen alter Petroleumkannen bestehen. Es gibt da keine Fenster. Der Fußboden befindet sich drei Zoll über der Erde; wenn der Monsunregen fällt, wird er gewöhnlich überschwemmt.. Ist es zu verwundern, wenn von 1000 Kindern, die in der Stadt geboren werden, 572 im ersten Lebensjahre sterben? . . . Das grauenhafte Bild von Kinderelend, das sich hier abwickelt, wird nur ergänzt durch die Tatsache, daß 98% aller Arbeiterkinder mit Opium eingeschläfert werden, damit die Mutter in die Fabrik gehen kann. So kommt es, daß das durchschnittliche Lebensalter‘ des indischen Arbeiters nur 23,5 Jahre beträgt, während man beim europäischen Arbeiter mit rund 40 Jahren rechnen darf.“ Fast am hoffnungslosesten liegen die Verhältnisse in Süd- afrika, denn dort ist die ganze Wirtschaftspolitik noch darauf eingestellt, daß die ursprüngliche holländische Kolonie am Kap 37 - S I t F > E a a Sn il KK Ss A ’3 n kr = A einheimischen Markt wirken und damit die Arbeitslosigkeit er- höhen. Die europäischen Staaten werden immer stärker aus den asiatischen Handelsbeziehungen ausgeschaltet und diese werden immer mehr zu einer innerasiatischen Angelegenheit. So liegt heute bereits der Handel in den holländischen und amerika- nischen Besitzungen Indonesiens zu 00% in chinesischen Händen. Britisch-Indien wird in seinen Handelsbeziehungen immer stärker auf die asiatischen Nachbarn als auf das Mutter- land hingelenkt. Die beherrschende Rolle spielt hier heute be- reits Japan, und die politischen Ereignisse der letzten Monate lassen darauf schließen, daß Japan, nachdem es sich die Hilfe des amerikanischen Kapitals gesichert hat, nicht gewillt ist, sich diese Stellung wieder nehmen zu lassen. Wie gering der Anteil Europas’ an dem japanischen Außenhandel im Vergleich zu Asien und Amerika ist, zeigt die folgende Übersicht: von bzw. nach ‚Einfuhrnach Japan (Mill. Ten) Ausfuhr aus Japan Asien , 7 "1924 1925 1924 1925 "19024 1925 ! 1924 | fen 999 (214 721 780 581 477 120 150 557 1000 783 1000 175 152 35 SI Amerika . Europa Australien und Neuseeland | In der Einfuhr nach Japan aus Asien steht an erster Stelle Britisch-Indien mit 573,6 Millionen, von denen 475,6 Millionen auf Rohbaumwolle entfallen. Nicht das Mutterland, das un- geheuere Gelder für seine Kolonie aufgewendet hat, sondern die asiatische Kapitalmacht hat den Hauptnutzen der indischen Ausfuhr! Die fortschreitende Industrialisierung Indiens, die sich auf dem englischen Arbeitsmarkt auswirkt, kommt zum Ausdruck in der Verteilung der verschiedenen Einfuhrartikel. Der prozentuale Anteil betrug: 1013 1023 1924 1025 Rohstoffe . . so 46 58 Genußmittel , . 14 14 15 Fertigfabrikate ,, 17 18 19 . 13 Halbfabrikate . . 18 18 18 14 Indien, vor dem Kriege ein ausgesprochenes Rohstoffaus- fuhr- und Fertigwareneinfuhrland, führt jetzt selbst in erhöhtem 3