8 [5 I Kapitel. Das Gegebene „Zwang“ stellt nun nichts anderes dar als „Kampferfolg des um Veränderung Kämpfenden“, also jenes Gegebene, das wir bereits als „Sieg“ bestimmt haben. Das Wort „Zwang“ be- zeichnet also nichts anderes als eine besondere Leistung, nämlich die Erfüllung der von einem Angreifer als Zielwirkung vorgestellten Wirkung, so daß nur in Beziehung zu einem vorangegangenen Kampfe — „Angreifen“ und „Verteidigen“ — von einem „Zwange“ gesprochen werden kann. Beim „Zwange“ als „Siege“ steht also nicht irgendein „gegen Wollen des Anderen“, sondern ein „gegen Streben (tätiges Wirken) des Anderen“ im Spiele, „Zwang“ ist besondere „Gewalt“, Das Wort „Zwingen“ ist ein Wort, das gleiche Bedeutung mit dem Worte „Siegen“ hat, nämlich ein „Leisten“ bezeichnet, in welchem sich eine besondere Wirkung als „Sieg“ findet. Ebenso wie jede Wirkung, die sich in einer Beziehung als „Sieg“ darstellt, in anderer Beziehung eine „Niederlage“ ist, stellt sie auch in Beziehung zum Streben einer Seele (des „Angreifers“) einen „Zwang“, in Beziehung zum Streben anderer Seele (des Verteidigers) ein „Gezwungen-Sein“ oder „Be- zwungen-Sein“ dar. Ferner bezeichnen wir jene vom Angreifer als „Kampf-Fern-Zielwirkung“ gedachte Wirkung, welche durch den „Zwang“ (die Erfüllung der vom Angreifer gedachten Kampf-Zielwir- zung) ermöglicht oder gefördert wird, das „Erzwungene“, so daß also etwa A dadurch, daß er den B gegen dessen Widerstand von einer Türe wegstößt, den Eintritt in ein Zimmer „erzwingt“. Das Wort „Zwang“ wird aber nun häufig in einem uneigentlichen Sinne verwendet, nämlich zur Bezeichnung einer Wirkung, welche entweder a) gegen Streben jemandes, aber ohne Streben eines Anderen eingetreten ist, oder b) von jemandem in einem Streben er- strebt wurde, in welchem er um bestehende „Hindernisse“, aber keines- wegs um ‚„Verhinderungs-Streben“ eines Anderen wußte. In solchen Fällen wollen wir nur von einem „Quasi-Zwange“ sprechen, und zwar im Falle a) von einem „Quasi-Zwange ohne Angreifen“, im Falle b) von einem „Quasi-Zwange ohne Verteidigen“. Fälle des „Quasi-Zwanges ohne Angreifen“ sind vor allem die sogenannten „Zwangs-Vorstellungen“, bzw. eigentlich jene Wirkungen, in welchem jemandem „Zwangs- Vorstellungen“ zugehörig werden. „Zwangs- Vorstellungen“ sind nämlich jene Vorstellungen, welche jemandem bei bestimmten Anlässen zugehörig werden und zugehörig bleiben, obwohl er sich in besonderem Nachsinnungs-Streben anderes Gegenständ- liches zugehörig zu machen sucht. Es ist klar, daß der Gewinn einer „Zwangs-Vorstellung‘“ lediglich einen „Quasi-Zwang“ darstellt, näm- lich eine Wirkung, welche der Seele kraft „unbewußten“ Wirkens ihres Gehirnes zugehörig wird, so daß gar kein „Angreifen“, also auch kein eigentliches „Verteidigen“, sondern nur ein „Verhinderungs-Streben“