Das Wollen. . 57 sprechende Gedanke an eine besondere Veränderungsreihe einen be- sonderen Wünschensaugenblick bilden können. „Disjunktiv mehrfaches Wünschen“ liegt hingegen vor, wenn jemand mehrere Veränderungs- reihen denkt, deren jede allein eine wirkende Bedingung dafür ent- hält, daß er seine gegenwärtige Unlust verliert und Lust gewinnt, wie wenn z. B. jemand, der Unlust daran hat, daß kein Schachpartner an- wesend ist, wünscht, daß entweder A oder B kommen möge. Auch in solchem Falle liegt „nehreres besonderes Wünschen“ vor, daß in einem Seelenaugenblicke zusammentrifft, da eben solche Unlust stets schon. mit dem Gedanken an eine jener besonderen Veränderungsreihen einen besonderen Wünschensaugenblick bilden kann. Man spricht auch von dem Gegensatze „unbedin gten Wün- schens“ und „bedingten Wünschens“. Daß jedoch „unbedingtes Wünschen“ und „bedingtes Wünschen“ nicht etwa zwei Besonderheiten von „Wünschen schlechtweg“ sein können, ergibt sich schon daraus, daß diese Entgegensetzung irgendwie auf die Bedingungen des „Wünschens“ zielt, also besondere Seelenaugenblicke in Beziehung zu ihren Bedingungen meint. Keineswegs aber kann mit jener Ent- gegensetzung gemeint sein, daß es ein „Wünschen“ gibt, welches einer Seele ohne „Ursachen“ — ohne wirkende und grundlegende Bedin- gungen — zugehörig wird, da es solches Wünschen in der Welt nicht gibt, keiner Seele Etwas „ohne Ursache“, also als „Unbedingtes“ zu- gehörig wird. Um nun klarzustellen, was mit der Entgegensetzung „‚unbedingten Wünschens“ und „bedingten Wünschens“ gemeint sein kann, muß aber zunächst untersucht werden, in welchem Sinne über- haupt von „Bedingungen des Wünschens“ gesprochen werden kann. Wie bereits erörtert wurde, ist „Wünschen“ nicht eine seelische Bestimmtheit oder Bestimmtheitsbesonderheit, sondern ein besonderer Seelenaugenblick, dem die „Unlust im Wünschen“ und der „Gedanke im Wünschen“ zugehört. Jene Unlust, welche sich in einem besonderen Wünschen findet, kann selbstverständlich einer Seele auch außerhalb eines „Wünschens“ zugehören, also ohne daß sie zugleich mit einem entsprechenden „Gedanken im Wünschen“ der Einheit eines besonderen Seelenaugenblickes „Wünschen“ zugehört. Eine „Unlust im Wün- schen“ ist daher als solche Unlust nicht etwa gekennzeichnet durch die Besonderheit dessen, woran die Unlust besteht, sondern lediglich durch die Beziehung der Zusammengehörigkeit mit einem besonderen Gedanken in der Einheit eines Seelenaugenblickes „Wünschen“. Hin- gegen kann ein „Gedanke im Wünschen“ niemals einer Seele außer- halb eines Wünschens zugehörig sein, da eben zum Gewußten eines Solchen Gedankens stets auch gegenwärtige eigene Unlust gehört. Ein Gedanke ist also als „Gedanke im Wünschen“ stets auch durch lie Besonderheit seines Gedachten gekennzeichnet. Wenn nun also