104 7. Kapitel. Die Gefahren des Auslandskapitals. it II. Warum hat der Kapitalimport den Zins nicht‘ gesenkt? Es ist einer der folgenschwersten Irrtümer — und Wirtschaftstheoretiker und Wirtschaftsführer, die ihn vertreten, laden damit eine ungeheure Verantwortung auf sich, an die man sie später einmal erinnern wird —, daß mangelndes Inlandskapital einfach durch ausländi- sches ersetzt werden könne. Die Folgen sieht man schon in den Anschauungen von Prof. Hermberg. Selbst die Behauptung, daß dadurch der Zinsfuß in Deutschland gesenkt werde, ist unter den heutigen Verhältnissen falsch, wie die Erfahrung zeigt. Wir haben in den letzten fünf Jahren über acht Milliarden Mark langfristiges Auslandskapital herangezogen, und der Zinsfuß ist heute höher als jel, Es lohnt sich, in Kürze die Gründe dafür zu erörtern. Dabei wirken natürlich die schon er- wähnten inländischen Ursachen ebenfalls mit, also die Lohnsteigerungen, die einen so großen Teil der Kapital- erfräge absorbieren, die dadurch verstärkte Rationali- sierungstendenz, die die Kapitalnachfrage übermäßig steigert, die großen öffentlichen Aussaben und die Ab- gaben dafür. Die speziellen Gründe, die erklären, daß auch der Kapitalimport nicht im geringsten zinsverbilli- gende Wirkung gehabt haf, hängen alle damit zusammen, daß die Auslandskapitalien in Mark umgewandelt werden müssen, 1. Auch wenn die hereinkommenden Devisen der Reichsbank nicht für Import- oder Reparationszwecke entzogen werden, wirken sie doch nicht zinsverbilligend, weil die Umwandlung in Mark die Bank zu einer Hoch- 1 Die Ausführungen wurden, wie eingangs erwähnt, Ende 1929 geschrieben. Die jetzt, nach Annahme des Young-Plans, erfolgte Diskontsenkung, die auf den langfristigen Kredit übrigens noch kaum eingewirkt hat, dürfte auch nur vorüber- gehend sein. Am wichtigsten ist aber, daß der langfristige, landesübliche Zinsfuß gesenkt wird.