24 2. Kapitel. Kapitalbildung und Löhne. des Leihkapitals, sondern sich auch in großem Um- fange an den Unternehmungen, in denen sie beschäftigt sind, mit Kapital beteiligt. Es sibt zahlreiche Unter- nehmungen, besonders in den sogenannten Versorgungs- betrieben mit gleichmäßiger Rentabilität, die zum großen Teile den Arbeitern sehören. Bei uns wird diese kapitalistische Einstellung der Ar- beiter vor allem gehindert durch die sozialistische Ideen- welt, die hier seit den Anfängen der deutschen Indu- strie eine so große Rolle spielt. Solange man glaubt, daß der Kapitalertrag ein dem Arbeiter vorenthaltener „Mehrwert“ sei, auf der „Ausbeutung“ der Arbeiter be- ruhe, und solange man hofft, diese kapitalistische Wirt- schaftsordnung über kurz oder lans stürzen zu können, so lange fehlt den Arbeitern natürlich jede Neigung, Kapital zu bilden. Allein schon ihre Klassenideologie hindert sie daran. Dazu kommt aber, daß gerade den deutschen Arbeitern auch der individuelle Änreiz zum Sparen und zur Kapitalbildung stark vermindert wird durch öffentliche Fürsorgemaßnahmen, die Sozialver- sicherung. Damit soll diese nicht ganz abgelehnt werden. Die heutigen Angriffe von mancher Seite gegen sie schießen ebenso über das Ziel hinaus, wie umgekehrt die Angriffe gegen den Kapitalismus. Abgesehen von einer gewissen Überspannung und zu allgemeiner An- wendung des Versicherungsgedankens und zu kostspie- liger Verwaltung liegen ihre Gefahren vor allem auf geistigem Gebiete. Sie haben den Selbsthilfegedan- ken zu stark zurückgedrängt, die Hoffnung auf Staats- hilfe, die aus politischen Gründen den Deutschen, den Untertanen des Obrigkeitsstaates, von jeher zu sehr im Blute lag, zur Selbstverständlichkeit gemacht. Das hat dem deutschen Wirtschaftsleben, das nun einmal wie überall auf dem Individualprinzip ‚aufgebaut ist, sehr geschadet, die öffentlichen Lasten erhöht und die private Kapitalbildung vermindert. Nicht richtig ist es, wenn gesagt wird, daß zu gse-